Wasser ist das wichtigste Lebensmittel. Weltweit hat jedoch nur rund die Hälfte der Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Es wäre sicher zu hoch gegriffen, wenn man sagen würde, dass die Lohrer Firma Wassertechnik Mösslein diese Misere auf die Schnelle lösen kann.
Aber: Das seit über 20 Jahren rund um das Thema Trinkwasserversorgung etablierte Unternehmen geht nun mit einer selbstentwickelten Filteranlage an den Start, deren Möglichkeiten verheißungsvoll klingen. So verheißungsvoll, dass das Interesse von Trinkwasserversorgern aus etlichen Ländern geweckt ist, noch bevor die Technologie überhaupt richtig am Markt ist.
An diesem Mittwoch beispielsweise wird am Firmensitz in der Dr.-Birkner-Straße im Lohrer Industriegebiet Nord eine 24-köpfige, von einem Minister angeführte Delegation aus Kenia erwartet. Die Anlage, die die Afrikaner sehen wollen, nennt sich MSP-WaterTreatment, wobei MSP nicht für Main-Spessart steht, sondern für „Mösslein superior purification“, also für hochwertige Reinigungstechnologie.
Grob vereinfacht funktioniert die Anlage so: Der Ansaugschlauch wird in schmutziges Wasser gesteckt. Das Wasser durchläuft drei mit Quarzsand beziehungsweise Aktivkohle gefüllte Filter. Der eigentliche Schlüssel zum Erfolg sei jedoch die in die Filter eingespeiste Spezialchemie aus dem Hause Mösslein, sagt Günter Mösslein. Diese trenne Verunreinigung vom Wasser. So spucke die Anlage am Ende reines Trinkwasser aus.
Nun gibt es natürlich schon Anlagen, die verunreinigtes Wasser in Trinkwasser verwandeln. Meist seien dies jedoch große und komplizierte Maschinerien, so Mösslein. Das Besondere und bislang Einzigartige an der MSP-WaterTreatment sei die Einfachheit in Technik und Bedienung.
Es brauche keinen Tross an Ingenieuren, um die Anlage laufen zu lassen. Vom Prinzip her könne man sie sogar von Lohr aus steuern. Sobald die Überwachung eine Störung anzeige, müsse ein Techniker vor Ort lediglich ein Bauteil austauschen.
Aus der Region in die Welt
An der Entwicklung hat das Unternehmen zwei Jahre lang gearbeitet, in enger Kooperation mit Partnern aus Main-Spessart. Die Steuerung der Anlage, so sagt Mösslein, stammt von der in Binsfeld angesiedelten Siemens-Wassertechnik. Zusammengebaut wird die Maschinerie in Steinfeld von der Firma Inhatec. Ein Musterbeispiel für die Kooperation regionaler Unternehmen.
Die erste Anlage geht in drei Wochen für rund 100 000 Euro nach Indonesien. Ein Getränkehersteller hat sie gekauft. Er will aus Leitungswasser Trinkwasser machen, bis zu 10 000 Liter pro Minute. Die Anlage soll Ende des Jahres in Betrieb gehen.
Für den Absatz der neuen Technologie sieht Günter Mösslein generell enormes Potenzial, und zwar fast überall in der Welt. Von Kleinanlagen in entlegensten Ecken von Entwicklungsländern über Hotels in China, in denen das Leitungswasser nur selten Trinkwasseranforderungen genüge, bis hin zu abgelegenen Gebieten in den USA, wo es nicht selten auch Probleme bei der Wasseraufbereitung gebe. Auch aus Russland, wo in tausenden Orten kein brauchbares Trinkwasser aus den Hähnen fließe, vermelde die dortige Mösslein-Niederlassung reges Interesse, schildert der Geschäftsführer.
Kein Wunder also, dass Mösslein von einem „Riesenbedarf“ spricht. Bislang habe das Unternehmen die eigenentwickelte Anlage noch nicht offensiv beworben – „und dennoch häufen sich schon die Anfragen“. Angst, dass die Technologie nach der ersten Auslieferung schnell kopiert werden könnte, hat Mösslein nicht. „Die Spezialchemie haben nur wir, das ist wie mit der Rezeptur für Coca-Cola.“
Ob die MSP-WaterTreatment einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie das Koffeingetränk erlangen wird, bleibt abzuwarten. Das Unternehmen jedenfalls will sein neuestes Projekt weitertreiben.
Langzeitversuch in Rothenfels
Für einen Langzeitversuch pachtet Mösslein ein ausrangiertes Wasserwerk der Stadt Rothenfels. Das dortige, mit Keimen und Trübstoffen belastete Wasser, sei ein gutes Testobjekt. In der Firmenhalle im Industriegebiet Nord stehen unterdessen die Komponenten für eine kleinere, wesentlich kompaktere Anlage zur Montage bereit. Sie soll pro Stunde 2000 Liter Schmutzwasser in Trinkwasser verwandeln können – genau die richtige Menge also für die Versorgung einer kleinen, abgelegenen Siedlung, wie es sie abertausendfach auf dieser Welt gibt.
Mösslein Wassertechnik
Als klassische „Garagengründung“ haben die Brüder Günter und Klaus Mösslein zusammen mit Holger Brandt 1990 das Unternehmen aus der Taufe gehoben. Klaus Mösslein und Holger Brandt waren zuvor Mitarbeiter der Lohrer Wasserwerke. Das Geschäftsfeld war von Anfang an die Betreuung von Anlagen zur Wasserversorgung.
Acht Jahre lang befand sich der Firmensitz in Rechtenbach im Dachgeschoss des Hauses der Eltern der Brüder Mösslein. 1998 zog das Unternehmen mit mittlerweile zehn Mitarbeitern in den Neubau im Industriegebiet Süd um. Im Jahr 2000 kaufte es dann eine Halle auf dem ehemaligen Areal des Überlandwerks im Industriegebiet Nord. Mittlerweile hat das Unternehmen seinen Sitz komplett dorthin verlagert. Noch in diesem Jahr sollen zwei zusätzliche Lagerhallen gebaut werden.
Das Betätigungsfeld der Firma umfasst heute neben der Wartung von Wasserversorgungsanlagen auch die Inbetriebnahme neuer Leitungsnetze, zum Beispiel im Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt oder beim Neubau des Bundesinnenministeriums in Berlin. Vor der Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine nahm Mösslein die Trinkwassersysteme in den Stadien in Betrieb. Ein wichtiges Standbein ist der Vertrieb von selbstentwickelten Chemikalien zur Reinigung von Wasserversorgungsanlagen.
Neben Niederlassungen in Erfurt und Saarbrücken hat Mösslein Vertriebs- und Kooperationspartner in Russland, China, Kanada, den USA, Indonesien und Taiwan. In Lohr zählt das Unternehmen aktuell rund 60 Mitarbeiter, insgesamt etwa 80. Derzeit liegt der Umsatzanteil des Auslandsgeschäftes bei zehn Prozent. Text: JUN