„Ich nehme Chili- und Baileys-Mandeln“, sagt eine junge Mutter vor dem Süßwarenstand von Andrea Eiserloh. Nein, nein, die gebrannten Mandeln seien nicht für ihr Kind gedacht, beruhigt sie. Ansonsten ist an diesem Nachmittag zwischen vier und halb sechs wenig los auf dem Heimatfest. „Es ist zu warm, da sind viele lieber im Schwimmbad nebenan“, klagt die Standchefin.
Wie die Gemündener die außergewöhnliche Auswahl an verschiedenen Geschmacksrichtungen bei den gebrannten Mandeln – von Himbeere, Waldmeister über Orange-Ingwer und Red Bull bis hin zu Parmesan-Bärlauch – annehmen? „Wenn sie etwas getrunken haben, sind sie probierfreudiger“, sagt Andrea Eiserloh augenzwinkernd. Die Frankfurterin findet außerdem, dass der Großstädter generell etwas probierfreudiger ist.
Heiratsanträge vor dem Wagen
Zu ihrem Sortiment sagt sie: „Da kann ich mich so schön kreativ austoben“. Eine attraktives Angebot sei aber auch notwendig, um sich im hart Schaustellergeschäft zu behaupten. Für jede Veranstaltung müsse man sich Jahr für Jahr aufs Neue bewerben, sagt Eiserloh. Und dann muss man die Volksfestbesucher eben erst einmal an seinen Stand locken.
An ihrem Stand mit naturgemäß eher nicht zahnfreundlichen Naschereien gibt es Klassiker wie Lebkuchenherzen, Mandeln, Popcorn und Zuckerwatte. Mit vielen bunten Farben, vor allem rosa, will die 42-Jährige den Besuchern ihre Zuckerwaren schmackhaft machen. Offenbar lockt sie so vor allem Verliebte an. Sie habe sogar einige Heiratsanträge vor ihrem Wagen miterlebt, hauptsächlich an Weihnachten.
„Wollen Sie nischt mal eine Mandel probieren? Vielleischt unsere Sommermandel?“, ruft die Inhaberin mit hessischer Färbung zwischendurch Festbesuchern zu. Dann erzählt sie, dass sie von Rheinland-Pfalz bis in den Ruhrpott und sogar bis in die Schweiz ihr mobiles Geschäft aufstellt – in aufgebautem Zustand immerhin 14 Meter lang. Für den Transport braucht sie einen LKW, den sie natürlich selber fährt.
Außer in den Wintermonaten zwischen Weihnachten und März ist sie fast immer auf Achse. Die Herumreiserei „steckt in einem drin“, sagt sie. Kein Wunder, stammt sie doch aus einer alten Schaustellerfamilie – mütterlicherseits in fünfter, väterlicherseits in dritter Generation. Ganz allein ist sie in Gemünden auch nicht. Ihrem Bruder gehört der Autoscooter nebenan und ihre Schwester ist Inhaberin des Eisgetränkestandes weiter vorne. Aber es sei Zufall, dass die Geschwister gleichzeitig an einem Ort sind.
Zuckerwatte im Selbstversuch
Zuckerwatte auf ein Stöckchen zu bringen ist gar nicht so einfach, wie ein Selbstversuch zeigt. Andrea Eiserloh sagt zwar, man muss schnell drehen, aber letztendlich wickeln sich doch einige klebrige Fäden um den Unterarm. Wenn die Chefin selber Zuckerwatte macht, geht alles viel schneller, und hin und wieder fliegen dabei auch kleine Zuckerwölkchen aus der Maschine. Die Nachfolge scheint gesichert: Der fünfjährige Sohn Paul, der meist auf dem Festplatz herumtollt und von anderen Schaustellern zum Verdruss der Mutter Sachen zugesteckt bekommt, hat schon sein eigenes Fach, aus dem er in Eigenverantwortung verkauft.