Idyllisch gelegen über dem romantischen Maintal im kleinen Ort Bergrothenfels findet man den Seewiesenhof von Andrea und Stefan Giesecke. Genau diese Lage hat die beiden Pferdeliebhaber vor ungefähr 20 Jahren wohl auch bewogen, aus Lohr in das kleine Städtchen zu ziehen. Dort wohnen sie jetzt in ihrem Haus und haben ihren Reiterhof mit 5 Pferden direkt nebenan.
Andrea Giesecke kann sich an ein Leben ohne Pferde gar nicht mehr erinnern. Bereits im Kindesalter ritt sie schon auf Turnieren. Seit der Hochzeitsreise mit ihrem Ehemann Stefan Giesecke vor 30 Jahren packte auch ihn die Pferde-Leidenschaft. Schon seit einigen Jahren betreiben die Eheleute sehr erfolgreich den Westernreit-Sport. Mit ihrem Pferd "Funny Little BH", genannt "Peps" konnte Andrea Giesecke 2021 die Europameisterschaft in der Amateur Select Horsemanship Disziplin erringen.
19 Jahre altes Arbeitstier – und trotzdem ein erfolgreiches Sportpferd
Dies ist eine Art Dressuraufgabe, bei der der Reiter für seine möglichst unsichtbare Reitweise, Balance und Sitz bewertet wird. Eigentlich sei "Peps" von seiner Zucht her eher ein Arbeitspferd. "Umso schöner ist es für uns als Besitzer, dass er sich in dieser Klasse gegen deutlich stärker gezüchtete Pferde durchsetzen und mit mir Europameister werden konnte", erzählt die Reiterin stolz. Besonders sei auch, dass das Pferd mit seinen 19 Jahren noch so fit ist und den Sport so erfolgreich ausüben kann.
Neben der Goldmedaille konnte "Peps" auch in zwei Ranch-Klassen eine Silber- und eine Bronzemedaille bei den Amateuren holen. Insgesamt haben die Gieseckes fünf Pferde, wobei zwei davon schon "in Rente" sind und nicht mehr aktiv auf Wettkämpfe gehen. Das nächste Ziel für die Reiter ist die Deutsche Meisterschaft, die eine besondere Herausforderung darstellt.
Da dort nicht zwischen Amateur und Profi unterschieden wird, sieht Andrea Giesecke eher weniger Medaillen-Chance. Vielmehr sei das Ziel, das Finale zu erreichen. In jeder Geste, in jeder Erzählung merkt man den beiden Reitern die Leidenschaft für den Sport an.
Im Westernreiten gibt es andere Schwerpunkte als im klassischen Reitsport. Ruhe und Gelassenheit spielen eine größere Rolle. Während die Ausbildung der Pferde nahezu identisch ist, verlangt man beim Westernreiten das einhändige Reiten und die durchhängenden Zügel ab einer gewissen Leistungsstufe.
"Man muss das Tier kennen, auf dem man reitet."
Westernreiterin Andrea Giesecke
Andrea Giesecke ist sich sicher, dass sie ein besonderes Gefühl für ihre Pferde entwickelt hat: "Mich fasziniert der feine, leichte Umgang mit dem Pferd. Was man hier alleine über die Körpersprache und die bewusste Atmung erreicht, ist immens." Deshalb findet das Ehepaar das System des modernen Fünfkamps - wie zuletzt bei den Olympischen Spielen gesehen - im Grundsatz falsch. Man müsse das Tier kennen, auf dem man reitet. Dass auf einem solch hohen Niveau Pferde zugelost werden, solle ihrer Meinung nach überdacht werden.
Auf den Western-Turnieren sei der Umgang untereinander toll, jeder helfe jedem und Fairness stehe an erster Stelle. "Das ist echter Sportsgeist", so Stefan Giesecke, der sich durchaus bewusst ist, dass er eine Randsportart betreibt. "Das finde ich aber gar nicht schlimm. Wir üben den Sport so aus, wie es für uns und die Pferde gut ist. Es geht ums Reiten selbst". Auch bei der Europameisterschaft gab es kein Preisgeld zu gewinnen. "Mit Pferden kann man ein kleines Vermögen machen. Vorausgesetzt man hatte vorher ein großes", bemerkt Stefan Giesecke schmunzelnd.