Wer war dieser keltische Krieger, der in der Latènezeit ungefähr zwischen 200 und 300 Jahren v. Chr. bei Schönarts begraben worden ist? Wolfgang Merklein, Vorsitzender des Historischen Vereins Karlstadt, und Museumsleiter Werner Kühnlein zucken mit den Schultern. Schwer, etwas über ihn zu sagen. Vermutlich wird er im Stammesverband eine hohe Stellung gehabt haben, da er mit besonderen Grabbeigaben beerdigt worden ist.
Sein Grab wurde 1991 bei Feldbegehungen durch die Archäologische Arbeitsgruppe des Historischen Vereins entdeckt. Die vom Pflug teilweise ausgeackerte Bestattung wurde dann mit Zustimmung des Grundeigentümers und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ausgegraben. Das herausragende Fundstück ist dabei ein rituell verbogenes Eisenschwert von 74,5 Zentimetern Länge. Dieses hat der Historische Verein Karlstadt jüngst restaurieren lassen und es soll ein Glanzstück in der Neukonzeption des Museums für Stadtgeschichte werden, wenn es nach der Renovierung in der Hauptstraße 9 bis 11 wieder öffnet.
Dieses keltische Schwert ist nur ein Zeugnis davon, dass auch die hiesige Region im ersten Jahrtausend vor Christi Geburt von den Kelten besiedelt war. Man spricht von diesem Jahrtausend als dem Zeitalter der Kelten. Sie lebten zu dieser Zeit in ganz Mitteleuropa. Von Irland und Spanien bis nach Anatolien hinterließen sie Spuren ihrer Kultur. Sie bauten Städte, führten Handel und prägten Münzen und gaben dem Main seinen Namen (ursprünglich aus dem Keltischen Moinos).
Kirchberg in Lohr ein Siedlungsplatz der Kelten?
Die 1295 erstmals urkundlich als „Lara“ erwähnte Stadt Lohr verdankt ihren Namen dem gleichnamigen Fluss „Lara“, der von Kelten irgendwann im 1. vorchristlichen Jahrtausend so benannt wurde. „Lara“ war das keltische Wort für Fluss oder Gewässer. Der Flussname wurde in der früher kartenlosen Zeit von Generation zu Generation und über die Jahrhunderte hinweg mündlich weitergegeben, ehe ihn wohl fränkische Siedler für ihre Siedlung übernommen haben. Fachleute sind sich einig, dass der Kirchberg in Lohr schon seit der Latènezeit (5.-1. Jh. v.Chr.) ein keltischer Siedlungsplatz gewesen sein muss. Einige Keramikscherben aus dieser Zeit, die 1978 in der Stadtpfarrkirche entdeckt wurden, stützen diese Annahme. Dies spricht für die besondere Stellung dieses Ortes sowie für eine möglicherweise ununterbrochenen Besiedlung seit damals.
Sprachwissenschaftler fassen Kelten vor allem als Sprecher keltischer Sprachen zusammen. Kelte ist, wer keltisch spricht. Die keltischen Sprachen bildeten eine eigene indogermanische Sprachgruppe. Die Griechen bezeichneten im 5. und 6. Jahrhundert vor Christi die Volksstämme von den Quellen der Donau bis zum Norden Spaniens als Keltoi. Sie übertrugen die Bezeichnung Kelten auf weitere Stämme und Völker, die sie als zusammengehörend wahrnahmen.
Als gesichert gilt, dass die Kelten nie ein geschlossenes Volk oder gar eine Nation bildeten, allenfalls kann von zahlreichen unterschiedlichen ethnischen Gruppen mit ähnlicher Kultur gesprochen werden. Es handelte sich um verwandte Volksstämme, die kulturelle Gemeinsamkeiten hatten und sich dadurch von den Nachbarvölkern unterschieden.
Heutiges Unterfranken am Rande der keltischen Welt
Ihre Spuren hinterließen sie auch im heutigen Landkreis Main-Spessart, wobei Unterfranken am nördlichen Rand der damaligen keltischen Welt gelegen ist. Dieses Fazit zieht jedenfalls Ralf Obst vom Landesamt für Denkmalpflege in seiner Doktorarbeit über die Besiedlungsgeschichte am nordwestlichen Maindreieck. Er folgert dies aus den hier gemachten Funden, die der Keltenzeit zuzuordnen sind. Auch die Indogermanisten sehen das so (siehe Karte), wie die ursprünglich keltischen Flussnamen Main und Lohr belegen.

Obst hat sämtliche Fundstücke analysiert, die im nordwestlichen Maindreieck gefunden wurden, teilweise von ihm selbst. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es während der Hallstattzeit (800 bis 450 v. Chr.) in dem von ihm untersuchten Gebiet im unteren Werntal, westlich von Zellingen, auf der Marktheidenfelder Platte und im Maintal bis zur Wernmündung eine ganze Reihe von Siedlungsplätzen in Hof- oder Weilergröße der Kelten gegeben hat. Bislang nicht nachweisbar ist eine Höhenbefestigung, wie sie etwa für den Würzburger Marienberg belegt ist. Allerdings schließt Obst nicht aus, dass sich auf dem Grainberg bei Gambach eine entsprechende Anlage verbirgt. Von dort stammt der Fund einer Fußzierfibel und einer eisernen Tüllenaxt.

