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HOMBURG: Die Stockflöte als ein Relikt des Biedermeier

HOMBURG

Die Stockflöte als ein Relikt des Biedermeier

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    Reise in die Biedermeierzeit: Konzert in Schloss Homburg mit Anette-Susanne Bethge, Spazierstockflöte (Csakan), Tenor Johannes Weiss und Pianist Michael Günther am Hammerflügel.
    Reise in die Biedermeierzeit: Konzert in Schloss Homburg mit Anette-Susanne Bethge, Spazierstockflöte (Csakan), Tenor Johannes Weiss und Pianist Michael Günther am Hammerflügel. Foto: Foto: Martin Harth

    (maha) Michael Günthers Homburger Schlosskonzerte sind bekannt für Wiederentdeckungen. Die jüngste Auflage schrieb mit der „Spazierstockflöte“ Csakan und der Hinwendung zum Biedermeier dabei ein besonderes Kapitel.

    Präsentiert wurden zu Günthers Begleitung am Hammerflügel zwei junge Musiker aus Frankfurt. Der Tenor Johannes Weiss brachte jugendliche Strahlkraft und eine kraftvolle, ausdrucksvoll-lyrische Stimme ein.

    Die brillante Flötistin Anette-Susanne Bethge hat für sich den Csakan entdeckt. Dieser entspricht im Grund einer Blockflöte, die in der ungarischen Folklore beheimatet ist. In der Epoche des Biedermeier wurde sie in Österreich fortentwickelt.

    Als Erfinder des Csakan gilt der Virtuose Anton Heberle, der das Instrument 1807 in Pest vorstellte. Bethge fand mit Bernhard Mollenhauer aus Fulda einen Instrumentenbauer, der die Idee des Blasinstruments bis heute fortentwickelt. Er schuf für sie eine Flöte, in as-Dur gestimmt (330 Hertz), deren Block aus Synpor eine exakte Ansprache ermöglicht. Das Instrument mit zwei Klappen kann statt eines Schallbechers mit einem Spazierstock-Unterteil ausgestattet werden. Dieses beeinträchtigt den Klang kaum, diente aber dazu, dass der biedermeierliche Galan das Instrument bei einem Spaziergang mit sich führen konnte, um seiner Geliebten gegebenenfalls ein instrumentales Ständchen zu bringen.

    Mit drei Gesängen aus den Jahren um 1812 bis 1814, die sich thematisch mit den Epochen-Klassikern wie Natur und Gefühlswelt befassten, wurde das Instrument in Homburg eingeführt. Die Notenschriften wurden gerade erst in einem Wiener Archiv entdeckt. Das folkloristische Element kam mit den „Zwölf Walzern“ für Csakan und Fortepiano des Wieners Wilhelm Klingenbrunner (1782-1850) zum Tragen.

    Einen Kontrast brachten Günther und Weiss mit Instrumentalwerken und Liedern von Franz Schubert („Moments Musicaux“), denen noch die Empfindsamkeit statt des bürgerlich-Schwärmerischen innewohnt.

    Ein weiteres Moment des Biedermeiers wurde mit zwei Liedern voller Ironie gewürdigt. Michael Günther erinnerte an den selbstverliebten, trotteligen „Datterich“ aus der Darmstädter Lokalposse um 1840. Das Schubert-Lied „Der Einsame“ mit Text des pommerschen Dichters Karl Lappe (1773-1843) bot Johannes Weiss parodistischen Gestaltungsraum. Anonym ist der Komponist der Csakan-Melodie „Maria Grün“, einer Persiflage auf die Naturseligkeit und Frömmigkeit des scharfzüngigen jüdischen Nestroy-Gegners Moritz Gottlob Saphir (1795-1858), der gerne mal aneckte.

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