Der Markt Burgsinn gedenkt an einer zentralen Gedenkstelle im Burgsinner Park nun sowohl der im Krieg Gefallenen und in Burgsinn Getöteten sowie der aus ihrer Gemeinde vertriebenen jüdischen Männer und Frauen als auch der Ermordung russischer Kriegsgefangener in Burgsinn in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges.
Nachdem die Burgsinner Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemalige jüdischen Gemeinde bereits vor einigen Wochen am Volkstrauertag eingeweiht worden war, wurde sie nun endgültig neben dem Kriegerdenkmal montiert. Grund für das rund zweiwöchige Fehlen der Tafel war ein Rechtschreibfehler, der nun ausgebessert wurde. Auf einer zweiten Tafel steht: „Der Markt Burgsinn gedenkt den am 01.04.1945 in Burgsinn erschossenen russischen Kriegsgefangenen. Sie wurden Opfer des nationalsozialistischen Terrors.“
Bereits am 27. Januar hatte der Burgsinner Gemeinderat einstimmig beschlossen, eine solche Tafel neben dem Kriegerdenkmal anzubringen. Gesagt, getan, wurde sie anlässlich des Volkstrauertages am 15. November von Bürgermeister Robert Herold eingeweiht. In dem Zug übergab er auch die Tafel zu Ehren der ehemaligen jüdischen Gemeinde der Öffentlichkeit. An diese erinnert zwar bereits eine Tafel im Foyer des Rathauses, diese fand allerdings bisher nur geringe Beachtung.
Russische Gefangene befreit
Hintergrund ist das Gedenken an die in Burgsinn gegen Ende des Krieges ermordeten russischen Männer. Das amerikanische Kommandounternehmen „Task Force Baum“ wollte im April des Jahres 1945 über die Route „Aschaffenburg – Gemünden – Burgsinn – Gräfendorf“ den Schwiegersohn des amerikanischen Generals Patton aus dem Hammelburger Kriegsgefangenenlager befreien. Zwar scheiterte die Unternehmung schlussendlich und die Truppen wurden auf dem Rückweg bei Höllrich aufgemischt, doch konnten während der Befreiungsaktion einige Hundert russische Gefangene fliehen.
Diese verteilten sich beim Versuch, Truppen der Alliierten zu erreichen, über das Land. So gelangten elf Russen auch nach Burgsinn. Als die Männer hier versuchten an Lebensmittel wie beispielsweise Brot zu gelangen, fuhr eine Einheit deutscher Soldaten durchs Dorf und wurde auf die Entflohenen aufmerksam. Nachdem sie die Russen auf einer Wiese festgesetzt hatten, trieben die Soldaten diese den Mäusberg hinauf, wo noch am gleichen Tag die Erschießung der elf russischen Männer, deren Identität nie geklärt werden konnte, stattfand.
„Dies geschah dabei ohne Rücksicht auf die Bevölkerung unter den Augen einiger einheimischer Kinder und Jugendlicher“, erläutert der Burgsinner Hobbyhistoriker Konrad Weigelt, der die Geschehnisse in Burgsinn aufarbeitete. Einige der Augenzeugen von damals sind heute noch am Leben, wollten sich allerdings nicht zu diesen einschneidenden Erlebnissen äußern.
Nach der Ermordung seien die Leichen in einer Mulde neben einem Weg verscharrt worden, so Weigelt weiter. Als wenige Tage später allerdings die Amerikaner in Burgsinn einmarschierten, ließen sie von örtlichen Mitgliedern der NSDAP und Angestellten des Rathauses die Leichen wieder aus- und einige Meter weiter in Einzelgräbern abermals eingraben. Später dann wurden sie nochmals exhumiert und im Burgsinner Friedhof beigesetzt, bevor ihre Gräber schließlich endgültig nach Neumarkt in der Oberpfalz auf eine Kriegsgräberstätte verlegt wurden.
Rieneck Anstoß für Burgsinn
Weigelt betonte dabei schon vor längerem, wie schade es sei, dass diesem Kriegsverbrechen am Rand des Ortes nie die entsprechende Aufmerksamkeit zugekommen sei. Dies griff später der langjährige Gemeinderat Klaus Hofmann auf und machte auf die Notwendigkeit einer Gedenkstelle für die russischen Männer aufmerksam. Bürgermeister Robert Herold setzte dies schließlich auf die Tagesordnung des Burgsinner Gemeinderates, nachdem im Nachbarort Rieneck die Diskussion zu einem ähnlichen Kriegsverbrechen für viel Aufsehen gesorgt hatte.
Gleich in der folgenden Gemeinderatssitzung wurde dann der Platz neben dem Kriegerdenkmal als Standort für die Tafel festgelegt sowie der Gedanke aufgegriffen, auch die Gedenktafel in Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde Burgsinns dort anzubringen. „Am vergangenen Volkstrauertag fand somit nach fast 70 Jahren die erste Feier in Gedenken an die ermordeten Russen in Burgsinn statt“, betont Lokalhistoriker Weigelt.