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GEMÜNDEN: „Dann soll heftig verhandelt werden“

GEMÜNDEN

„Dann soll heftig verhandelt werden“

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    Nicht viel übrig blieb von der Anklage gegen eine 19-jährige Frau aus dem Raum Gemünden, die sich vor dem Schöffengericht verantworten musste. Raub hatte ihr die Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Wie sich allerdings in der Verhandlung herausstellte, hatte sie lediglich das Auto gefahren, das bei der Tat benutzt worden war. Das Verfahren gegen sie ist daher zunächst ausgesetzt worden, um die Verhandlungen gegen die weiteren Beteiligten abzuwarten.

    Wie im Kriminalfilm

    Was sich da am 4. Dezember 2017 in einem Dorf auf der Fränkischen Platte abgespielt hat, könnte aus einem Drehbuch für einen Kriminalfilm stammen. Ein 26-jähriger Arbeiter aus diesem Ort schuldete einigen „Kumpels“ Geld. Rund 200 Euro sollen es gewesen sein. Das Geld wollten sich die Kumpels holen, wobei allerdings keiner von ihnen einen Führerschein oder Auto besaß – so war man auf die junge Frau gekommen, die jetzt auf der Anklagebank saß.

    Sie hatte mit dem Wagen ihres Vaters drei Männer und eine Frau in Lohr und Würzburg abgeholt und zur Wohnung des 26-Jährigen gefahren. Dort warteten die Fünf, bis der Schuldner am Nachmittag heimkehrte. Zusammen betrat man die Wohnung. Wie der 26-Jährige dem Gericht schilderte, habe er nicht zahlen können und daraufhin von einem der Besucher Schläge ins Gesicht und einen heftigen Tritt in die Seite erhalten, sodass er „kampfunfähig“ auf dem Boden liegen geblieben sei.

    Wertsachen und Hund mitgenommen

    Vier der fünf Besucher bedienten sich ersatzweise am Eigentum. Als Pfand, wie es zunächst hieß, später vor dem Haftrichter aber bestritten wurde, hatte das Kleeblatt eine Jacke im Wert von rund 800 Euro, einen Tablet-Computer, eine Mini-Stereo-Anlage, Spielekonsolen, Schuhe, Parfüm und Alkoholika sowie den Hund des 26-Jährigen in einem Wäschekorb mitgenommen. Der Gesamtwert wurde auf rund 2000 Euro geschätzt. Die 19-jährige Fahrerin erhielt von der 37-jährigen Mittäterin einen Fächer von geringem Wert geschenkt.

    Wenig clever meldete der 26-Jährige, der derzeit wegen einer anderen Sache eine Freiheitsstrafe verbüßt und aus der Justizvollzugsanstalt vorgeführt wurde, der Polizei einen Wohnungseinbruch, bei dem all die Sachen gestohlen worden seien. Deswegen erwartet ihn nun noch ein Verfahren wegen des Vortäuschens einer Straftat.

    Angeklagte schweigt

    Die 19-Jährige verweigerte in der Gemündener Verhandlung die Angaben zu ihrer Person und zu den Tatvorwürfen, was die Beweisaufnahme erschwerte. So musste sich das Schöffengericht weitgehend auf das Protokoll des Ermittlungsrichters beim Haftprüfungstermin im Januar sowie auf die Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe verlassen, um sich ein Bild von der jungen Frau zu machen.

    Bei der ermittlungsrichterlichen Anhörung hatte sie eine Beteiligung abgestritten. Ihr sei lediglich die Rolle der Fahrerin zugekommen. Deshalb fand ihr Verfahren vor dem Amtsgericht Gemünden statt, während sich alle anderen Beteiligten in der vergangenen Woche vor der großen Strafkammer am Landgericht in Würzburg zu verantworten hatten. Zum Teil wurden dort die Prozesse eingestellt oder ausgesetzt. Aus diesem Grund machten die Mittäter, soweit sie in Gemünden als Zeugen geladen waren, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um sich nicht selbst zu belasten.

    Lebensgefährte im Gefängnis

    „Möglicherweise bewegen Sie sich in einem Umfeld, das ihnen nicht gut tut“, redete Vorsitzender Richter Thomas Schepping der Angeklagten ins Gewissen, denn im Hintergrund stehen auch Drogengeschäfte, in die der 33-jährige Lebensgefährte der 19-Jährigen verstrickt war. Der Mann, mit dem die junge Frau bereits seit ihrem 15. Lebensjahr zusammenlebt, sitzt aktuell in der Justizvollzugsanstalt ein.

    Da die Angeklagte bei dem zur Last gelegten Raub offenbar eine weniger bedeutende Rolle gespielt hatte, regte das Gericht die Einstellung des Verfahrens gegen gemeinnützige Arbeitsstunden an. Dem stimmten jedoch weder die Staatsanwältin noch der Verteidiger zu. Letzterer wollte einen „Freispruch erster Klasse“ für seine Mandantin.

    „Dann soll heftig verhandelt werden, mit allem Drum und Dran“, meinte Richter Schepping. Er setzte die Verhandlung gegen die junge Frau aus, um alle infrage kommenden Zeugen laden zu können.

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