Eine Kaiserin feiert an diesem Freitag ihren 90. Geburtstag. „Kaffeekannen-Kaiserin“ wird Marlene Heinickel aus Gössenheim im Volksmund genannt. Mit rund 7000 verschiedenen Kaffeekannen, die sie fein säuberlich in ihrem kleinen Privatmuseum präsentiert, besitzt die Altersjubilarin wohl eine der umfangreichsten Kaffeekannensammlungen überhaupt.
„Mir geht es gut hier. Ich hab so etwas wie das Paradies auf Erden.“ Ihr kleines Paradies auf Erden liegt in der Straße „Köblein 2“ in Gössenheim. In großen Buchstaben an der Hauswand zeigt sie allen Menschen, dass sie sich hier wohl fühlt. „Haus Marlene“, ist an dem ehemaligen Bahnwärterhäuschen unmittelbar neben der Werntalbahn zu lesen.
Ins Bahnwärterhäuschen gezogen
Als sie vor 30 Jahren in Rente ging, ist die gebürtige Kürnacherin Marlene Heinickel mit ihrem vor 20 Jahren verstorbenen Ehemann und den Kindern hierher gezogen. „Das war ein altes Haus“, mit viel Wildnis drum herum. Was die Heinickels daraus gemacht haben, ist ein schmuckes Kleinod im Grünen geworden mit dem angeschlossenen Kaffeekannen-Museum.
Der „Lärm“ der direkt neben dem Haus vorbeifahrenden Züge stört Marlene Heinickel überhaupt nicht. „Die hört man fast gar nicht“, sagt die in ihrem Leben schon weit gereiste Seniorin. Als gelernte Hotelfachfrau hat sie auch lange in Berchtesgaden und in Österreich gearbeitet. Von 1975 bis zum Umzug nach Gössenheim 1987 kümmerte sie sich um das Haus der Würzburger katholischen Studentenverbindung „Cheruscia.“ Einige Jahre führte sie auch die Gaststätte im Sängerheim in Sachsenheim. Zehn Jahre brachte sie älteren Menschen das „Essen auf Rädern“.
Noch weiter „in der Welt herum“ ist sie durch ihre Sammelleidenschaft gekommen. Angefangen bei den zahlreichen Flohmärkten bis hin zu den großen, weltbekannten Porzellanmanufakturen, hat sie viele besucht. So mancher Sachverstände in den Manufakturen wurde von ihr mit ihren Fragen gelöchert. „Ich habe da Vorträge besucht und auch schon Vorträge gehalten“, sagte sie.
Jede Kanne hat ihre Geschichte
Das Ergebnis ihrer Sammelleidenschaft zeigt sie gerne einzelnen Besuchern, kleinen Gruppen oder sogar ganzen Reisegruppen, die schon mit dem Bus zu ihr gekommen sind. Zu nahezu jeder Kaffeekanne kann sie ihren Besuchern etwas erzählen. Ihre Lieblingskanne stammt aus der Zeit um 1860. „Sie trägt am Boden eine goldene Nummer“, erklärt Marlene Heinickel. Sie stammt noch aus einer Zeit, in der die großen Manufakturen noch keine „Markenzeichen“ wie die gekreuzten Säbel für die Meißener Manufaktur verwendet haben.
Seit einiger Zeit fällt der rüstigen Sammlerin das Laufen schwerer. Da übernimmt sie nicht mehr so viele Führungen. Das überlässt sie ihrem Sohn, der sie vorbildlich in der Sammlung und im Haus unterstützt. Er hat der Mutter auch im Garten Hochbeete angelegt, in denen sie Kräuter ziehen kann. Aus ihnen bereitet sie sich gerne ihren eigenen Tee. Überhaupt lebt Marlene Heinickel gesund, isst viel Obst und trinkt viel Milch. Seit 60 Jahren ist sie eine treue Main-Post-Leserin.
„Ich lass mich nicht unterkriegen und schau immer nur nach vorn“, lautet ihr Lebensmotto. Das macht sie auch an diesem Wochenende.
Erst Gottesdienst, dann Feier
Ihr Festtag beginnt um 10 Uhr mit einem Dankgottesdienst in der Kirche in Gössenheim. Anschließend geht es zum Feiern ins Sängerheim nach Sachsenheim, wo rund 100 Gäste geladen sind. Darunter sind auch Vertreter der Studentenverbindung „Cheruscia.“
Sicher wird Marlene Heinickel einige von ihren Mundart-Gedichten, die sie immer noch auswendig kennt, vortragen.
Von ihrer Familie werden die drei Kinder, sechs Enkel und acht Urenkel mitfeiern. „Ich bin dankbar dafür, so gute Kinder zu haben“, freut sie sich auf die Familienfeier.