Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Marktheidenfeld
Icon Pfeil nach unten

URSPRINGEN: Castell'scher Forst: Licht und Wild lassen Bäume wachsen

URSPRINGEN

Castell'scher Forst: Licht und Wild lassen Bäume wachsen

    • |
    • |
    Oberförster Uwe Reißenweber zeigt nach oben: In seinem Umkreis wurden mehrere Bäume gefällt und somit Freiraum für den Lichteinfall geschaffen.
    Oberförster Uwe Reißenweber zeigt nach oben: In seinem Umkreis wurden mehrere Bäume gefällt und somit Freiraum für den Lichteinfall geschaffen. Foto: Foto: Heidi Vogel

    „Raubbau! Kahlschlag!“ – Diese Worte sind in dem Ort auf der Fränkischen Platte oft zu hören, wenn es um den Wald geht. Ein Jahr dauern die Holzarbeiten rund um Urspringen mittlerweile an.

    Uwe Reißenweber, Oberförster und neuer Leiter der Fürstlich Castell?schen Forstverwaltung, nahm die Main-Post mit in den Wald und erklärte die massiven Eingriffe, die für mächtig Gesprächsstoff sorgen.

    „Wir betreiben keinen Kahlschlag, sondern wir schaffen Lichtlöcher, damit die Edelhölzer wie Bergahorn, Eiche und Kirsche besser wachsen können“, erklärt Reißenweber. Er versteht, dass es für das Auge nach brachialer Gewalt aussieht. Er fügt aber an, dass nur dort, wo genügend Licht in den Wald fällt, auch die Edelhölzer des Mischwalds eine Chance haben. Als Förster geht sein Blick zur Baumkrone, die ihm anzeigt, wie gesund ein Baum ist.

    Denn nur ein Baum, der dem Licht entgegenwachsen und eine ausladende Krone bilden kann, ist auch in der Erde gut verwurzelt. „Der Stamm ist nur die Kanalleitung. Produziert wird unten und in der Krone. Je mehr Kronenmasse vorhanden ist, desto vitaler und robuster ist ein Baum“, erklärt der Oberförster mit Blick auf Sturmgefahren. Der 35-Jährige, der seit Juli in Diensten der Castell?schen Forstverwaltung steht und diese seit September leitet, legt den Fokus auf die Artenvielfalt.

    So sollen nicht nur Buchen, die als Beiwerk nebenher wachsen, sondern eine breite Palette an Baumarten wie Eiche, Ahorn und Kirsche zur Entfaltung kommen. Bei den Nadelhölzern will er weg von der anfälligen Fichte und sein Augenmerk auf die Tanne richten. Ihr Vorteil ist ihre Wurzelenergie. „Sie wurzelt sehr tief in der Erde und kommt dadurch an Wasser, das andere Bäume nicht nutzen können“, erläutert Reißenweber.

    „Es geht uns um die Waldpflege. Wir tun, was notwendig ist, um langfristig die Artenvielfalt zu erhalten, und möchten so das Risiko im Hinblick auf den Klimawandel für den jetzigen Besitzer, aber auch für nachfolgende Generationen minimieren.“ Er schickt hinterher: „Der finanzielle Gewinn steht nicht grundsätzlich im Vordergrund.“ Zweifelsohne unterliege auch seine Arbeit wirtschaftlichen Gesichtspunkten, doch wäge er diese gründlich ab.

    „Wir tun, was notwendig ist, um langfristig die Baumartenvielfalt zu erhalten.“

    Uwe Reißenweber Fürstlich Castell'scher Oberförster

    So durchstreifen wir im „Seelengrund“ in Richtung Stadelhofen ein Gebiet, in dem zahlreiche Bäume gefällt wurden, mit Ausnahme einiger Jungbäume und einer gut gewachsenen Tanne. „Diese Tanne bringt mehr, wenn sie stehen bleibt. Durch den Verkauf ihrer rund acht Festmeter Holz würde ich eventuell 500 Euro erzielen. Als Samenspender bringt sie mir langfristig aber deutlich mehr“, rechnet er vor. Denn rund um die stolze Tanne wird der Boden von einem dichten Teppich an Jungpflanzen bedeckt, die wiederum an andere Stellen im Wald verpflanzt werden sollen.

