Das neue Bau- und Gewerbegebiet Welzengraben stand nicht als eigener Punkt auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung im Esselbacher Gemeinschaftshaus, dennoch kochten die Emotionen hoch. Bürgermeister Richard Roos kritisierte ein jüngst im Ort verteiltes Flugblatt der Gegner des Projekts. "Da sind bewusst Tatsachen verdreht", meinte er. Auch Gemeinderat Karl-Heinz Hübner schimpfte: "Wir müssen was tun", forderte er vehement. Aus seiner Sicht seien viele nicht richtig informiert. Das erlebe er in Gesprächen. Er stellte den Antrag, sofort gegenzusteuern. Auch Gemeinderat Christian Dinkel sah sich "am Nasenring durch die Arena" geführt.
Bürgermeister Roos bestätigte, dass bereits zehn Prozent per Briefwahl gewählt hätten. Eine hohe Wahlbeteiligung zeichne sich ab. Im Anschluss an die Sitzung traf sich der Gemeinderat daher im Rathaus, um gemeinsam ein Flugblatt für das Bebauungsgebiet Welzengraben aufzusetzen. Laut Bürgermeister Roos hätten sich alle Gemeinderäte daran beteiligt. Es soll in der nächsten Woche verteilt werden.

Der Bürgerentscheid zum Gewerbegebiet Welzengraben wird am Sonntag, 3. April, stattfinden. Zur Abstimmung steht die Frage: Soll der Bebauungsplan gestoppt werden? Im Folgenden sind im Faktenscheck die Argumente über das Für und Wider zum neuen Baugebiet.
Argument: Es sind nur wenige Neuansiedlungen im Bau- und Gewerbegebiet geplant.
Richtig ist, dass das neue Gewerbegebiet dort ein Großteil der bestehenden Bebauung legalisiert, der derzeit im Außenbereich liegt, darunter das Jugendheim neben dem Hartplatz und das Anwesen von Konni-Antennen. Der Kredenbacher Hof ist als landwirtschaftliches Anwesen genehmigt, allerdings nicht die Dienste, die dort mittlerweile angeboten werden wie beispielsweise die Tierarztpraxis. Zunächst war das Gewerbegebiet mit einer Größe von acht Hektar geplant. Da aber eine Fläche westlich des Welzengraben gestrichen worden ist, die als Holzlager gedacht war, umfasst es nur noch sieben Hektar. Für Neuansiedlungen bleiben sechs Grundstücke übrig, die im Eigentum der Gemeinde sind. Dafür gibt es laut Bürgermeister Roos Interessenten, die er aber nicht nennen darf, da die Bewerbungen nicht öffentlich sind. Es sollen ortsansässige Handwerkerbetriebe sein. Dass sich ein großer Industriebetrieb dort ansiedelt, erscheint aufgrund der geringen Größe der Grundstücke als ausgeschlossen. Man kann es als Vorteil ansehen, dass die Gemeinde den örtlichen Betrieben die Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln.

Argument: Das Bebauungsgebiet in seiner geplanten Größe ist nur der Anfang. Die Ausweitung des Gebietes westlich vom Welzengraben ist der nächste Schritt.
Das kann niemand ausschließen. Gemeinderat und Bürgermeister haben sich so geäußert, dass eine Ausweitung nicht vorgesehen ist. Dies ist ihnen zu glauben. Aber auch sie wissen nicht, ob das in einigen Jahren von einem anderen Gemeindeparlament anders beurteilt wird.
Argument: Die Kosten für das Bau- und Gewerbegebiet mit der neuen Straße sind zu hoch.
Laut Kalkulation soll die gesamte Baumaßnahme mit Bau der Straße, Kanal, Entwässerungen und Regenrückhaltebecken knapp 1,7 Millionen Euro kosten. Ein Großteil der Erschließungskosten wird auf die ansiedelnden Betriebe und auch auf das Anwesen Konni-Antennen umgelegt. In den Kosten ist auch die Anlage von zwei oberirdischen Regenrückhaltebecken enthalten, die aufgrund der bereits bestehenden Versiegelung in diesem Bereich zum Schutz des Ortes auch ohne neues Baugebiet angelegt werden müssen.
Argument: Das Jugendheim muss abgerissen werden, wenn das Baugebiet verhindert wird.
Derzeit steht das Jugendheim im Außenbereich. Es ist ein Schwarzbau, da es keine Genehmigung gibt. Ob das Landratsamt dies weiter toleriert, steht nicht im Ermessen der Gemeinde.
Argument: Ohne die neue Zugangsstraße wird es keine größeren Veranstaltungen in der Spessarthalle geben, weil die Zufahrt von der Dorfstraße über den Welzengraben dorthin zu schmal ist.
Diese Gefahr besteht, allerdings gibt es behördlicherseits keine definitive Aussage dazu, dass größere Veranstaltungen nicht mehr möglich sind. Für die Genehmigung einer solchen Veranstaltung ist das Ordnungsamt Marktheidenfeld zuständig. Auf Anfrage äußert sich Helmut Fuchs, Leiter der VG-Marktheidenfeld. Er sagt, dass das Ordnungsamt dafür Sorge tragen müsse, dass die Rettungswege bei Veranstaltungen offen sind. Zur Situation in Esselbach meinte er, dass die Zufahrt problematisch sei und diese sich über eine neue Anbindung deutlich verbessern würde. Doch ein Verbot einer größeren Veranstaltung sei jeweils eine Einzelfall-Entscheidung. Dies hinge von vielen Faktoren und Auflagen ab.