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HOLZKIRCHEN: Ein leises Instrument der Dichter und Denker

HOLZKIRCHEN

Ein leises Instrument der Dichter und Denker

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    Chinesische Griffbrettzither: Am Samstagabend stellte Manfred Dahmer im Holzkirchener Benediktushof die „Qin“ im Rahmen eines Gesprächskonzerts vor.
    Chinesische Griffbrettzither: Am Samstagabend stellte Manfred Dahmer im Holzkirchener Benediktushof die „Qin“ im Rahmen eines Gesprächskonzerts vor. Foto: Foto: Martin Harth

    Auf Einladung des Benediktushofs und der Medizinischen Gesellschaft für Qigong-Yangsheng gastierte am Samstagabend Manfred Dahmer aus Freiensteinau im Zentrum für spirituelle Wege in Holzkirchen.

    Als junger Mann, geleitet von den Idealen des Kommunismus, war Dahmer in das damalige Rotchina gereist und sah sich schon bald bitter enttäuscht. Die Kulturrevolution 1966-1976 hatte ein unvorstellbares Maß an Unfreiheit und Vernichtung historischer Kultur über das Land gebracht. Von 1978 bis 1980 lernte der Sinologe Dahmer in Beijing das Spiel auf der Qin und gilt seitdem als bedeutender Vermittler der Kunst auf der chinesischen Griffbrettzither.

    Qin-Kompositionen seien zumeist Miniaturen mit außermusikalischen Titeln – wie Lieder ohne Worte. Der profunde China-Kenner verstand es, bei seinem mehr als zweistündigen Gesprächskonzert Bezüge zwischen dem fernen Land und der europäischen Kultur zu schaffen. Sein Vortrag war nüchtern, ohne Schwärmerei, bisweilen humorvoll und stets mit Substanz.

    Da konnte es um Details der Kompositionskunst gehen oder um Bezüge der chinesischen Poesie zu Dichtern unseres Kulturkreises. Zu Wort kamen unter anderem Paul Fleming (1609-1640) mit „Gedanken über die Zeit“, der Würzburger Max Dauthendey(1867-1918) mit Betrachtungen über Raben, der erst kürzlich verstorbene Österreicher Franz Richter oder Christoph Meckel (geb. 1935) mit dem Gedicht „die Krähe“.

    Die Qin (ausgesprochen: Tschinn) führte Dahmer als eine Wölbbrettzither mit einem langen, ein wenig spitz zulaufenden Resonanzkasten ein. Dieser wird aus dem Holz des Wutong-Baums mit zwei Schalllöchern auf der Rückseite gefertigt. Sieben leicht fächerartig laufende Saiten können mit einem komplexen Mechanismus über einen Sattel rechts des Spielers gestimmt werden (C,D,F,G,A,c,d). Es gibt weder Stege noch Bünde, aber 13 Griffmarkierungen. Die beiden tiefsten Saiten haben übertragen die Bedeutung des Herrschers und der Würdenträger. Auf den weiteren Saiten folgen das Volk und die Dinge. Die Qin ist ein Soloinstrument mit über 3000-jähriger Geschichte. Eine Notation mit etwa 300 Schriftzeichen schreibt genau vor, wie der Spieler die Töne zu greifen und anzuschlagen hat.

    Die Freiheit eigener Interpretation, die Dahmer brillant demonstrierte, liegt vor allem im Tempo und in der Emotionalität des Spiels, die nicht vorgegeben sind. Typisch sind gleitende Glissando-Effekte, Vibratos, aber auch klaren Flageoletttöne oder Rasgueado-artige Anschläge wie beim spanischen Flamenco.

    Die leise tönende und für europäische Ohren unvertraute Qin ist ein Instrument privater Meditation und Konzentration, ein Instrument der Herrscher, Intellektuellen, Gelehrten, Maler, Dichter und Philosophen. Die musikalischen Miniaturen berichteten, chinesischen Vorlieben entsprechend, von Krähen, Kranichen oder Wildgänsen, begleitet von Formen traditioneller chinesischer Poesie. Ein Höhepunkt waren die etwas moderner anmutenden Auszüge aus „Guanglingsan“ einer Art Suite mit 45 Teilen zu einem Sagengeschehen um das Thema Tyrannenmord.

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