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FLÖRSBACHTAL: Aus klobigen Holzstücken entstehen filigrane Sportbögen

FLÖRSBACHTAL

Aus klobigen Holzstücken entstehen filigrane Sportbögen

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    Naturmaterialien: Gänse- oder Truthahnfedern für die Pfeile, Hirschhorn für die Tips.
    Naturmaterialien: Gänse- oder Truthahnfedern für die Pfeile, Hirschhorn für die Tips.

    Mit kraftvollen, aber präzisen Zügen bewegt Florin Federspieler das Ziehmesser über einen klobigen Holzstamm. Späne und Rinde sammeln sich zusehends am Fuß der Werkbank. Wer den kantigen, zwei Meter langen und armdicken Robinienstamm jetzt betrachtet, kann sich kaum vorstellen, dass daraus ein filigraner, hochpräziser Holzsportbogen werden wird. Und das nahezu ausschließlich in Handarbeit.

    Florin Federspieler ist einer der letzten traditionellen Bogenbauer in Deutschland. Der 36-Jährige, der in der Nähe von Bad Schussenried aufgewachsen ist, lebt seit einigen Jahren mit seiner Frau Daniela und den beiden Kindern Rosalina und Lewan im gleich hinter der hessischen Grenze liegenden Örtchen Flörsbachtal, nahe dem Sinngrund. In seiner Werkstatt, einem ehemaligen Kuhstall auf dem Hof der Schwiegereltern, fertigt Federspieler Bögen und Pfeile fast ausschließlich aus Naturmaterialien.

    Das Holz dazu stammt aus dem Spessart, wie die Robinie, die Federspieler wegen ihres dichten Holzes und des geraden Wuchses als Material für seine Bögen bevorzugt. Pfeilauflagen und die sogenannten Tips, das sind Verzierungen an den Bogenenden, an denen die Sehne befestigt ist, sind aus Hirschhorn. An den Pfeilen aus Fichten- Zedern-, Pappel- oder Kiefernholz sorgen echte Gänse- oder Truthahnfedern für eine stabile Fluglage. Lediglich die Bogensehne ist aus Polyestergarn. Akribisch flicht Federspieler dazu aus mehreren dünnen Dacronsträngen im traditionellen „flämischen Spleiß“ eine kräftige Sehne.

    Ein besonderes Vergnügen ist für den gelernten Orthopädiemechaniker und Forstingenieur aber die Verarbeitung der amerikanischen Holzart Osage Orange. Das, wie er erklärt, „gute Rückstellvermögen“ und die hohe Widerstandskraft dieser Holzart machen Osage Orange für den Holzbogenbau zum Edel-Rohstoff. Bis zu 700 Euro, und damit fast eineinhalb mal so viel wie ein Robinienbogen, kann das Sportgerät aus Osage kosten. Dann stecken aber auch rund 40 Stunden konzentrierter und hingebungsvoller Handarbeit in dem guten Stück.

    Florin Federspieler liebt die Materialien, aus denen er seine Sportgeräte baut. Wenn bei einem der Bogenbaukurse, die Federspieler regelmäßig veranstaltet, mal ein Projekt eines Teilnehmers daneben geht, dann tut es ihm weniger um den Teilnehmer als vielmehr um das gute Stück Holz leid, aus dem man sicher mehr hätte machen können, gibt Federspieler augenzwinkernd zu. Mit eben dieser Hingabe bearbeitet Federspieler nun also bereits den Rohling mit dem Ziehmesser. Was nach grober Materialentfernung aussieht, ist das präzise Freilegen eines Jahresringes. Dazu müssen zunächst Borke und Splintholz weichen, und dann wird das helle Frühholz des Jahresringes entfernt. Wenn dann das dunklere Spätholz zu sehen ist, kommt es darauf an, dass diese Schicht nicht an der kleinsten Stelle beschädigt ist. Sonst sind perfekte Stabilität und Elastizität des fertigen Bogens nicht gewährleistet. Im Zweifel trägt Federspieler dann mühsam die nächste Millimeterschicht zum darunter liegenden unbeschädigten Jahresring ab. Denn mit einem geringeren Anspruch als dem des möglichst makellosen Sportbogens lässt der Perfektionist kein Exemplar aus seiner Werkstatt kommen.

    Mit Raspel, Feile, Hobel und scharfem Messer wird das Holz nun immer weiter bearbeitet, bis am Ende der fertige Sportbogen entsteht. Währenddessen überprüft Federspieler, der mit 16 Jahren seine ersten professionellen Bögen gebaut hat, ob seine Arbeit auch zum gewünschten Ziel führt. Anhand des „Bodentrillerns“ stellt er schon frühzeitig fest, ob sich das heraus gearbeitete, langsam Form annehmende Stück Holz auf Druck symmetrisch biegt und damit zum zuverlässigen und bruchsicheren Primitiv-Bogen werden kann.

    Was heißt eigentlich Primitiv-Bogen? Federspieler ärgert sich über die missverständliche Bezeichnung seiner handwerklichen Produkte. Diese tragen ihren Namen nur deshalb, weil sie ohne Schussfenster und Pfeilauflage auskommen, der Pfeil also über den Handrücken aufgelegt wird. „Mit dem Primitivbogen gut zu schießen ist also viel anspruchsvoller, als mit einem High-Tech-Bogen“, erklärt Federspieler und präsentiert gleich zwei völlig durchlöcherte Schaumstofftiere, an denen er seine Bogenschützenkünste trainiert, wenn es seine Zeit zulässt. Auf Zielscheiben schießen hält er für langweilig, aber auf echte Tiere schießen hält er für indiskutabel. Deshalb lehnt Florin Federspieler die mittlerweile auch hierzulande aufkeimende Lust auf die Bogenjagd völlig ab. „Bogenschießen ist Sport“, sagt er, „und Jagd hat nichts mit Sport zu tun.“

    Wer sich selbst einmal in der Kunst des Bogenbaus versuchen will, kann das ganze Jahr über bei Florin Federspieler Kurse besuchen. In den Sommerferien gibt es auch Eltern-Kind-Kurse. Die Termine für 2014 sind unter www.federspieler-holzbogenbau.de/termine im Internet abrufbar oder direkt per Telefon zu erfragen unter Tel. (0 60 57) 91 87 15.

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