Ausgerüstet mit Karte, Datenerfassungsgerät und Messlatte erheben die Mitarbeiter an 22 000 Inventurpunkten den Zustand von Trieben und Knospen. Den Startschuss gab im Landkreis Main-Spessart eine Informationsveranstaltung in der Forstschule am Samstagvormittag, zu der die Jagdpächter des Landkreises eingeladen waren.
"Wald vor Wild" ist seit 1998 der forst- und jagdpolitische Grundsatz. Diese umstrittene Formulierung wurde 2005 im Wald- und im Jagdgesetz verankert. Dort ist auch die Einhaltung eines Abschussplanes vorgeschrieben, der von der Unteren Jagdbehörde erstellt wird. Grundlage hierfür ist das "Forstliche Gutachten zur Waldverjüngung".
Forstoberrat Herbert Fleischmann erklärte zu Beginn der Veranstaltung die Vorgehensweise bei der Gutachtenerstellung. Anschließend zeigten Forstoberrat Dr. Wolfgang Netsch und Forstamtsrat Siegfried Wegmann den interessierten Jägern das Vorgehen praktisch bei einem Außentermin im Steinfelder Wald.
Fegen und Knabbern
Das Forstliche Gutachten erfasst und bewertet die Situation der natürlichen Waldverjüngung sowie des Verbisses und der Fegeschäden durch Schalenwild. In unseren Bereichen ist das vor allem das Reh- und Rotwild. Rehe finden besonderen Geschmack an den jungen Leittrieben und Rehböcke "fegen" (wetzen) ihr Gehörn an den Bäumchen. Diese Schäden verlangsamen entweder den Wuchs der Pflanzen oder der junge Baum geht ein.
Das Forstliche Gutachten wird im dreijährigen Turnus für den Bereich der Hegegemeinschaften erstellt. Grundlage hierfür sind die Ergebnisse der im Privat- und Körperschaftswald sowie im Staatswald systematisch durchgeführten Stichprobeninventur.
Von März bis Mai werden in den Wäldern die Außenaufnahmen durchgeführt. Hierzu wird auf eine Waldkarte ein Raster gelegt, bei dem der Abstand der Rasterpunkte 1,225 Kilometer mal 1,225 Kilometer beträgt. An den Schnittpunkten suchen die Forstleute die nächstgelegene Verjüngungsfläche.
Diese muss mindestens eine Pflanzendichte von 1300 jungen Bäumchen pro Hektar haben und 50 Meter lang sein. In dieser Fläche werden an fünf Stichprobenpunkten insgesamt 75 Einzelbäumchen auf Baumart und Höhe, Leittriebverbiss durch Schalenwild, Verbiss im oberen Drittel durch Schalenwild und auf Fegeschäden untersucht.
Die Ergebnisse werden an der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising ausgewertet. Auf ihrer Grundlage erstellen die Ämter für Landwirtschaft und Forsten die Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung und entscheiden, ob der Verbiss für den Wald tragbar ist oder nicht. Ist der Verbiss zu stark, wird der Abschussplan ebenfalls erhöht. Die Jagdpächter müssen dann im nächsten Jagdjahr mehr Schalenwild erlegen.
Laut Fleischmann verfolgt die Staatsregierung das Ziel, artenreiche Mischwälder mit standortgerechten Baumarten aufzubauen. Dies setzt voraus, dass die jungen Bäume nicht durch zu hohe Wildbestände im Wachstum beeinträchtigt werden. Eine objektive Erfassung und Bewertung der Verbissbelastung ist nach Aussage des Forstmannes deshalb unverzichtbar. Um das Verfahren transparent zu machen, werden Grundeigentümer, Waldbesitzer und Jäger intensiv mit eingebunden.
Waldbesitzer willkommen
Die Jäger, Grundeigentümer und Waldbesitzer werden rechtzeitig über die Aufnahmetermine informiert, damit sie teilnehmen können. Jagdvorsteher und Revierinhaber erhalten bis Juli die Inventurergebnisse und können dazu Stellung beziehen. Fleischmann empfahl allen Jägern, bei der Datenerhebung im Wald mit dabei zu sein. So könnten Fragen gleich geklärt werden.