Sie hat sie gewollt, die flexiblen Arbeitszeiten: Also zückte Heike Hörning bereits einmal um halb vier morgens Puder und Pinsel, um eine Braut für den bevorstehenden Hochzeitstag zu schminken. Mal morgens um sieben Uhr, mal abends um neun Uhr, wenn es sein muss auch mal sonntags – eine flexible Terminvergabe ist bei der selbstständigen Kosmetikerin und Visagistin aus Birkenfeld normal. Und sie gehörte von Anfang an zum Konzept.
19 Jahre ist die gebürtige Birkenfelderin Augenoptikerin gewesen. 2007 dann hat sie den Schritt in die Eigenständigkeit gewagt. „Den Gedanken 'hätte ich damals doch mal' wollte ich nie haben“, erzählt sie.
In ihrer Freizeit und im Urlaub machte sie die Ausbildungen zur Diplom-Visagistin und ärztlich geprüften Kosmetikerin. Den geübten Umgang mit Kunden nahm sie aus ihrem alten Beruf mit. „Ich habe mir mit dem Beruf einen Kindheitstraum erfüllt“, sagt Hörning. Wo aber sollte der Traum Wirklichkeit werden, der Unternehmenssitz sein?
Der Zufall führte sie an den Ort ihrer Kindheit, zurück in ihr Elternhaus in Birkenfeld. Rund 100 Quadratmeter hat das Dachgeschoss, das sie sich als Kosmetikstudio ausgebaut hat. „Die Räumlichkeiten und Möglichkeiten hätte ich in der Stadt nie gehabt“, erzählt sie. Außerdem sieht sie in dem ländlichen Standort eher einen Nutzen: Es ist ruhig, es gibt Parkplätze direkt vor der Tür und es gibt wenig Konkurrenz. Zumindest in Birkenfeld ist sie allein.
Dennoch waren es nicht die Birkenfelder, die ihre Kundenkartei zu allererst gefüllt haben. „Zuerst kamen viele aus der Familie und Freunde oder von weiter her, das nähere Umfeld brauchte länger“, berichtet sie von ihrem anfänglichen Kundenstamm. Mittlerweile kommen rund 40 Prozent aus der Gemeinde. Der Rest verteilt sich auf die Umgebung, Würzburg, ja sogar den ein oder anderen aus Frankfurt und München.
„Ich hatte zu Beginn das Problem, dass ich zu viel gearbeitet habe. Ich bin einfach nicht mehr runtergekommen.“
Heike Hörning erinnert sich an die Startphase
„Zur Eröffnung habe ich nur im Gemeindeblatt eine Anzeige geschaltet und Freunden und Bekannten mit dem Zusatz, sie sollen noch jemand mitbringen, persönlich Bescheid gesagt“, erzählt Heike Hörning. Fast noch wichtiger war ihr dann aber die Kundenpflege: „Ich habe allen nachtelefoniert.“ Auch mit kleinen Events wie Make Up testen oder Info-Abende zu bestimmten Themen bindet Heike Hörning Kunden und versucht, sich von anderen abzuheben.
Doch nur in Birkenfeld Präsenz zu zeigen, ist auch nicht ideal. Genauso wichtig ist es, rauszukommen, dort aufzutreten, wo man gesehen wird. Also schminkt Heike Hörning in Würzburg die Kandidaten zur Main-Topmodel-Wahl, macht Make-Up-Beratungen in Firmen oder berät – inspiriert durch ihren alten Beruf – beim Optiker Brillenträger, wie sie sich am besten schminken. „Es ist wichtig, einen Namen zu hinterlassen“, sagt sie.
Ein weiterer Lernprozess für die junge Unternehmerin: irgendwann einmal abzuschalten. „Ich hatte zu Beginn das Problem, dass ich zu viel gearbeitet habe“, erzählt die 38-Jährige. „Ich bin einfach nicht mehr runtergekommen.“ Sie hat gelernt, Privates und Berufliches zu trennen.
Sport hilft ihr beim Ausspannen. In diesem Jahr hat sie sich sogar zum ersten Mal einen Urlaub gegönnt. „Nicht nur die Tatsache, kein Geld in der Zeit zu verdienen, sondern die Gedanken 'Ich bin für meine Kunden nicht da' haben mir die Entscheidung so schwer gemacht“, erzählt sie. Für den Zwölf-Tages-Tripp hat sie viel Zeit in die Vor- und Nachbereitung gesteckt, alle Kunden über ihre Abwesenheit informiert sowie ihre Eltern mit der Terminvergabe beauftragt.
Was sie allen potenziellen Existenzneugründern mit auf den Weg geben würde? Eine gute Beratung zum Beispiel. Sie selbst hat oft und viel mit den Beratern des Gründerservicenetzes getagt, bis aus der Idee ein Konzept wurde. „Es gibt immer Punkte, die man nicht bedenkt“, sagt sie. Außerdem wichtig: Die Fähigkeit zur Selbstmotivation. „Man sollte sich erst einmal ganz ehrlich fragen: Will ich das auch wirklich?“, rät Heike Hörning. Zu guter Letzt hilft ein Polster aus guten Freunden und Familie, die hinter einem stehen sowie der Austausch mit Kollegen aus der gleichen Branche.
Würde Heike Hörning alles wieder so machen wie bisher? Ja. Für sich selbst verantwortlich zu sein, sich seinen Alltag selbst zu gestalten, das genießt die Unternehmerin sehr. Denn wenn es mal wieder halb vier Uhr nachts werden sollte ist klar, bei wem sie sich beschweren muss.