Nachweise von Kelten-Siedlungen gibt es in diesem Gebiet auch aus der darauffolgenden Älteren Latènezeit (450 bis 280 v. Chr.), allerdings in geringerer Zahl. Dies sei charakteristisch für ganz Mainfranken in dieser Zeit, so Obst in seiner Doktorarbeit. Er kommt zu dem Ergebnis, dass zu Beginn der Frühlatènezeit die Bevölkerung zurückgegangen ist. Warum, ist noch ungeklärt. Vielleicht liegt in der großen „Keltenwanderung“ im 4. Jahrhundert v. Chr. eine Antwort. Auch gibt es im von Obst untersuchten Gebiet keine Funde, die einen überdurchschnittlichen Wohlstand oder außergewöhnliches Vermögen in Handwerk und Handel anzeigen können.
Die Bevölkerungdichte nimmt dann hier in der Region laut Obst wieder in der Jüngeren Latènezeit (280 bis 80 v. Chr.) zu. Sie erreicht eine Dichte, die dem hallstattzeitlichen Niveau nahe kommt. Bei den Siedlungen handelt es sich um Hofstellen oder Weiler, manchmal auch nahe beieinander, aber keineswegs sind das stadtartige Anlagen, „Oppida“, wie sie aus Bayern auch bekannt sind. Das Fundspektrum mit teilweise importierter Keramik, Werkzeug, Hausrat und Trachtbestandteilen entspricht dem für ländliche Siedlungen geläufigen Standard. Herausragende Einzelstücke, die in seinem Untersuchungsgebiet gemacht wurden, sind unter anderem ein bronzenes Trensenseitenteil, italienisches Bronzegeschirr wie das Füßchen einer Bronzekanne und Teile eines Bronzeeimers.

Auch das 1991 bei Schönarts geborgene Körpergrab mit rituell verborgenen Schwert fällt in diese Zeit. Das Grab mit der nahezu vollständigen Ausrüstung eines keltischen Kriegers war in einer mit größeren Muschelkalksteinen umstellten Grabgrube eingebettet. Das verbogene Eisenschwert war stark verrostet. Die Klinge steckte in einer eisernen Scheide, an der Dank der Eisenoxidation noch Textilreste vom Gewand zu finden sind.
Gleich nach der Ausgrabung 1991 wurde das Schwert vom Landesamt für Denkmalpflege gefestigt und ins Museum Karlstadt überführt. Dennoch „arbeitete“ das Material weiter und bevor größerer Schaden entstand, entschloss sich der Verein jüngst, das Schwert von einem Restaurator aufwändig restaurieren zu lassen. Hierbei konnten etwa an der Scheide Verzierungen freigelegt werden.
Rituelle Verbiegung des Schwerts
Dass das Schwert verbogen ist, ist keine Folge des Verfalls. „In vor- und frühgeschichtlicher Zeit kommt es immer wieder vor, dass Grabbeigaben unbrauchbar gemacht werden“, erklärt Obst. Schwerter seien zumindest in mittelalterlichen Überlieferungen auch magische Objekte, denen man Namen gab. Es gehe dabei um die Mitgabe der befreiten Seele des Objekts ins Jenseits.
Für Obst ist bewiesen, dass die Region hier aufgrund der guten Böden, des milden Klimas und der Topographie seit der ältesten Jungsteinzeit besiedelt ist.
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Hallstatt und Latènezeit Das Zeitalter der Kelten umfasst die Hallstattzeit (800 bis 450 v. Chr.) und die Latènezeit (450 bis Chr. Geburt). Zusammen werden die beiden Kulturen auch die (vorrömische) Eisenzeit genannt, denn die Menschen in unserer Gegend haben ab 800 v. Chr. gelernt, aus Eisen Eisenerz zu gewinnen und Eisenprodukte herzustellen. Dazu bedurfte es sehr hoher Temperaturen. Die primitiven Öfen der Bronzezeit konnten diese Temperaturen nicht erreichen. Hallstattzeit: Am Salzberg bei Hallstatt in Oberösterreich wurde 1846 ein ausgedehntes Gräberfeld entdeckt und teilweise ausgegraben. Das Gräberfeld umfasst über 1000 Gräber. In Frauengräbern fand man Fibeln, Gürtel und Schmuck, in Männergräbern Nadeln und Waffen. Dieser spektakuläre Fund gab daher eine ganzen Epoche ihren Namen. Der Wohlstand der Bevölkerung ist in den Grabbeigaben des berühmten Hallstätter Gräberfeldes dokumentiert und beruht zum großen Teil auf dem Salzhandel. Intensive Kontakte bis ins antike Griechenland sind belegt. Latènezeit: Die Latènekultur, benannt nach einem Fundort im Neuenburgersee in der Schweiz, entwickelte sich unter mediterranem Einfluss aus der nordwestalpinen Hallstattkultur. Zu den Besonderheiten gehören zahlreiche bis heute relevante Neuerungen in Handwerk, Handel und Siedlungswesen sowie ein eigenständiger Kunststil wie Schmuck aus Glas wie Glasarmringe, Fingerringe und Ringperlen. Quelle: wikipedia
Literatur: Obst, R.: Die Besiedlungsgeschichte am nordwestlichen Maindreieck vom Neolithikum bis zum Ende des Mittelalters. Würzburger Arbeiten zur Prähistorischen Archäologie, Bd. 4 (2012).
Gerlach, St.: Ein mittellatènezeitliches Körpergrab mit Schwert bei Eußenheim, Lkr. Main-Spessart. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 1991 (1992), S. 98 ff.
Dannheimer H. / Gebhard R. (Hrsg.): Das keltische Jahrtausend. Begleitband zur Ausstellung vom 19.5.–1.11.1993 in Rosenheim. Ausstellungskatalog der Prähistorischen Staatssammlung 23 (München 1993).