Der Abend kam schnell und dunkel, die Klarinetten trugen schwermütig jüdische Klänge ins Rund der rund 80 Anwesenden und die Texte riefen Bedrückendes in Erinnerung: Bei der Vorstellung des DenkOrts Aumühle am Marktheidenfelder Mainkai waren die Ungewissheit und die Not zu ahnen, unter der 1942 die letzten Juden der Stadt bei ihrer Deportation litten. Ein brauner Metallkoffer auf einem grauen Betonsockel erinnert an ihr schreckliches Schicksal, für das der Güterbahnhof Aumühle in Würzburg eine der letzten Stationen vor der Ermordung im polnischen Krasnystaw war. Dort an der Aumühle wird ein Pendant zum Marktheidenfelder Koffer aufgestellt und gemeinsam mit vielen anderen „Gepäckstücken“ ein Denkmal der Erinnerung bilden.
Eines von bislang 46 Gepäckstücken
Zwischen 1941 und 1944 wurden von diesem Bahnhof 2069 jüdische Menschen aus Unterfranken in die Vernichtungslager geschickt. Unter den 852 Juden, die am 25. April 1942 von der Gestapo vom Platz'schen Garten in Würzburg zur Verladestation getrieben wurden, waren neun Marktheidenfelder. Zurück blieben viele Gepäckstücke, was den Anstoß für das Projekt DenkOrt und seine Gestaltung gab. 109 Gemeinden wurden angeschrieben, 46 davon haben bislang Gepäckstücke gestalten lassen, berichtete Hannelore Hübner, Vorstandsmitglied im Verein „DenkOrt Aumühle“.

Hübner dankte besonders Marktheidenfelds früherem Bürgermeister Dr. Leonhard Scherg, der mit seiner Sachkompetenz einen großen Beitrag bei den Planung des Projekts geleistet habe. Sie dankte aber auch der Stadt, dass sie die Idee vor Ort durch eine Schülergruppe verwirklichen ließ, weil dies junge Menschen in das Erinnern einbinde. An die Schüler der Klasse 10a gewandt sagte sie: „Ihr könnt stolz sein auf euch, auf das, was ihr geschaffen habt, und auf die Stadt, in der ihr lebt und die so verantwortungsvoll mit ihrer Geschichte umgeht.“
Hier gab es einst einen kleinen Betsaal
Marktheidenfelds Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder erinnerte an die Pogromnacht vom 9. November 1938 und an die Deportation der jüdischen Mitbürger. Den DenkOrt habe man nahe den Anwesen Mainkai 7 und Glasergasse 5 angelegt, in denen der Betsaal der kleinen jüdischen Gemeinde war. Sie bestand von 1910 bis 1942. Jüdische Mitbürger hatte es aber schon früher gegeben, sicher ab dem Jahr 1880, womöglich aber auch schon im 16. Jahrhundert. 1910 waren es 25, im Februar 1942 noch neun Mitbürger dieses Glaubens.
Die Bürgermeisterin dankte dem Stadtrat für seinen einstimmigen Beschluss, sich an dem Projekt zu beteiligen, und dem Balthasar-Neumann-Gymnasium für die sofortige Unterstützung und engagierte Umsetzung. Neben Schülern der Klasse 10a hatten sich Kunstlehrerin Elke Grömling-Füller sowie Schülervater und Stahlbauer Christian Jopp besonders bei der Gestaltung eingebracht. Die Schüler Darleen Fritz, Sina Pfister, Johannes Bernau und Benedikt Winzenhöler ließen die Anwesenden am Werdegang des Kunstwerks teilhaben und wünschten sich, dass es viel Aufmerksamkeit finde.
Beitrag gegen rechte Tendenzen leisten
„Wir hoffen, mit dem kleinen Denkmal hier in unserer Stadt einen Beitrag leisten zu können gegen die rechten Tendenzen, die unser Land momentan heimsuchen. Wir wollen, dass in unserem Land nie wieder nationalsozialistisches Gedankengut Fuß fassen kann, sondern man sich der Opfer dieser verbrecherischen Diktatur erinnert“, sagten sie.
Die musikalische Umrahmung des Gedenkens hatte Musiklehrerin Verena Hein-Schmitt arrangiert. Alina Fischer und Jonte Stahl spielten jüdische Musik für zwei Klarinetten. Dritter Bürgermeister Martin Harth las mit bewegter Stimme das Gedicht „Ein Koffer spricht“ von Ilse Weber, das diese vor ihrer Ermordung in Theresienstadt geschrieben hatte. Der Koffer sei ein Symbol für die schwere Last des jüdischen Volkes.