Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls eröffnete der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (SPD) in der Aula der Staatlichen Realschule Marktheidenfeld die Ausstellung „Von der friedlichen Revolution zur deutschen Einheit“. An der Veranstaltung nahmen laut Pressemitteilung der Schule alle Schüler der 10. Klassen teil, da diese unmittelbar vor dem 9. November bei einer Studienfahrt in Berlin die Vorbereitungen zum Gedenktag miterlebt hatten.
In seiner Begrüßung betonte Schulleiter Matthias Schmitt, dass sich der Mauerfall lange vor der Geburt der Schüler ereignet habe. Dennoch sei dies ein so einprägsames Datum gewesen, sodass zahlreiche Erwachsene noch heute ganz genau wüssten, wo und unter welchen Umständen sie diesen Tag erlebt haben. Er selbst könne sich an den völlig ungewöhnlichen Anblick zahlreicher Trabant-Autos am 10. November 1989 erinnern, als er mehr oder weniger zufällig im Rahmen einer Jugendfreizeit von der Grenzöffnung erfahren habe.
Auf eindrucksvolle Weise schilderte anschließend der Abgeordnete Rützel, wie er den Mauerfall während seiner Berufsausbildung erlebte. Zuvor gab er den Schülern einen Einblick, wie sich der Alltag im geteilten Deutschland zwischen den Großmächten USA und UdSSR für ihn darstellte. Völlig real habe die Frage im Raum gestanden, wie ein Dritter Weltkrieg ablaufen und mit welchen Waffen dieser geführt würde. Laute Düsenflieger und Manöverübungen seien üblich gewesen.
Friedensnobelpreis
Eine Reihe wichtiger Persönlichkeiten nannte Bernd Rützel, die jeweils einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg zur deutschen Einheit geleistet hätten. Es seien vor allem die politischen Aufbrüche durch Perestroika und Glasnost des ehemaligen Generalsekretärs der UdSSR, Michael Gorbatschow, gewesen, die zu einer Annäherung zwischen den Bündnissen Nato und Warschauer Pakt geführt haben. Mit seiner politischen Überzeugung „Wandel durch Annäherung“ habe der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt ebenfalls wesentliche Grundlagen für die deutsche Einheit gelegt und hierfür auch den Friedensnobelpreis erhalten.
Sehr beeindruckend schilderte Bernd Rützel die Planung und Durchführung von Fluchtversuchen aus der ehemaligen DDR. Aus Angst vor Bespitzelung habe man kaum oder gar nicht über Fluchtpläne gesprochen, nicht einmal innerhalb der Familie. Noch im Oktober 1989 seien Fluchtopfer zu beklagen gewesen. Die Kirchen in der DDR seien oftmals die einzigen Orte für freie Versammlungen gewesen.
Ohne Blutvergießen
Als historischen Zufall und das Mitwirken höherer Mächte bezeichnete der Abgeordnete schließlich die Ereignisse um den 9. November 1989. Mehr oder weniger beiläufig habe Günter Schabowski in der berühmten Pressekonferenz von den Reisemöglichkeiten für DDR-Bürger berichtet, die live übertragen wurde.
Ohne jegliches Blutvergießen an den Grenzübergängen hätten die Wachsoldaten schließlich die Grenzposten geöffnet, obwohl diese keinerlei Anweisung von offizieller Seite erhielten und der Schießbefehl galt. Aus dem Ruf „Wir sind das Volk!“ sei der Ruf „Wir sind ein Volk!“ geworden.
Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hätten anfangs große Bedenken gegen die deutsche Wiedervereinigung gehabt. Mit dem Hintergedanken, dass von deutscher Seite innerhalb kürzester Zeit Kriege angezettelt worden seien, habe man das Erstarken Deutschlands in Europa äußerst skeptisch gesehen. Schließlich sei es jedoch auch der freundschaftliche, emotionale und vertrauensvolle Austausch gewesen, der zum diplomatischen Erfolg geführt habe.
Treffen im Ferienhaus
Bernd Rützel nannte als Beispiel das legendäre Treffen am Ferienhaus von Michael Gorbatschow, als er Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher auf Baumstümpfen sitzend zum Gespräch gebeten habe. Aus der Formel vier Siegermächte plus zwei deutsche Staaten sei schließlich ein wiedervereinigtes Deutschland geworden.
Zusammen mit den Schülern betrachtete Bernd Rützel anschließend die Plakate der Ausstellung und führte mit Hilfe eines QR-Codes am Handy die Möglichkeit vor, sich Videos zur Veranschaulichung im Internet zu laden. Abschließend freute sich der Bundestagsabgeordnete, den Schülern Geschichte nahebringen zu dürfen und Interesse dafür wecken zu können.
Die Ausstellung in der Aula der Staatlichen Realschule ist bis Freitag, 6. Dezember, für alle Interessierten von 13 bis 16 Uhr zugänglich.