Oliver Krämer streift täglich bis zu vier Stunden über Äcker. Aber nicht einfach so, sondern immer auf der Suche nach Metall – besser: nach kleinen Schätzen aus Metall. „Das ist wie eine Sucht“, sagt der Heßdörfer. Münzen, Knöpfe und Gewandfibeln haben es ihm angetan. Dabei stößt er aber immer wieder auch auf Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg: „Bei Seifriedsburg lag eine komplette Panzerfaust im Boden.“ Zu Hause hat er eine ganze Kiste mit Patronenhülsen stehen und neulich erst hatte er die Panzergranate bei Karsbach gefunden, die dann gesprengt werden musste.
Als Spürnase dient Krämer ein Metalldetektor, zur Zeit ein bulgarisches Fabrikat. Wenn der Metall aufspürt, gibt er ein Tuten von sich. „Das ist ein Eintongerät“, erklärt Krämer. Es gebe auch Sonden mit einem Display oder mit drei Tönen, die dann für Eisen einen tiefen, für Messing und Kupfer einen mittleren und für Silber einen hohen Ton abgeben. „Alles Schnickschnack, das braucht man nicht.“
Sein Gerät kann der 37-Jährige aber so einstellen, dass er erkennt, ob das gefundene Objekt aus Eisen ist. Dann gibt es ein eher knackendes Tuten und der erfahrene Sondengänger macht sich meist gar nicht die Mühe nachzuschauen. Bei den ganzen Nägeln und dergleichen auf den Äckern würde er sonst verrückt werden, meint er.
Auf einem ausgedehnten, frisch abgeernteten Acker bei Weyersfeld zeigt er, dass sich innerhalb von eineinhalb Stunden doch erstaunlich viel findet. Auch wenn das meiste natürlich Müll ist. Während des Suchens rumst und knattert es in einem zu auf dem nahen Truppenübungsplatz. Es vergehen aber auch kaum fünf Meter, ohne dass der Detektor piepst. Klingt der Ton erfolgsversprechend, nimmt er seine kleine japanische Hacke und kratzt ein bisschen. Mit dem Detektor schaut er dann, ob er tiefer gehen muss. Ein stiftähnliches zusätzliches Gerät zeigt ihm genauer, wo das Fundstück liegt. „Ah, ein kleines Knöpfchen, schön“, freut er sich. Mal keine Aludose, Schraube oder Sektflaschenverschluss.
Das Ergebnis des Sondengangs findet Krämer insgesamt nicht besonders: eine etwa zwei Zentimeter dicke Bleikugel, das Knöpfchen aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, noch ein Knopf, immerhin ein kleines Kreuz aus dem 19. Jahrhundert und zwei Plomben aus Blei, mit denen früher Säcke verschlossen wurden. „Leider keine Münze“, sagt Krämer. Aber dafür jede Menge Eisenschlacke, die ihn immer wieder genarrt hat.
„Mein bis jetzt schönster Fund ist eine keltische Münze“, erzählt Krämer. Dabei handelt es sich um eine drei- bis viertausend Jahre alte Silbermünze mit Pferdemotiv. Auch eine Münzfibel, die er in Karlburg gefunden hat, sei ein einmaliger Fund. Die soll jetzt in Karlstadt ausgestellt werden. Ob er von seinen Funden manchmal etwas verkauft? „Nein, ich hänge an jedem Fundstück, das würde mir wehtun“, sagt er.
Antike Funde meldet Krämer zusammen mit der Fundstelle dem Landesamt für Denkmalschutz. Bei Sprengstofffunden ruft er die Polizei an. Er sieht sich nicht als Schatzsucher, sondern als Hobbyarchäologe. Ihn interessieren Hintergründe, besonders das Mittelalter und auch der Deutsche Krieg 1866. Seine Fundstücke ordnet er zu Hause fein säuberlich und beschriftet sie zum Teil auch wie in einem Museum.
Was er bislang noch nicht gefunden hat, ist eine Goldmünze oder ein Goldring. Auch eine Kanonenkugel würde er gerne einmal finden. „Am besten sind dorfnahe Äcker“, sagt Krämer. Auch herumliegende Keramik sei ein guter Hinweis auf mögliche Funde. Der Grund: „Früher ist alles auf den Mist gekommen.“ Und der ist dann auf den Äckern gelandet. Er habe auch gehört, dass in Wirtschaften früher Stroh auf dem Boden gelegen habe. So erklärt er sich, wie er so viele Münzen finden kann. Mehrere hundert hat er schon, hauptsächlich „Kaiserpfennige“ und Zinkmünzen aus dem „Dritten Reich“.
Von einem kuriosen Fund kann der 37-Jährige ebenfalls erzählen: „Ich hab auch schon einen weißen Trüffel ausgegraben.“ Das war dann allerdings Zufall, weil es daneben gepiepst hat. Mitunter bekommt er sogar den Auftrag, nach etwas zu suchen, etwa wenn ein Autoschlüssel oder ein Teil eines Ackergeräts verloren gegangen ist.
„Auf den Äckern findet man das meiste“, sagt Krämer, der im ganzen Bachgrund von Obereschenbach bis Gössenheim unterwegs ist. Im Winter geht er aber meistens in den Wald, dort ist der Boden weicher. Und das Metall ist dort nicht durch Dünger und Ackergeräte beschädigt.
Die rechtliche Seite
Das bayerische Landesamt für Denkmalpflege ist zwiegespalten beim Thema Sondengänger. „Wenn Sondengänger sich an die gesetzlichen Vorschriften halten, also Bodendenkmäler und ihre Umgebung vermeiden und ihre Funde zeitnah melden, freuen wir uns über deren Engagement“, sagt Pressesprecherin Beate Zarges. Jeder Verstoß dagegen bedeute aber eine Gesetzesübertretung und führe „zur Zerstörung unseres Archivs im Boden, also eines unersetzlichen archäologischen Erbes“.
Wo darf ein Sondengänger suchen?
Sondengänger dürfen in Bayern theoretisch überall suchen, aber nicht auf und bei einem Bodendenkmal. Dort dürfen ohne denkmalrechtliche Erlaubnis auch keine Bodeneingriffe durchgeführt werden (Art. 7, Abs. 1 Bay. Denkmalschutzgesetz).
Sind Genehmigungen nötig?
Ja, nämlich vom Grundstückseigentümer und gegenüber einem Pächter. Die denkmalrechtliche Erlaubnis im Bereich eines Bodendenkmals wird nur in ganz besonderen Ausnahmefällen erteilt.
Wem gehört der Fund oder der Erlös?
Ein Fund gehört zu 50 Prozent dem Grundstückseigentümer und zu 50 Prozent dem Entdecker (§ 984 BGB). Dabei kommt es oft zu Unterschlagungen: Die wenigsten Finder informieren Grundstückseigentümer über „ihren“ Fund, so Zarges.
Sind Funde meldepflichtig?
Alle archäologischen Funde, also Bodendenkmäler, müssen vom Finder, Grundstückspächter oder -eigentümer gemeldet werden (Art. 8, Abs. 1, Bay. Denkmalschutzgesetz). Bodendenkmäler sind „bewegliche und unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden“, in der Regel aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit. Bei einer Meldung ist der genaue Fundpunkt wichtig. Aufgrund der eher geringen Anzahl von Fundmeldungen, ist laut Zarges davon auszugehen, dass es viele Verstöße gegen das Denkmalschutzgesetz gibt.
ONLINE-TIPP
Informationen und Meldeformulare gibt es unter www.blfd.bayern.de. Im Internet können auch begleitende Kartierungen im „BayernViewer-denkmal“ vorgenommen werden.