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LOHR: Altenheime als „Profitcenter“

LOHR

Altenheime als „Profitcenter“

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    Für ihre Treue zur Gewerkschaft ehrte ver.di im Lohrer Krankenhaus langjährige Mitglieder aus dem Raum Main-Spessart.DEHM
    Für ihre Treue zur Gewerkschaft ehrte ver.di im Lohrer Krankenhaus langjährige Mitglieder aus dem Raum Main-Spessart.DEHM Foto: FOTO

    Leiharbeiter, befristete Beschäftigte und im Niedriglohnsektor Beschäftigte seien „Sklaven der Neuzeit“. Das sagte Stefan Kimmel, stellvertretender Personalratsvorsitzender des Klinikums Main-Spessart, bei einer Mitgliederehrung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Lohrer Krankenhaus.

    Es gebe immer mehr Betriebe in Deutschland, die ihre Stammbelegschaft durch Leiharbeitnehmer austauschten und dadurch auf dem Buckel der Arbeitnehmer massiv Personalkosten einsparten, kritisierte Kimmel. Dies habe zur Folge, dass für die gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne gezahlt würden, dass es für Leiharbeitnehmer „de facto keinen Kündigungsschutz“ gebe und dass sich für die Stammbelegschaft bei Tarifverhandlungen die Ausgangslage verschlechtere.

    Die Gewerkschaft ver.di fordert Kimmels Worten zufolge, dass die Lockerung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes rückgängig gemacht wird. Leiharbeit müsse so, wie sie ursprünglich gedacht gewesen sei, wieder dazu dienen, Produktionsspitzen abzufangen – sie dürfe nicht dazu missbraucht werden, auf dem Rücken der Arbeitnehmer die Gewinne zu steigern.

    Laut Kimmel gibt es in Deutschland „immer mehr Menschen, die arm sind, trotz Arbeit“. Der niedrigste Tariflohn betrage 3,06 Euro pro Stunde im sächsischen Friseurhandwerk. Mehr als zwei Millionen Beschäftigte arbeiteten in Deutschland für Stundenlöhne unter fünf Euro. Oft seien die Betroffenen auf staatliche Unterstützung angewiesen, die aus Steuergeldern finanziert werde.

    Gleichzeitig, so Kimmel, werde aber den Steuerzahlern, also denen, die „normale Arbeitsverhältnisse“ hätten, vorgeworfen, sie seien zu teuer. „Das nenne ich pervers.“

    Fast jeder Siebte lebe in Deutschland unter der Armutsgrenze von 60 Prozent des Durchschnittseinkommens. Diese liege bei brutto 2884 Euro im Monat. Jeder dritte Arbeitnehmer arbeite im Niedriglohnbereich. Vor diesem Hintergrund fordere ver.di einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,5 Euro pro Stunde, der in den nächsten Jahren auf über neun Euro ansteigen müsse.

    „Dramatisch verschärft“ habe sich in den vergangenen Jahren die Situation der Altenheime, weil viele dieser Pflegeeinrichtungen als „Profitcenter“ geführt würden, sagte Kimmel. Über die „Konkurrenz um das billigste Angebot“ baue sich ein riesiger Druck auf, der alle erfasse. Wobei dieser Effekt gewollt sei. „Man nennt das Marktorientierung.“

    Allerdings komme auf diese Art und Weise die Menschenwürde abhanden – „nicht nur bei den alten Menschen, sondern auch bei denen, die die Arbeit verrichten“. Die Arbeit der Pflegebeschäftigten werde gering geschätzt, oft werde kein Tariflohngezahlt. In der Zeitung habe er gelesen, dass dies auch bei dem in Marktheidenfeld geplanten neuen Pflegeheim der Immobilienfirma Procon Real Estate so sein soll.

    Kimmel schloss seine Rede mit einem Zitat des früheren amerikanischen Präsidenten Roosevelt, das dieser bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in den USA im Jahr 1938 von sich gegeben hat: „Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängt, den Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, weiter ihre Geschäfte zu betreiben. Mit einem zum Leben ausreichenden Lohn meine ich mehr als das bloße Existenzminimum – ich meine Löhne, die ein anständiges Leben ermöglichen.“

    Klinikreferent Ottmar Kliegl sprach von einer „konstruktiven Zusammenarbeit“ zwischen der Geschäftsleitung des rund 1100 Mitarbeiter zählenden Klinikums Main-Spessart und ver.di. Das sei nicht immer so gewesen, aber in den letzten Jahren sei man „zusammengerückt – und das ist gut so“. Sein Blick in die Zukunft war eher düsterer Natur. Der Banken- und Wirtschaftskrise werde eine Sozialkrise folgen, prophezeite er.

    Die Begrüßung der Mitglieder hatte Elvira Hruschka, die Vorsitzende des ver.di-Ortsvereins Main-Spessart übernommen, die musikalische Umrahmung Reinhard Breitenbach, der Vertrauensleutesprecher des Klinikums Main-Spessart.

    Die Geehrten

    Insgesamt 32 ver.di-Mitglieder aus dem Raum Main-Spessart ehrten Albrecht Christ, Personalratsvorsitzender des Klinikums Main-Spessart, und Gewerkschaftssekretärin Birgit Stein für langjährige Mitgliedschaft.

    60 Jahre: Heinrich Belz, Kurt Born, Arthur Ebert, Karl Hofmann, Franz Kaiser, Heinz Schubart.

    50 Jahre: Heinz Diehm, Günter Lückel, Heinz Steigerwald.

    40 Jahre: Georg Belz, Gerhard Cruse, Alois Fehn, Herbert Klingert, Ilse Kübert, Rudolf Lengler, Peter Prange, Albert Ruissinger, Oswald Steiger.

    25 Jahre: Raimund Eirich, Ralf Fleckenstein, Reinhard Förster, Ernestine Grosser, Astrid Harth, Sabine Jeßberger, Ute Krumpholz, Bernhard Maass, Heike Nickel, Ingrid Olschewski, Irmgard Rothenbücher, Gabriele Sandner, Horst Steininger, Elisabeth Wojtas.

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