Ein einziges Mal hat sich der bayerische „Märchenkönig“ Ludwig II. (1845–1886) zu einer offiziellen Dienstreise, eigentlich Pflichtprogramm eines jeden Regenten, breitschlagen lassen. Diese führte vor 150 Jahren durch Franken, das noch nicht lange bayerisch war und murrte, da es die ganze bayerische Last der Kämpfe des deutsch-deutschen Bruderkriegs zwischen Bayern und Preußen auf seinem Gebiet hatte tragen müssen. Bei dieser Reise, bei der die Franken mit dem jungen König wieder versöhnt wurden, war eine Station auch Gemünden, wenngleich er hier nur zur Durchreise war.
Nachdem er sich am 20. November 1866, von Kissingen kommend, in Hammelburg über die kurz zuvor im Krieg entstandenen Schäden informiert hatte, reiste der damals 21-Jährige laut dem Würzburger Anzeiger anschließend über Gemünden nach Aschaffenburg weiter. Laut der Neuen Aschaffenburger Zeitung bestand das Gefolge des Königs aus 93 Pferden und 17 Wägen.
Die Reise von Hammelburg nach Gemünden geschah laut dem Buch „König Ludwig II. – Seine triumphale Reise durch Franken“ von Erich Adami und Alfons Schweiggert trotz des schlechten Wetters nicht mit der Kutsche, sondern zu Pferde. Mit den Straßen zwischen Hammelburg und Gemünden scheint es damals nicht zum Besten bestellt gewesen zu sein. Adami und Schweiggert zitieren ein Protokoll des Gemündener Stadtmagistrats vom 6. November: „Baurath Christin sei zu beauftragen, für Instandsetzung des Pflasters auf der von Seiner Majestät dem König berührt werdenden Straßenstrecke Sorge zu tragen, im Übrigen sei entsprechende Bekanntmachung zu erlassen.“
In den Hofzug umgestiegen
Am frühen Nachmittag wohl muss der König in Gemünden, das von direkten Kriegshandlungen verschont geblieben war, das aber unter Truppentransporten und -durchzügen zu leiden gehabt hatte, angekommen sein. Er wollte aber nur umsteigen und gleich mit dem Hofzug weiter. Der Zug, 1870 massiv umgestaltet, ist heute im Verkehrsmuseum Nürnberg zu besichtigen. Laut der Buchautoren Adami und Schweiggert befanden sich auch in Gemünden Menschen am Wegesrand, um dem König zuzujubeln. Am Bahnhof begrüßten Bürgermeister Karl Höfling und die Bevölkerung den Landesherrn mit großer Begeisterung.
Während am Gemündener Bahnhof aus den Kutschen alles Nötige in die Waggons des schon unter Dampf stehenden Hofzuges umgeladen wurde, war sogar Zeit für ein Pläuschchen zwischen Ludwig und dem Bürgermeister. Dabei soll es auch um die Folgen des Krieges gegangen sein. Der König versprach finanzielle Hilfe für die Beseitigung der Kriegsschäden. Anschließend fuhr Ludwig in der vierten Klasse weiter nach Lohr, wo der Monarch etwas verspätet ankam. Er stieg in Lohr gar nicht erst aus, sondern empfing den dortigen Bürgermeister Schiele kurz in seinem Salonwagen und entschuldigte sich, dass es ihm nicht so gut gehe, weshalb er sofort weiterreisen müsse.
Auch wenn er offenbar in Gemünden nicht ausgestiegen ist, so machte der König am 22. November von Aschaffenburg aus dem Gemündener Stadtmagistrat dennoch ein Geschenk von 500 Gulden zur Verteilung unter den Stadtarmen.
Kein Orden für den Bürgermeister
In Gemünden war man damit aber nicht wirklich zufrieden, wie der Würzburger Anzeiger schreibt: „Daß nicht auch zugleich dem Manne, welcher als funktionierender Bürgermeister der hiesigen Stadt während der Schreckenstage der preußischen Invasion Unsägliches gelitten, an seiner Gesundheit und seinem Vermögen in Erfüllung seiner Amtspflicht bei Tag und Nacht die größten Opfer gebracht und keine der feindlichen Bedrohungen seiner Freiheit, ja seines Lebens beachtet hat, gleich anderen kleineren Städten die wohlverdiente Ordensdekoration zu Theil wurde, hat hier schmerzlich berührt. Daß hieran die Schuld nicht unser König trägt, weiß Jedermann.“
Lohr bekam die doppelte Summe
Laut Adami und Schweiggert lasten die Gemündener das Versäumnis vor allem der Ministerialbürokratie an. Lohr hingegen hatte 1000 Gulden und der Lohrer Bürgermeister eine Auszeichnung bekommen.
Am 24. November kam Ludwig mit dem Zug auf dem Rückweg nach Würzburg wieder durch Gemünden. Von Zwischenhalten ist nirgends etwas vermerkt. In Würzburg drängte sich trotz Regen und Kälte eine riesige Menschenmenge, die laut den Namen des Königs rief. Als der König ausstieg, tobte die Menschenmenge vor Begeisterung. Natürlich residierte er in der Residenz.