Bescheidenheit, Bodenständigkeit und den Eindruck, mit sich im Reinen zu sein, vermittelt Konrad Fischer zeitlebens. Dazu Humor und Offenheit und eine Frische, die Erstaunen macht, dass der Diakon – seit 2007 entpflichtet – an diesem Dienstag tatsächlich schon den 80. Geburtstag feiert. Seit 1964 lebt Fischer, der wie seine Frau Elisabeth die Aschaffenburger Herkunft hochhält, in Gemünden, ein Sympathieträger der katholischen Kirche.
„Bin ich denn so wichtig?
„Bin ich denn so wichtig?“, fragt der weißhaarige, schlanke Mann, als er um ein Gespräch und ein Foto für die Zeitung gebeten wird. Er gestattet den Besuch und nimmt sich Zeit. Die ist auch nötig, denn wie stets weiß Konrad Fischer seine Schilderungen mit kleinen Witzen und vielen Anekdoten auszuschmücken. Es ist der Erfahrungsschatz eines 80-jährigen Lebens – es galt die meiste Zeit und auch beruflich dem Leben anderer.
Weihe 1978
Im Wohnzimmer steht neben Familienbildern ein Foto von Pfarrer Josef Ryba (2014 im Alter von 100 Jahren gestorben), des langjährigen Pfarrers der Dreifaltigkeitspfarrei, Ehrenbürger der Gemeinde Schonungen und der Stadt Gemünden und Monsignore. Ein guter Einstieg ins Gespräch, denn 1978 wurde Konrad Fischer durch Bischof Josef Stangl zum Ständigen Diakon geweiht und nahm Rybas Dreifaltigkeitspfarrei seinen Dienst auf (bis 1988).
Bei, neben oder unter Pfarrer Ryba? Da schmunzelt Fischer und erzählt mit einer Anekdote vom Einführungsgottesdienst, „wie Ryba meine Tätigkeit umschrieb. Er sagte zur Gemeinde: ,Nachdem Herr Fischer nicht studiert hat, braucht er länger, eine Predigt vorzubereiten, und wird deswegen nur alle vier Wochen predigen.‘“ Fischer gluckst vor Lachen bei der Erinnerung an diese Szene und ergänzt: „Ich hab' nichts dazu gesagt.“
Schlosser und Elektroschweißer
Josef Ryba sei Kleriker gewesen, ein „erhabener“ Priester – „ich war nur ,der Schlosser‘“. Diesen Beruf hatte Fischer 1951 nach der Volksschulzeit im Bahnbetriebswerk Aschaffenburg gelernt. Dort trat er der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) bei, deren Gründer Joseph Kardinal Cardijn (1882 bis 1967) er verehrt.
Drei Jahre bis 1960 arbeitete Fischer als hauptberuflicher CAJ-Diözesansekretär in Würzburg, wechselte dann nochmals in den Schlosserberuf und lernte Elektroschweißer dazu, bis ihn schließlich 1964 die hochgeachtete CSU-Bundestagsabgeordnete Maria Probst als CSU-Wahlkreisgeschäftsführer in ihr Büro nach Gemünden holte. 1971 wurde er Katechet (Religionslehrer) an der Haupt-, Real- und Berufsschule in Gemünden. 1988 übernahm er als hauptamtlicher Diakon die Betriebsseelsorge in Schweinfurt (bis 2000).
„Immer geschoben worden“
Ein bewegter Lebenslauf, und sicher nicht geplant, wie der Diakon beteuert. „Wenn ich zurückschaue: Ich habe mich nur einmal beworben – das war das Gesuch um die Weihe als Ständiger Diakon. Aber ansonsten bin ich immer geschoben worden. ,Sie können das‘, hat es immer geheißen.“ So habe ihm die damalige Domschulsekretärin die Ausbildung zum Diakon nahegelegt und in Gemünden die unvergessene Kreuzschwester Illuminata Hart die Ausbildung zum Katechet. Als Betriebsseelsorger wollte ihn dann der damalige Schweinfurter Stadtpfarrer Heinz Röschert . . . Konrad Fischer: „Das ist das, wie ich sage: Da oben hat einer mitgeschafft.“ Für die Fügung danke er wie auch seiner Frau, die alle Wege mitgegangen sei. Mit ihr hat er drei Kinder und von ihnen drei Enkel.
Evangelium und Leben zusammenbringen
Er habe das Vertrauen der Schüler gehabt, erzählt Konrad Fischer von seiner Zeit als Lehrer. Zugutegekommen sei ihm die Prägung aus seiner CAJ-Zeit: „Das Evangelium und das Leben zusammenbringen. Immer erst auf den Menschen schauen. Ich habe mich immer gefragt, wie würde Jesus an meiner Stelle jetzt handeln.“ Von Kardinal Cardijn stammt der Satz: „Wenn man sich heute damit begnügt, die heilige Messe zu feiern und von der Kanzel herab zu predigen, wird man niemanden retten.“
Geprägt haben den gebürtigen Aschaffenburger sicher auch seine schwere Kindheit und Jugend. Die Mutter war kurz nach seiner Geburt gestorben, und so wuchs das Eisenbahnerkind Konrad Fischer mit fünf Geschwistern bei einer Stiefmutter, verschiedenen Pflegeeltern und in drei Waisenhäusern auf, wobei die Zeit in den Waisenhäusern mit Abstand die beste gewesen sei.
Die Kameradschaft der CAJ
Kameradschaft und Hilfsbereitsschaft haben in der CAJ einen hohen Stellenwert, und Fischer bedeutet es viel, dass damals die Schüler und bis heute Gemeindemitglieder ihm sagen: „Mit Ihnen kann man reden.“ Seine Erfahrungen gab er als Mentor in der Diakonatausbildung und als Leiter des Diakonatskreises Würzburg weiter. Seit seiner Entpflichtung, der Versetzung in den Ruhestand, ist der Diakon immer noch ehrenamtlich in der Seelsorge tätig. In der Hauskrankenkommunion habe ein Besuch früher 15 Minuten gedauert, heute eine Dreiviertelstunde, „weil die Leute oft sonst niemanden zum Reden haben“.
Auch Gottesdienste hält Fischer noch, „aber eingeschränkt bei meinem Alter – ich brauche bei der Vorbereitung vier, fünf Stunden“. Ebenfalls ist er regelmäßiger Autor der Main-Post-Kolumne „Wort zum Wochenende“, wobei er bei der Abgabe seines Manuskripts stets bemerkt: „Das können andere doch besser als ich.“
Dankbarkeit
Mit Blick auf seinen Geburtstag zitiert der Gemündener den evangelischen Pfarrer Dietrich Bonhoeffer: „In der Dankbarkeit gewinne ich das rechte Verhältnis zu meiner Vergangenheit. In ihr wird das Vergangene fruchtbar für die Gegenwart.“ Und eine Anekdote soll zum Schluss noch erzählt sein: Das liturgische Gewand zur Einführung als Diakon hatten seinerzeit die Gemündener Kreuzschwestern gefertigt. „Die Enden der Stola sollen sich vor der Hüfte kreuzen, bei mir kreuzten sie sich vor den Knien. Ich hatte doch keine Ahnung. Nach dem Einführungsgottesdienst sagte die Pfarrhaushälterin Rose Wüst zu mir: ,Ich habe gedacht, Sie sind die Ehrenjungfrau von der Feuerwehr.‘“