Erwin Fertig ist wieder da: Der Gründer des weltweit erfolgreichen Automatisierungsspezialisten Elau (Marktheidenfeld) hat eine neue Firma ins Leben gerufen – die Fertig Motors GmbH mit Sitz im Altfelder Gewerbegebiet. Dort will der Unternehmer ab Ende 2011 wieder Servomotoren für die Maschinenbau-Industrie herstellen.
Obwohl der Marktheidenfelder kürzlich 63 Jahre alt geworden ist, war er schon fünf Jahre im Ruhestand. 2005 trat er vom Elau-Vorsitz zurück, nachdem er den Betrieb an den französischen Konzern Schneider Electric verkauft hatte. Fertig und sein Partner Heinz Lang aus Neustadt hatten das Unternehmen 1978 gegründet und in 27 Jahren an die Weltspitze geführt.
Dieses stetige Wachstum wurde schließlich zum Problem. Elau war für die großen Konzerne zum Gegner geworden: „Siemens, Bosch und Rockwell“, zählt Fertig auf. „Da können Sie vielleicht eine Schlacht gewinnen, aber keinen Krieg.“ Also gehörte die „Perle“, wie Fertig sein ehemaliges Unternehmen nennt, in die Hände eines global agierenden Konzerns.
Damals kam für Fertig nur Schneider Electric in Frage. Die logische Folge: Fertig gab mit dem Verkauf seinen Vorstandsvorsitz auf, wechselte für kurze Zeit in den Aufsichtsrat und schied schließlich ganz aus. Als Angestellter in seinem ehemaligen Unternehmen weiterzumachen, sei unmöglich gewesen.
Doch Schneider drängte nicht nur Fertigs Einfluss zurück. Der Konzern brachte Elau insgesamt auf seine Linie. Das bedeutete, dass auch der noch von Fertig bestimmte Nachfolger, Fertigs Tochter und ihr Mann sowie Mitarbeiter der Motorenherstellung (Drive Tech) bald keine Zukunft mehr bei Elau hatten.
Das packte den Unternehmer bei der Ehre; er dachte an eine Firmenneugründung. Drei Gründe seien für ihn ausschlaggebend gewesen: „die soziale Verantwortung für die ehemaligen Mitarbeiter, der Spaß am Beruf und Hans Beckhoff“.
Beckhoff, Mittelständler wie Fertig und sein neuer Partner, produziert in Verl bei Bielefeld wie Elau Steuerungselektronik. Während Elau sich allerdings auf Verpackungsmaschinen spezialisiert hat, ist Beckhoffs Produktpalette breiter: Windkraftanlagen, CNC-gesteuerte Werkzeugmaschinen, Robotik oder intelligente Haustechnik sind nur einige Anwendungsbeispiele. Für Fertig ist Beckhoff in der Automatisierungstechnik ein technologisch führendes Unternehmen in der Welt.
„Die Firma trägt meinen Namen und ich habe die Verantwortung.“
Erwin Fertig Marktheidenfelder Unternehmer
Fertig schätzte Beckhoff schon zu Elau-Zeiten, als sie auf dem Sektor Verpackungsmaschinen Konkurrenten waren. 2009 traf dann der Ingenieur Fertig den Physiker Beckhoff bei einer Messe und die beiden kamen miteinander ins Geschäft. Fertig soll künftig die Antriebe für Beckhoff Automation bauen. Denn die kauft der Betrieb bislang zu. So gründeten beide im Mai das Gemeinschaftsunternehmen Fertig Motors GmbH, an dem Beckhoff die Mehrheit hält, Fertig aber alleiniger Geschäftsführer ist. Die strategischen Entscheidungen treffen beide; fürs operative Geschäft ist Fertig allein zuständig.
Die neuen Partner haben Großes vor: Beckhoff will den Umsatz seines Unternehmens von über 300 Millionen Euro im Jahr auf eine Milliarde hochschrauben. Die Altfelder Motorenproduktion soll daran einen Anteil von 25 Prozent haben. Für Fertig bedeutet das, bis 2015 etwa 50 000 Motoren pro Jahr bauen zu wollen, mittelfristig 100 000 Stück. Die Motorenproduktion erzeuge eine „Wahnsinnskundenbindung“, weiß Fertig, der sich ein nachhaltiges Geschäft verspricht.
Fertig setzt für ein „gescheites Motorenwerk“ auf den Standort Marktheidenfeld. 15 Mitarbeiter finden heute schon in einem gepachteten Gebäude in der Max-Braun-Straße Lohn und Brot; die meisten Entwicklungsingenieure und Konstrukteure kamen von Elau.
Fertigs Partnerin hat auf seine Unternehmensgründung gelassen reagiert. „Wenn du das machen willst, dann mach' es“, lautete ihr Kommentar. Als Ausgleich zur Arbeit gönnt sich das Paar hin und wieder ein verlängertes Wochenende, um in den Bergen wandern zu gehen.
Fertigs jüngerer ehemaliger Partner, Heinz Lang, hatte dagegen keine Lust mehr, aus dem Ruhestand zurückzukehren und in die neue Firma einzusteigen. „Der spielt nur noch Golf“, sagt Fertig ebenso bedauernd wie verständnisvoll.
Und wann denkt Fertig an seinen zweiten Ruhestand? „Ich möchte die Arbeit so lange machen, bis die Produktion läuft“, legt der agile Macher sich nicht fest. „Die Firma trägt meinen Namen und ich habe die Verantwortung. Darauf halten wir Mittelständler noch etwas.“
Stichwort: Beckhoff Automation GmbH
In Verl zwischen Bielefeld und Gütersloh hat die Beckhoff Automation GmbH ihren Firmensitz. Der Physiker Hans Beckhoff leitet den Familienbetrieb in zweiter Generation.
1650 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen weltweit.
9 Niederlassungen hat Beckhoff in Deutschland.
28 Tochterfirmen bzw. Niederlassungen existieren in verschiedenen Ländern.
70 Vertretungen vertreiben die Produkte des Unternehmens auf allen Kontinenten.