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GEMÜNDEN: Erinnerung an ermordeten Jungen aus Gemünden

GEMÜNDEN

Erinnerung an ermordeten Jungen aus Gemünden

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    „Mitten unter uns“: Schüler hören sich bei der Ausstellung über Landjuden in der FLG-Aula ein hebräisches Gebet, ein Lied in jiddischer Sprache und ein Interview mit einem ehemaligen christlichen Dienstmädchen, das Dienst in einer jüdischen Familie tat, an.
    „Mitten unter uns“: Schüler hören sich bei der Ausstellung über Landjuden in der FLG-Aula ein hebräisches Gebet, ein Lied in jiddischer Sprache und ein Interview mit einem ehemaligen christlichen Dienstmädchen, das Dienst in einer jüdischen Familie tat, an. Foto: Foto: Björn Kohlhepp

    Das P-Seminar „Wir wollen erinnern!“ der elften Klassen des Friedrich-List-Gymnasiums unter Leitung des Lehrers Jürgen Endres hat mit persönlichem Einsatz die Ausstellung „Mitten unter uns“ über das Landjudentum in Unterfranken in die Aula des FLG geholt. Ein Schüler hat mit seinem Vater und einem Anhänger die Tafeln nach Gemünden geholt. Zur Ausstellung hinzugefügt hat das P-Seminar Informationen zu Nathan Weinberg, einem kleinen jüdischen Jungen aus Gemünden, der 1941 im Alter von nur sechs Jahren nach Minsk deportiert und dort getötet wurde. Für ihn soll bald der siebte Stolperstein in Gemünden verlegt werden, sagt der Gemündener Initiator Ulf Fischer.

    Als Gastredner bei der Eröffnungsveranstaltung am Donnerstagmorgen sprach der ehemalige Gemündener Hauptschullehrer Wolfgang Weinig, der sich schon lange mit dem Judentum in Gemünden beschäftigt. Er zeichnete das Leben und Leiden der jüdischen Gemündener Laura, geb. Mainzer, und Nathan Sichel nach. Schuhmacher Nathan Sichel, 1873 in Mittelsinn geboren, war in den 1920er Jahren Stadtrat in Gemünden. In der Pogromnacht am 9./10. November 1938 wurde ihr Haus von Gemündener SA-Leuten verwüstet. Der 9. November war Lauras Geburtstag und auch der ihrer Zwillingstöchter Sidonie und Lissi.

    „Wie ein Stück Vieh“, so Weinig, wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert und dort am 22. Februar 1943 ermordet. Für das Ehepaar liegen Stolpersteine auf dem Gemündener Marktplatz. Die Verlegung am Wunschort, nahe des 1945 zerstörten Hauses am Mühlgraben, scheiterte laut Weinig am Widerstand eines Bürgers, der fürchtete, als Nutznießer der Judenvertreibung gebrandmarkt zu werden. Den beiden Sichel-Töchtern gelang die Flucht in die USA. Steven Berney, Sohn von Sidonie Sichel und des Karbachers Seligmann Berney, ist emeritierter Medizinprofessor und hat inzwischen selbst Enkel. Ein FLG-Schüler steht in Kontakt mit ihm.

    Den Lebensläufen von vier unterfränkischen Juden, die bei der Ausstellung auf Aufstellern zu sehen sind, haben die FLG-Schüler auch das Schicksal des kleinen Nathan Weinberg hinzugefügt, der dieses Jahr 80 Jahre alt würde. Ein Bild zeigt ihn mit seiner Mutter Fanny. Sein Vater war Lehrer unter anderem in Adelsberg, sein Onkel mütterlicherseits, Arthur Kahn, starb am 12. April 1933 durch einen Kopfschuss im KZ Dachau. Kahn gilt als Würzburgs erstes Opfer der Naziherrschaft.

    Das P-Seminar geht noch bis 2016, am Ende soll ein Faltblatt über Juden in Gemünden entstehen, so Lehrer Endres.

    Die Wanderausstellung über Landjuden in Unterfranken

    Die sehenswerte Ausstellung „Mitten unter uns“, die sich mit dem Thema Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert beschäftigt, ist bis 6. Februar in der Aula des FLG zu besichtigen. Die Wanderausstellung präsentiert am Beispiel jeweils eines Landkreises verschiedene Themen, darunter Einrichtungen jüdischer Gemeinden, die Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie Frau und Mann in der jüdischen Tradition. Zum Thema der jüdischen Sprachen findet sich zudem eine Audiostation.

    Eine Besichtigung der Ausstellung im List-Gymnasium ist werktags zwischen 8 und 16.30 Uhr (freitags bis 15 Uhr) möglich. Man erfährt etwa, dass Juden in Gemünden und Rieneck erstmals 1298 erwähnt werden.

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