Der Lohrer Aggregatebau der Bosch Rexroth AG ist nicht allein. Das Unternehmen kündigte jetzt weitere Umstrukturierungen und damit einhergehend Arbeitsplatzabbau an. Insgesamt will Rexroth an den Standorten Nürnberg, Elchingen und Witten 270 Arbeitsplätze streichen.
„Es herrscht Angst“, beschreibt Thomas Nischalke, der stellvertretende Rexroth-Betriebsratsvorsitzende, nach der neuerlichen Hiobsbotschaft die Stimmung auch in der Lohrer Belegschaft. Die bange Frage lautet: Welcher Bereich wird wohl als nächstes umgekrempelt? Eine Frage, die offenbar nicht unberechtigt ist. Das Unternehmen stellt momentan alle Bereiche auf den Prüfstand, die rote Zahlen schreiben. Davon, so die Information der Main-Post, gibt es auch am Standort Lohr neben dem Aggregatebau weitere.
Rexroth-Pressesprecherin Jana Ullsperger sagte am Dienstag auf Anfrage der Main-Post, dass die nun verkündeten Umstrukturierungen „keine einmalige Sache“ bleiben werden. Das von einem „Konjunkturabbruch“ getroffene Unternehmen habe den Mitarbeitern schon vor Monaten angekündigt, dass man sich dem Wandel stellen müsse. „Das kommt jetzt“, sagt Ullsperger über die Auswirkungen der seit Mitte 2013 betriebenen Überprüfung von Bereichen, die Probleme mit der Wirtschaftlichkeit haben. Diese Überprüfung laufe weiter.
Umstrukturierung nicht beendet
Sollte sich dabei weiterer Bedarf für Umstrukturierungen geben, „werden wir diese angehen“, sagt Ullsperger. Es handle sich um einen „Prozess, der nicht irgendwann beendet“ sei. Sie spricht von einer „dauerhaften Anpassung an einen immer schneller schwankenden Markt“. Es gehe generell um die Frage, wie Rexroth schneller und günstiger werden könne, so Ullsperger.
Diesem Ziel dient laut Unternehmensangaben auch die am Montag verkündete Neuausrichtung der Windkraft-Sparte. Begleitet von euphorischen Wachstumsprognosen hatte Rexroth erst im März 2009 eigens für die Produktion von Großgetrieben für Windräder das neue Werk in Nürnberg eröffnet. Es ist fast 100 000 Quadratmeter groß. Kernstück ist eine 164 mal 204 Meter große und 15 Meter hohe Werkhalle. 180 Millionen Euro werde man bis 2013 in den Aufbau des Werkes investieren, verkündete Rexroth damals.
Die Zahl von anfänglich 280 Mitarbeitern solle auf 700 steigen, so die Prognose – doch sie blieb bis heute bei 280. Befeuert worden waren die optimistischen Ausblicke 2009 auch vom Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Ehrengast bei der Eröffnung des Rexroth-Werkes in Nürnberg. Er bezeichnete die Windkraft als „grüne Technologie mit Zukunft“ und nannte sich selbst einen überzeugten Verfechter regenerativer Energien. Seehofer sicherte Rexroth damals seine Unterstützung beim Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien zu. Heute weiß man auch hier, dass es mitunter anders kommt.
Prognosen trafen nicht zu
Dass die Windkraftsparte bei Rexroth nicht den erhofften Rückenwind erfuhr, liegt freilich eher an globalen Aspekten. Ein Förderstopp ließ 2012 den Windkraftausbau in den USA erlahmen. Weltweit blieb der Bau neuer Windräder weit hinter den Erwartungen zurück.
Mit der Verlagerung der Nürnberger Produktion nach Witten will Rexroth nun seine dortige Produktion besser auslasten und die Sparte wirtschaftlicher machen. In Witten werden schon länger Großgetriebe gefertigt. Im Gegenzug verlagert Rexroth die Produktion von Kleingetrieben in die umgekehrte Richtung von Witten nach Nürnberg.
Dennoch sollen in der Frankenmetropole bis Ende 2014 rund 90 Jobs wegfallen. In Witten will Rexroth bis Mitte 2015 gar 120 Arbeitsplätze streichen – das sind rund zehn Prozent des dortigen Standortes. Vom Standort Elchingen, so die Planung, sollen 60 Mitarbeiter aus dem Bereich Service nach Nürnberg verlagert werden. Ob deswegen im gleichen Umfang in Elchingen Stellen wegfallen, ist laut Ullsperger noch offen. Schließlich verzeichne das Werk in Elchingen aktuell eine anziehende Nachfrage. Wie im Fall des Lohrer Aggregatebaus kündigt Rexroth an, dass sämtliche Umstrukturierungen ohne betriebsbedingte Entlassungen geplant seien.
Was die geplante Schließung des Lohrer Aggregatebaus betrifft, haben IG-Metall und Betriebsrat bekanntlich für diesen Mittwoch zu einer Großkundgebung auf den Lohrer Schlossplatz aufgerufen.
Dabei wollen sich der Betriebsratsvorsitzende Klaus Friedrich und Percy Scheidler, der erste Bevollmächtigte der IG-Metall Aschaffenburg, zur aktuellen Lage der Lohrer Abteilung äußern. Es wird mit über 2000 Teilnehmern gerechnet.
Ein Vertreter der Rexroth-Chefetage wird bei der Demo hingegen nicht sprechen. Die Organisatoren der Kundgebung haben auf eine Einladung verzichtet.