Wer den 28-Jährigen in seiner Latzhose beim Werkeln am Haus im Amselweg antrifft, sieht ihm den „High-Tech-Job“ nicht an. In immer noch leicht vorhandenem „Höschterisch“ erzählt er von seinem Kindheitswunsch, den er sich erfüllt hat. „Ich wollte schon immer Pilot werden. Schon bei den Urlaubsflügen mit meinen Eltern war mir klar: Das will ich unbedingt machen!“
Der lange Weg in die Luft
Bis es soweit war, musste er allerdings einige steinige Wege gehen. Nach der Grundschule in Langenprozelten und dem Abitur 1999 am Gemündener Friedrich-List-Gymnasium rief die Bundeswehr. Dort wollte er auch fliegen und hatte das Auswahlverfahren schon bestanden, als er merkte, „das ist doch nicht das richtige Umfeld für mich“. Die Wehrpflicht leistete er schließlich als Panzerpionier in Wildflecken ab.
Danach konzentrierte er sich auf das Auswahlverfahren der Lufthansa, jobbte parallel dazu bei Indramat in Lohr, bis er im Januar 2001 endlich grünes Licht bekam und zu den glücklichen fünf Prozent gehörte, die alle Tests bestanden hatten. Im Mai ging es zur Flugschule nach Bremen, dann ein Jahr nach Arizona, und im Frühjahr 2003 hatte er seine Ausbildung abgeschlossen. „Das war mitten in der Krise“, sagt Haas, „erst zwei Jahre später wurden wieder Piloten gebraucht.“ Bis dahin jobbte er als Lastwagenfahrer und bei verschiedenen Sicherheitsdiensten, bis er als „Urlaubsflieger“ mit dem Airbus A 320 glückliche Ferienreisende fliegen konnte.
Der Wochenplan mit den täglich unterschiedlichen Zielorten von Bergen in Norwegen über Madeira, Teneriffa, Mallorca und Antalya liest sich wie ein Ferienkatalog. Die berufliche Realität des ersten Offiziers – bis zum Kapitän muss Haas noch ein paar Jahre warten – hat allerdings wenig mit Entspannung zu tun. „Bei uns kann man jeden Tag bis zu 14 Stunden verplant werden“, sagt der leidenschaftliche Flieger, der alle drei Monate ein Simultantraining absolviert sowie zweimal jährlich die praktische- und einmal im Jahr die theoretische Lizenzprüfung erneut bestehen muss.
Auf die Frage, ob er auch schon brenzlige Situationen zu meistern oder Angst gehabt habe, kommt ein eindeutiges „Nöö“. Durch das intensive Training seien auch stressige Momente gut zu meistern, ist Haas überzeugt. Schmunzelnd erzählt er, dass er im Januar von Mallorca kommend mitten im Orkan „Kyrill“ ohne Probleme in Frankfurt landen konnte, aber die Heimfahrt mit dem Auto über den Spessart wegen umgefallener Bäume nicht möglich war.
Piloten sind gesucht
Haas rät allen an Technik und Reisen interessierten jungen Leuten, sich die Welt von oben anzuschauen und Pilot zu werden: „Das Fliegen erweitert im wahrsten Sinne des Wortes den Horizont.“ Wichtige Voraussetzungen seien das Abitur, eine ausgeprägte Motivation und körperliche Fitness. Wie in vielen High-Tech-Bereichen herrscht auch beim fliegenden Personal Nachwuchsmangel. Interessant sei, dass mittlerweile bereits 20 Prozent der Bewerber weiblichen Geschlechts sind.
Derzeit sattelt der Airbus-Pilot um und wird in den nächsten drei Jahren mit einem Frachtflieger die Welt umrunden. Auch da wird sich die Möglichkeit bieten, wieder einmal ein Foto vom heimatlichen Maintal und dem Spessart mit den markanten Seen des Pumpspeicherwerks aus 11 000 Metern Höhe zu schießen. Das sei nicht immer ganz einfach, erklärt Haas und zeigt ein Foto, wo gerade Hofstetten von einer weißen Wolke verdeckt wird.
Für den Heiligen Abend hofft er, dass sein Training am Flugsimulator in Zürich rechtzeitig beendet wird, um in diesem Jahr wieder einmal mit der Familie unter dem Christbaum sitzen zu können, auch wenn es spät wird – dann hätte auch eine weiße Wolke über dem Hofstettener Geisberg eine ganz andere Bedeutung.