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BURGSINN/INZMÜHLEN: Ein Burgsinner ist Schäfer in der Lüneburger Heide

BURGSINN/INZMÜHLEN

Ein Burgsinner ist Schäfer in der Lüneburger Heide

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    Ein neues Leben in Norddeutschland: Der Burgsinner Hermann Herold mit seiner Heidschnuckenherde in der Lüneburger Heide.
    Ein neues Leben in Norddeutschland: Der Burgsinner Hermann Herold mit seiner Heidschnuckenherde in der Lüneburger Heide. Foto: Fotos: Herold

    Nun geht's wieder hinaus in die Heide. Der Frühling ist da und bei den 350 Heidschnucken von Hermann Herold, 63, ist die Lammzeit zu Ende. Jetzt wird es dann auch wieder ruhiger. Und Ruhe ist es, was der gebürtige Burgsinner gesucht hat, als er im Jahr 2000 in der Lüneburger Heide die Schäferei von einem Mittelsinner übernommen hat. Doch ruhig ist es nicht immer: Wölfe streifen dort herum, Kreuzottern setzen den Schafen zu und Touristen kommen in Massen – manche auch nackt.

    Rund 50 Kilometer südlich von Hamburg liegt der Hof, den Herold zusammen mit seiner zweiten Frau Andrea, einer Oberpfälzerin, die er in Kanada kennenlernte, betreibt. Im Speckgürtel Hamburgs. „Wenn der nicht in so schöner Lage gewesen wäre, hätte ich ihn nicht genommen“, sagt der Schäfer. Das Dorf Inzmühlen mit seinen 110 Einwohnern besteht aus nur drei Höfen und ein paar Menschen, die in Hamburg arbeiten und hier wohnen. Vor allem gibt es hier Schafe. Am schönsten, so Herold, ist es hier zur Zeit der Heideblüte im Hochsommer.

    Der 63-Jährige kam fast wie die Jungfrau zum Kinde in die Lüneburger Heide und zur Schäferei. In Burgsinn hatte er eine Landwirtschaft, die letzten zehn Jahre rückte er nur noch Holz. Sein Vater hatte ein paar Heidschnucken. Auf dem Weg in einen Skandinavien-Urlaub schaute er 1999 in der Lüneburger Heide bei Walter und Annemarie Exner aus Mittelsinn vorbei, die dort schon 22 Jahre lang eine Schäferei hatten.

    „Hier oben werden immer Schäfer gesucht.“

    Hermann Herold über die Lüneburger Heide

    Es war schönes Wetter, die Heide blühte. Annemarie Exner sagte zu ihm: „Wenn der Walter in Rente geht, könnt ihr die Herde übernehmen.“ Noch im gleichen Jahr, kurz vor Weihnachten habe sie angerufen: „Der Walter hat keine Lust mehr. Es ist so weit, wir hören auf.“ Sie könnten die Herde haben, es gebe aber auch andere Interessenten. Die Herolds überlegten nicht lange: Im Mai übernahm sie die Herde, er brachte seinen eigenen Border Collie mit, einen „super“ Hütehund.

    Sein Vorgänger war einst als angestellter Schäfer in die Heide gekommen. Später übernahm er mit seiner Frau eine Herde. Herold: „Hier oben werden immer Schäfer gesucht.“ Die Exners verkauften dann an den Burgsinner und zogen selbst etwa 30 Kilometer weiter.

    Herold muss beim Hüten immer ein Gegenmittel gegen Kreuzotterngift dabeihaben. Eine alte Hündin ist seit einem Biss angeschlagen, ein dreijähriger Rüde seit einem Biss behindert. In einem Sommer wurden einmal 30 Schafe gebissen, fast alle in den Kopf – sie kriegen dann dicke Köpfe, sehen nichts mehr. Immer hilft auch das Gegenmittel nicht: Von den 30 Tieren gingen fünf ein.

    Seit fünf Jahren gibt es zudem Wölfe. Anfangs sei es „unter den Teppich gekehrt worden“, sagt Herold. Inzwischen gebe es in Niedersachsen fast 30 bestätigte Wölfe. Beim Hüten findet er häufig frisch gerissene Rehe. Vor fünf Jahren sind vier seiner Schafe an der Kehle totgebissen worden, eins war halb gefressen. Ein anderes Mal waren zwei Lämmer tot, eins „ratzeputz aufgefressen“ bis auf Fell und Knochen. Eine Entschädigung zu kriegen, sei jedoch recht langwierig. „Die wollen den Wolf, aber die Schäden nicht bezahlen.“

    Noch größeren Schaden haben aber freilaufende Hunde kurz vor der Lammzeit verursacht. Eigentlich herrscht im Naturschutzgebiet Leinenpflicht, aber vor fünf Jahren machte ein kleiner Jack-Russell-Terrier-Mischling „drei, vier Minuten richtig Rambazamba“ in seiner Herde, bis seine Hunde ihn hatten. Das traurige Resultat: 130 Verlammungen, 28 Mutterschafe starben, weil ihre Lämmer tot im Bauch blieben. Vergangenes Jahr dann gab es einen ähnlichen Vorfall.

    „Jede Menge Touristen“, so Herold, kommen in der Saison in die Lüneburger Heide, 50 bis 200 von ihnen täglich an die Herde. Durch die Heide schlängelt sich der 230 Kilometer lange Heidschnucken-Wanderweg. Doch: „Da gibt es noch abstraktere Dinge“, sagt Herold. Er meint einen Nacktwanderweg ein paar Kilometer weiter. Neulich hat er wieder die ersten Nackten gesehen. Und: „Die machen auch Gruppenwanderungen.“

    „Ich glaube, die sprechen so wie Sie.“

    Gästeführerin kündigt Besuch aus der Heimat an

    Heidschnuckenbraten gilt als Delikatesse der Region, hat aber einen „stolzen Preis“, sagt Herold. „So ein Heidschnuckenbraten mit ein paar Salzkartoffeln und ein paar Bohnen kostet zwischen 20 und 28 Euro.“ Der Preis habe mit der Nähe zu Hamburg zu tun, wo die Leute genug verdienten. Das Fleisch schmecke damwildähnlich.

    Herold war schon fünf Jahre nicht mehr in Burgsinn. „Mir ist die Fahrerei zu stressig.“ Sein Sohn Robert, der neue Bürgermeister von Burgsinn, hat seine Freundin Wiebke oben bei ihm kennengelernt – die sei praktisch das dritte Kind der Exners gewesen. Mit den Leuten dort oben hat Herold keine Probleme. Er sei auch kein Exot, dort wohnten jede Menge Süddeutsche. Einmal bekam er überraschend Besuch vom Siggi aus Schaippach mit einem Bus voll Fahrgästen aus Ruppertshütten, Gemünden und dem Landkreis Main-Spessart. Eine Gästeführerin habe ihn angerufen und gesagt, sie hätte einen Bus voller Leute, die sich gerne die Heide anschauen würden:„Ich glaube, die sprechen so wie Sie.“

    Neben seiner „Spitzenherde“ – „wir haben den Norden erst einmal ein bisschen missioniert“ – haben die Herolds zehn Hunde, Zwergziegen und fünf Kaltblüter, Noriker genannt, mit denen sie Kutsche fahren und hobbymäßig einen Acker bestellen.

    Mehr Informationen zur Schäferei Herold: www.heidschnucken-zwergziegen-noriker.eu

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