Humorlos ist mir ausgerechnet mal wieder der Fasching begegnet: Organisatoren eines Dorfvereines fordern eine öffentliche Entschuldigung in der Zeitung für einen Bericht über ihren Faschingsabend. Sie schreiben, dass sie entsetzt sind, weil Akteure sogar persönlich angegriffen und beleidigt worden seien.
Liebe Leser, ich versichere, in dem ziemlich ausführlichen Beitrag in einem Lokalteil dieser Zeitung wurde niemand beleidigt. Ich glaube vielmehr, dass sich Mitwirkende beleidigt fühlen, weil einige von ihnen keine gute Kritik für ihren Auftritt bekommen haben. Vorwiegend deshalb, weil sie für – so der Bericht – „zotige Untiefen“ oder „unbeholfene Witzesammlungen“ standen. Das ist hart für Betroffene.
Der Ausgangspunkt ist alljährlich wiederkehrend: Es sind die verständlichen Erwartungen von Veranstaltern, reichlich Lob in Text und Bild für ihr Faschingsereignis zu ernten. Dass es auch Leser gibt (Faschingsmuffel?), die sich in erbosten Zuschriften dagegen wenden, weil sie Faschingsberichte und deren Häufung in der „fünften Jahreszeit“ als Belästigung empfinden, sei nur am Rande erwähnt.
Ein spezielles Spannungsfeld baut sich auf, wenn die veranstaltenden Narren ernsthaften Journalismus für ihren organisierten Frohsinn wünschen, Kritik aber nicht ertragen. Purer Überschwang, bestens bekannt aus langen Texten über Narrenschiffe inmitten sich überschlagender Wogen der Begeisterung, kann aber nicht die Konsequenz sein. Das wäre unglaubwürdig, fast eine Zumutung für Leser.
Die Redaktion bemüht sich zwischen solchen Ansprüchen um ihren Auftrag, über lokales Geschehen zu berichten – aber angemessen. Denn hier, in der notwendigen Verhältnismäßigkeit, könnten sich wirklich triftige Gründe finden für Beschwerden von Faschingsveranstaltern. Etwa wenn in der Zeitung mit Kanonen auf Spatzen geschossen würde. Sind doch die einzelnen Auftritte in Prunksitzungen in vielen Freizeitstunden von Amateuren vorbereitet worden. Dem gilt es – trotz mancher Zoten – Respekt zu zollen. Darüber sollte dann in der Zeitung nicht mit den Maßstäben einer Kulturberichterstattung geurteilt werden.
Im vorliegenden Fall scheint mir die gezielte Kritik vertretbar. Sie sprach Auftritte an, die aus Sicht des Autors unter der Gürtellinie lagen. Zumindest diesen Gürtel darf man Profis und Amateuren doch auf einigermaßen gleicher Höhe anlegen.
Ich verstehe, dass diese Bewertung besonders schmerzhaft wirkt, weil einer anderen Sitzung auf derselben Zeitungsseite durchweg Begeisterung zuteil wurde. Dieser Kontrast aus der Feder unterschiedlicher Autoren von unterschiedlichen Ereignissen entspringt deren jeweiliger Perspektive. Sie ist ein Stück Meinungs- und Medienfreiheit. Diese lässt Subjektivität in der Bewertung zu, wenn sie als solche erkennbar ist. Dafür bitte ich alle Faschingsstrategen um ein wenig Verständnis. Mindestens 13 von ihnen haben das noch nicht. Sie schreiben, dass sie für Organisatoren und Akteure und viele Leser ihres Ortes sprechen und drohen der Redaktion mit der Kündigung zahlreicher Abonnements, wenn keine Entschuldigung veröffentlicht wird. Obwohl die ausbleiben muss, zähle ich noch darauf, dass am Aschermittwoch alles vorbei ist. Bis dahin empfehle ich, den Fasching in vollen Zügen zu genießen – etwa auf www.mainpost.de/fasching