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Hohenroth: Das SOS-Dorf bewahrt ein altes Handwerk

Hohenroth

Das SOS-Dorf bewahrt ein altes Handwerk

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    Die Hohenrother Webereiprodukte werden an dem Wochenenden und immer während der Öffnungszeiten im Café-Laden der SOS-Dorfgemeinschaft verkauft. Leiterin Katharina Bauert nimmt dann auch Sonderwünsche entgegen.
    Die Hohenrother Webereiprodukte werden an dem Wochenenden und immer während der Öffnungszeiten im Café-Laden der SOS-Dorfgemeinschaft verkauft. Leiterin Katharina Bauert nimmt dann auch Sonderwünsche entgegen. Foto: Inken Kleibömer

    Rechts, gleich nach den Parkplätzen der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth, findet man im ersten Haus die Weberei und die Metallwerkstatt. Bis zum Jahr 1986 befand sich hier der Festsaal. Als dieser in das Haupthaus gegenüber zog, fand die Weberei in dem etwa 300 Quadratmeter großen Saal ihre neue Heimat. Die damalige Leiterin Almut Sauer führte das Kunsthandwerk Weben ein, das es „seit der Steinzeit gibt“ ein, erinnert sich ihre Nachfolgerin Katharina Bauert. Sie ist gelernte Kinderpflegerin und Heilerzieherin und seit sieben Jahren in Hohenroth tätig. Seit drei Jahren ist sie Weberin und Chefin der Kunsthandwerk-Werkstatt. Den dreijährigen Lehrberuf gibt es allerdings seit zehn Jahren nicht mehr.

    Es ist ganz still im Saal. Wenn man eintritt, könnte man auf die Idee kommen, er wäre leer. Hin und wieder aber klappert es energisch und laut. Zwischen den Webstühlen kommt Katharina Bauert hervor, sie hat gerade eine Arbeiterin, eine der über 160 Betreuten Hohenroths, beraten. Ein Faden war gerissen. Nicht schlimm, Bauert weiß, wie man das regelt.

    Es habe sich in all den Jahren wenig geändert, erzählt die Fachfrau. Sie betreut 21 Beschäftigte, darunter zwei Männer. Alle haben sich diese Arbeit selbst ausgewählt. Jeder kommt zu unterschiedlichen Zeiten und für eine bestimmte Dauer, die sich nach seiner Tagesform richtet. Zwei Frauen arbeiten täglich sogar sieben Stunden. Dabei erfordert die Weberei viel Konzentration - sie sei fast therapeutisch, sei meditativ, berichtet Katharina Bauert. So erklärt sich auch die entspannte Ruhe, die in der Werkstatt dominiert.

    Weberei Hohenroth
    Weberei Hohenroth Foto: Inken Kleibömer

    Baumwolle hat eine Fadenstärke von mindestens 0,5 Millimeter, Wolle von mindestens 2,5 Millimeter. Der Stoff ist beliebt für Stuhlkissen und Wolldecken aller Arten und Größen. Jedes Material stellt eigene Herausforderungen: Leinen ist spröde und sperrig, elastische Baumwolle neigt zum Schrumpfen, der Stoff wird schmaler. Jeder Weber befolgt eine genaue Arbeitsablauf: die Zahl an Farbfäden, die er mit dem „Schiffchen“ durchschießen muss, bevor das neue, noch lose Stück mit der „Lade“ an das fertige Gewebte angeschlossen wird; dann folgt der nächste Arbeitsgang oder die nächste Farbe. Feingefühl und Feinmotorik erfordert diese Handarbeit. Anja Müller, die seit kurzer Zeit an zwei Tagen in Woche die Chefin unterstützt, rechnet mit einer Anlernzeit von etwa sechs Monaten.

    Auf der großen Fläche des ehemaligen Festsaals der Einrichtung stehen elf große und fünf kleine Webstühle aus mehreren Holzarten und von unbestimmbarem Alter: „Es gab sicher kaum Veränderungen in all den Jahren“, ist sich Bauert sicher. Die großen Webstühle benötigen drei Meter Grundfläche. 150 bis 120 Zentimeter Web-/Stoffbreite sind mit ihnen zu erreichen. Auf den Kleinen werden vorwiegend Bändchen gewebt, wie sie beispielsweise zum Aufhängen von Handtüchern benutzt werden.

    Ein Teil der Mitarbeiter der Hohenrother Weberei am größten Webstuhl. Am Kopfende sitzt Maren, die seit 37 Jahren in der Weberei arbeitet.
    Ein Teil der Mitarbeiter der Hohenrother Weberei am größten Webstuhl. Am Kopfende sitzt Maren, die seit 37 Jahren in der Weberei arbeitet. Foto: Inken Kleibömer

    Für alle Anfänger die erste Station: Hier werden die Bewegungsabläufe geübt. Begriffe wie Kettfaden, Schussfaden, Schiffchen und Tritt und die richtige Reihenfolge werden so lange geübt, bis alle ohne großes Überlegen funktioniert. Schriftliche Hilfe für die Abläufe sind in Augenhöhe am Webstuhl befestigt.  Die Farbauswahl für die Stoffe ist groß und wird gemeinsam von Weberin und Chefin getroffen. Bauert hat ein großes Lager mit Konen, wie die Garnspulen mit konisch aufgewickelten Fäden heißen. In der Weberei haben auch die Nicht-Weber Platz: Topflappen werden hier gehäkelt und gestrickt, eine Strickliesel kommt zum Einsatz, und sogar ein kleiner Teppich entsteht.

    Das Lager mit den Konen, den Garnspulen.
    Das Lager mit den Konen, den Garnspulen. Foto: Inken Kleibömer
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