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HOHENROTH: Ein Herz für die Hausmutter

HOHENROTH

Ein Herz für die Hausmutter

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    Morgens um fünf beginnt Detlef von Zmudas Tag. Er steht auf, frühstückt und geht hinüber in den Stall: Kühe melken, ausmisten, Zäune bauen. Von Zmuda ist kein Landwirt. Seine Frau Christina beginnt zu arbeiten, wenn sie aufsteht. Eine Bürotür, die sie hinter sich schließen könnte, gibt es nicht.

    Die von Zmudas leben gemeinsam mit acht behinderten Menschen in der Dorfgemeinschaft Hohenroth. In dem großen Haus hat jeder sein eigenes Zimmer. Für die Familie mit zwei eigenen Kindern gibt es eine Rückzugsmöglichkeit im obersten Stock: Hier haben sie eine kleine Wohnung, die sie vor allem in den Abendstunden und an freien Tagen nutzen. Während Christina von Zmuda sich vor allem um das häusliche Leben und die Verwaltung kümmert, arbeitet ihr Mann Detlef zusätzlich im Kuhstall. Auch dort betreut er die behinderten Mitarbeiter.

    Kurz nach zwölf Uhr: Lachen erfüllt das große Haus. Nach und nach trudeln die Bewohner von ihren Arbeitsbereichen ein. Es ist Philosophie der Dorfgemeinschaft, dass jeder nach seinen Fähigkeiten und Neigungen mit anpackt. Nur so kann das große Ganze existieren. Sina etwa arbeitet am Vormittag im Pferdestall. Ihre Mundwinkel ziehen sich breit nach oben, als sie Hausmutter Christina ein rotes Herzchen in die Hand drückt. Immer wenn sie pünktlich zur Arbeit kommt – und nicht spazieren geht, ohne sich abzumelden –, erhält sie ein Herz. „Wir sammeln und wenn sie genügend zusammen hat, bekommt sie ein Geschenk von uns“, sagt Hausmutter Christina. Sina weiß bereits, was sie sich wünscht: ein Foto von Familie von Zmuda mit den Kindern Juli (3) und Marieke (2).

    Erst vor zwei Monaten sind die von Zmudas nach Hohenroth gezogen. Ganz unbedarft sind sie allerdings nicht. Die letzten sieben Jahre haben sie ebenfalls in einer Wohngemeinschaft gelebt – mit auffälligen Kindern und Jugendlichen. Während Christina Erzieherin ist, wuchs Detlef im Laufe der Jahre in die Arbeit hinein. „Ich wollte immer eine große Fußballmannschaft von Kindern, ob eigene oder nicht.“ Die hat er nun, wobei der älteste Bewohner im Hause Zmuda bereits 65 Jahre alt ist.

    Geborgenheit in der Familie

    Um kurz nach zwölf versammeln sich alle um den großen Esstisch. Peter bringt den riesigen Topf mit Kartoffelsuppe. Eine Stimmung wie in der Jugendherberge. Alle halten sich an den Händen, sprechen ein kurzes Gebet.

    Dann wird wieder gelacht und gegessen. Das Wohnen in den Hausgemeinschaften vermittelt den behinderten Menschen vor allem Geborgenheit. Ihre Eigenständigkeit wird gefördert, gleichzeitig befinden sie sich in einem Netz sozialer Bindungen.

    Das bedeutet Sicherheit im Alltag. Hausmutter Christina fährt mit den Bewohnern zum Arzt. Sie besucht sie bei der Arbeit in der Bäckerei oder im Stall. Sie verwaltet den Etat des Hauses, hilft beim Umgang mit Geld und bei der Freizeitgestaltung. Jeden Samstag ist Hausabend. Dann entscheiden die Bewohner gemeinsam, was sie unternehmen wollen: Ein Spieleabend, Basteln oder ein kleines Grillfest im Garten.

    Das Arbeitszeitrechtsgesetz macht eine Ausnahme für Mitarbeiter in Lebensgemeinschaften. Nur so ist die Arbeit der Hauseltern überhaupt möglich. Pro Woche haben sie eineinhalb freie Tage, jedes zweite Wochenende ist frei und Urlaub gibt es natürlich auch. Während dieser Zeit vertritt eine Familienhelferin die Hauseltern. Zusätzlich hat jedes Haus eine Haushaltshilfe und eine Praktikantin oder einen Zivildienstleistenden.

    Kein lebenslanges Gelübde

    „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen“, sagt Christina von Zmuda. Von morgens bis abends arbeiten. Die eigenen Kinder in die Krippe stecken. Das ist nichts für die 35-Jährige. Das Leben in Hohenroth hingegen sei ideal für die Familie. Sie profitiert nicht nur von der schönen Umgebung, sondern auch von den eigenen Demeter-Produkten der Dorfgemeinschaft. Viele Einkäufe werden vor Ort getätigt. Die Bäckerei kommt sogar ins Haus. Und für ihre Kinder hat Christina viel Zeit, auch wenn sie sich um die Bewohner kümmert. „Und wir bekommen unheimlich viel zurück. Die Lebensqualität in Hohenroth ist für alle Bewohner sehr hoch“, sagt Detlef von Zmuda.

    Im Durchschnitt bleiben die Hauseltern sieben bis zehn Jahre in der Dorfgemeinschaft. Manche sind schon weit länger da. „Dennoch ist das hier kein lebenslanges Gelübde“, sagt der Dorfleiter Karlheinz Weigand. Er ist froh, dass es immer eine kleine Anzahl von Bewerbern gibt, die sich für die Arbeit am und mit den Menschen in Hohenroth berufen fühlen.

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