Zur Goldenen Hochzeit ins Kino zu gehen, ist eher ungewöhnlich. Im Fall von Karin und Martin Wirsching, die am Mittwoch dieses Ehejubiläum feierten, ist es aber die logische Konsequenz. Denn am Anfang ihrer Beziehung stand der Besuch des Kinofilms „Eine Frau fürs ganze Leben“.
„Wir haben uns 1960 im Hotel Englert in Würzburg am Markt kennengelernt“, berichtet Martin Wirsching. Für den Koch war dies bereits der zweite Arbeitsplatz; die Urspringerin Karin Ehehalt begann im Alter von 16 Jahren ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau. „Wir haben uns gesehen und die Chemie hat gepasst“, erinnert sich Karin Wirsching.
Zu seinem 18. Geburtstag im November 1960 wollte Martin mit seiner Kollegin Karin erstmals alleine ausgehen. Er lud sie ins Kino ein. Als die beiden wie verabredet vor dem Bavaria-Kino auf der Würzburger Juliuspromenade standen, wollte Karin einen Rückzieher machen. „Als ich den Titel gesehen habe, wurde mir mulmig“, gibt sie offen zu. Doch Martin überredete sie. Und so schauten sich die beiden den deutschen Spielfilm mit Klausjürgen Wussow und Ruth Leuwerik in den Hauptrollen bei ihrem ersten Rendezvous an und waren fortan ein Paar. Vier Jahre später heirateten die beiden und leben seitdem in Urspringen.
Nachdem vor einem Jahr die ersten Planungen für die Goldene Hochzeit anstanden, überlegte sich Tochter Evi, wie sie ihren Eltern eine Freude bereiten könnte. Sie beschloss, den Film für die beiden als Exklusivvorstellung im Kino spielen zu lassen. Sie nahm Kontakt zum Marktheidenfelder „Movie“ auf und stieß auf offene Ohren. „Schau mal, dass du den Film bekommst, dann machen wir das schon“, meinten Oliver und Guido Hauguth vom Kino. Doch die Überraschung drohte zu platzen, weil sich das Besorgen des Films als deutlich schwieriger herausstellte als gedacht. Beim Kinoverleih und auch im Internet war der Film nicht zu bekommen. Evi Klingler wandte sich schließlich an den Bayerischen Rundfunk: „Ich habe einen Brief geschrieben und die Geschichte meiner Eltern erzählt.“ Wenig später erhielt sie jedoch einen Anruf, dass die Filmrechte bei der Murnau-Stiftung liegen und es ein kostspieliges Unterfangen wäre, diese zu erwerben. Doch es klappte: Eine Woche später bekam die Urspringerin eine E-Mail vom Mitschnittservice des Bayerischen Rundfunks, sie möge bitte 40 Euro überweisen und der gewünschte Film werde ihr zugeschickt. Und tatsächlich, nach etwa einer Woche traf die DVD in Urspringen ein.
Der Überraschung stand also nichts mehr im Weg. Und so lud Evi Klingler am Sonntag ihre ahnungslosen Eltern um 9 Uhr ins Auto und setzte sie am Marktheidenfelder Kino ab. Inhaber Johannes Bröstler spendierte einen Prosecco, ehe das Jubelpaar im Kinosaal 2 seine Privatvorführung von „Eine Frau fürs ganze Leben“ bekam. „Ich habe den Film ja gekannt, aber so intensiv habe ich ihn noch nie gesehen“, gab Martin Wirsching nach der Vorstellung gerührt zu und erntete von seiner Frau zustimmendes Nicken.
Goldene Hochzeit von Karin und Manfred Wirsching
Der Bräutigam Martin Wirsching wurde am 20. November 1942 als fünftes von sieben Kindern in Ochsenfurt geboren. Seine Eltern betrieben den Gasthof „Zur goldenen Post“. Nach Ausbildung zum Konditor lernte er in Würzburg den Beruf des Kochs, den er nach verschiedenen Stationen, ab 1970 als Meister, bis zum Erreichen des Rentenalters im Juliusspital in Würzburg ausübte. Zu seinen Hobbys zählen die Musik und das Singen. Er gehörte dem Kirchenchor an, singt beim Männergesangverein und der Singgruppe. Neben Lesen gehört noch das Kochen zu seinen Leidenschaften.
Die Braut Karin Wirsching, geborene Ehehalt, erblickte am 14. März 1944 das Licht der Welt. Ihren Eltern gehörte das Gasthaus „Goldener Stern“ in Ursrpingen. Nach Lehrzeit und Hotelfachschule arbeitete sie in der elterlichen Gaststätte. Bis 1990 führten Karin und Martin Wirsching zusammen mit Mutter Hedi den „Goldenen Stern“, ehe sie ihn aus gesundheitlichen Gründen schließen mussten. Bei Karin Wirsching stehen Krimis hoch im Kurs – als Lektüre oder im Fernsehen. Zur Familie der Wirschings, die gerne an die Nordsee fahren, zählen zwei Kinder und drei Enkelkinder. Text: VO