    Während diese Stelle eingezäunt ist, um die zarten Pflänzchen vor Verbiss zu schützen, ist andernorts das Äsen durch Wildtiere erwünscht. „Hier ist der Boden sauer“, erklärt Reißenweber ein Stück weiter entfernt. Denn durch den dichten Bestand mit Nadelbäumen wurde der Boden Jahr um Jahr mit Nadeln bedeckt, worunter die Qualität litt. Auch dort hat er durch großflächigen Holzschlag für Licht gesorgt und will durch die Lichtgabe Mikroorganismen anregen.

    Sie zersetzen Nadeln, Blätter, Äste und Totholz in ihre Bestandteile. Diese werden dann vom Regen und von den Regenwürmern in den Boden eingewaschen und stehen den Wurzeln wieder zur Verfügung. Die Brombeeren und Himbeeren, die sich prompt den Waldboden erobert haben, sind eine Begleiterscheinung. Sie locken das Wild an, das durch Äsung und Ausscheidung zusätzlich die Bodenqualität verbessert. Damit der Wildbestand nicht überhandnimmt, führt Reißenweber neben der Einzeljagd regelmäßig Bewegungsjagden durch.

    So mancher Waldweg ist derzeit wegen Holzfällarbeiten gesperrt, am Wegrand lagern zahlreiche Baumstämme. „Wir bearbeiten den Wald etwa zwei Jahre lang intensiv und geben ihm dann die Möglichkeit, sich in Ruhe zu entfalten“, erklärt Reißenweber die neue Vorgehensweise. Bei der Ruhephase will er sich nicht genau festlegen; sie könnte sechs oder auch acht Jahre andauern. Während der Betriebsleiter die neue Philosophie erklärt, bleiben für die Urspringer Bevölkerung einige Fragen unbeantwortet: Weshalb wird das erfolgreiche und mehrfach ausgezeichnete Waldbewirtschaftungskonzept der Castell?schen Forstverwaltung geändert? Wie will die Forstverwaltung in der mehrere Jahre andauernden Ruhephase ihre langjährigen Kunden mit Holz bedienen? Wird das Holz teurer und fallen künftig hohe Frachtkosten an?

    „Wer Holz kaufen möchte, soll sich bei uns in Castell melden, dann werden wir eine Lösung finden“, meint der Oberförster und gibt zu, es könne durchaus sein, dass dies dann kein Urspringer Holz sei. Eine Regelung, die so manchem Holzkunden sauer aufstößt. Ebenso ungewiss ist noch, wie die Besitzer eines urkundlich verbrieften Holzrechts bedient werden. Auch dafür will Reißenweber eine Lösung finden.

    Eine weitere Neuerung stößt bei einer Vielzahl von Bürgern auf Unverständnis: Der Urspringer Richard Winkler, der seit Jahrzehnten als Revierförster vor Ort tätig war, dient nicht mehr als Ansprechpartner. Auf Anfrage zu den aktuellen Arbeiten im Wald äußert sich Winkler nicht und verweist auf die Forstverwaltung. Die Frage, ob es nach der Amtszeit von Winkler weiterhin einen Revierförster vor Ort geben wird, lässt Reißenweber offen. „Dazu möchte ich mich noch nicht äußern“, sagt der Oberförster.

    Bürgermeister Volker Hemrich bedauert diese Entwicklung. „Für mich und die Bürger ist es viel einfacher“, gibt er zu bedenken, „wenn es einen Ansprechpartner vor Ort gibt, der sich genau auskennt.“

    Wald rund um Urspringen

    Lediglich ein geringer Teil des Waldbestands rund um Urspringen, nämlich rund 2000 Quadratmeter, befindet sich in den Händen der Gemeinde.

    Der weitaus größere Part, nämlich knapp 550 Hektar, ist im Besitz von Otto Fürst zu Castell-Rüdenhausen, Sohn des Ende 2014 verstorbenen Johann-Friedrich Fürst zu Castell-Rüdenhausen. Text: vo

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden