Was Sebastian Vettel kann, das können wir mit unseren DDR-Mopeds schon lange. So oder so ähnlich könnten die Vorüberlegungen der drei Wiesenfelder Patrick Winter, Philipp Peter und Philipp Wiesner zu ihrem diesjährigen Sommer-Moped-Urlaub ausgesehen haben, denn heraus kam: „Wir fahren auf die Rennstrecke nach Monaco.“
1500 Kilometer war das Trio im letzten Jahr mit seinen DDR-Rollern der Marke Simson und Schwalbe und einer Maximalgeschwindigkeit von Tempo 60 an den Gardasee gefahren. Dieses Jahr sollten es gleich 1000 Kilometer mehr werden – in der gleichen Geschwindigkeit. Allerdings mit mehr Gepäck.
„Wir haben diesmal zusätzlich zu dem ganzen Werkzeug aus Angst noch einen kompletten Motor mitgeschleppt“, erzählt Philipp Peter. Verstaut wurde dieser auf dem Anhänger, den sie der Simson SR51 von Patrick Winter verpassten. Der hatte auch wieder sein Feldbett dabei, die beiden anderen wollten traditionsgemäß in Isomatte und Zelt schlafen.
Als neue Spielerei hatten sie dieses Mal eine Lenkradkamera dabei, die alle zwei Minuten einen Schnappschuss lieferte, zwei Navigationsgeräte, die allerdings in Frankreich, durchgerüttelt, ihren Geist aufgaben, sowie drei Fuchsschwänze – einer pro Roller. „Die ersten Fehlzündungen gab es bereits in Marktheidenfeld“, erzählt Patrick Winter vom Tag der Abreise, dem 21. Juli. Am zweiten Tag scheiterte sein Moped mit dem schweren Anhänger fast an einer 19-prozentigen Steigung im Schwarzwald. „Ich war so langsam, dass mich die Leute am Straßenrand angefeuert haben“, erzählt er.
In Waldshut-Thiengen in Baden-Württemberg passierten sie die Grenze zur Schweiz. „Die Nacht haben wir in einer Jugendherberge in Lausanne verbracht, dort konnte man den Benzingeruch aus unseren Klamotten bereits auf dem Gang riechen“, beschreibt Philipp Wiesner. Bei 40 Grad und im dichtesten Stadtverkehr durchquerte das Trio am nächsten Tag Genf. 20 Kilometer vor ihrem Etappenziel Annecy kam dann die erste größere Reparatur. Patrick Winters Simson ging kaputt. Mit Ach und Krach bekam er sie noch auf den Campingplatz – dort war dann Ende. „An diesem Abend kam uns das erste Mal der Gedanke, ob wir die Tour überhaupt schaffen“, erzählt Philipp Peter. Immerhin gab es noch die Option, nur bis nach Alessandria im Piemont zu fahren und von dort aus den Autozug zurück zu nehmen. „Aber das wollte eigentlich keiner von uns“, sagt er.
Den Roller bekamen sie wieder in den Griff, mit zusammengeliehenem Werkzeug und der Routine jahrelangen Moped-Schraubens. Am nächsten Tag lockte das Rhonetal – und am Abend folgte die gleiche Reparatur, nur an einem anderen Roller. Auch die Hitze machte Rollern und Fahrern zu schaffen. Bei 42 Grad im Schatten mussten sie ständig Pausen machen, um die Motoren abkühlen zu lassen. Die luftgekühlten Fahrzeuge lechzten nach kühlem Wind, doch alles, was entgegenkam, war heiß und staubig.
Bevor sie endlich das Mittelmeer sahen, blieben sie noch aus Benzinmangel liegen und brachten einen Unfall mit glimpflichem Ausgang hinter sich. Und dann waren sie auch schon da, in Monaco und auf der ersehnten Strecke. Mit Maximaltempo ging es auf den berühmten Formel-1-Parcours, vorbei an den teuren Hotels und edlen Jachthäfen.
„Die ersten Fehlzündungen gab es bereits in Marktheidenfeld.“
Patrick Winter Moped-Tour Mitglied
„Das war alles so teuer in Monaco, dass wir nur einen Kaffee getrunken haben und dann weiter gefahren sind“, erzählt Patrick Winter. Außerdem ergab sich logischerweise ein Reisename: „Kaffeefahrt“.
Am Mittelmeer entlang fuhren sie weiter Richtung Savona, von dort aus ging es wieder ins Landesinnere, hinauf zum Lago Maggiore. „Auf dem Weg kamen wir dann auch in Alessandria vorbei“, erzählt Philipp Peter. Auf den Zug, der erst in drei Tagen wieder fuhr, aber wollte keiner von ihnen warten. „Wir hatten Bedenken, da unterwegs schon so viel kaputt gegangen war“, sagt Philipp Peter. Zumal als Nächstes die Bergetappe über den Gotthard-Pass anstand. Doch die Kälte in den Alpen kam den Rollern zugute und so zuckelten sie beharrlich, teilweise im ersten Gang, Spitzkehre für Spitzkehre hoch auf 2095 Meter.
Oben angekommen gönnten sie sich eine Bratwurst für 5,50 Euro, bevor es auf die letzte Etappe über den Bodensee nach Hause ging. Kurz vor Schluss gab Philipp Peters Roller seinen Geist auf. Nur dank einer Not-Reparatur und jeder Menge Kabelbindern schleppte er Fahrer und Gepäck noch bis nach Wiesenfeld, das sie am 31. August wieder erreichten.
2400 Kilometer in 55 Stunden reiner Fahrzeit hatten sie in den letzten elf Tagen zurückgelegt. Und so schön und erlebnisreich die Tour auch war – so eine lange Reise wollen sie nicht mehr machen. Zu langsam, zu heiß, zu viel Gepäck.
Doch auch wenn die Anfangseuphorie nach der Strapaze verflogen scheint: Die letzte Roller-Tour scheint auch das nicht gewesen sein. „Die nächste verrückte Idee kommt bestimmt“, sagt Philipp Wiesner, „man muss nur bis zur nächsten Fete warten.“