„Das Konzept hat uns einfach überzeugt.“
Eine Mutter aus dem Raum Lohr über die Entscheidung für die Florentini-Schule
„Ihr habt alle schon gezeigt, dass in Euch viel Power steckt.“
Schulleiter Robert Wolz zu seinen neuen Schülern
Mädchenbildungswerk ade – Florentini-Schule hallo! So einschneidend, wie das klingt und wie es manche sicherlich auch empfinden, erscheint der Übergang am Kreuzkloster gar nicht. Den Eindruck konnte man am Einführungstag der Fünftklässler vor dem eigentlichen ersten Schultag gewinnen. Mädchen und Jungen zusammen im Unterricht, das ist schließlich normal; und die neue Theodosius-Florentini-Schule startet immer noch mit dem Rüstzeug und Personal des alten Mädchenbildungswerks der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz.
Rüstzeug der Kreuzschwestern
Dieses Rüstzeug, das über Generationen gewachsene Schulkonzept der Gemündener Kreuzschwestern, gefällt den Eltern. Das ergibt eine kleine, nicht repräsentative Umfrage am Rande der Informationsveranstaltung am Montagnachmittag. Es ist – neben dem Schulbesuch älterer Geschwister und ihrer Werbung – nach wie vor der Hauptgrund für die Eltern, ihr Kind hier anzumelden. Jetzt eben auch Buben.
Lange Schulwege spielen da offenbar keine Rolle, zumindest unterliegen sie als Gegenargument in der Entscheidungsfindung für die Schule. Die Neulinge kommen aus allen Teilen des Landkreises, auch aus dem Raum Hammelburg. Besonders stark vertreten, so der subjektive Eindruck, sind außer der näheren Umgebung die Arnsteiner Gegend und das Lohrer Stadtgebiet. Eine detaillierte Auswertung der Herkunftsorte hat Marco Ruck, der kaufmännische Leiter des Kreuzklosters, noch nicht vorgenommen. Zur Anbindung Lohrs hat man sogar eine eigene Schulbuslinie eingerichtet.
Überzeugendes Konzept
Ebenso wenig wie die Entfernungen wirkt sich offenbar das Schulgeld aus, das Eltern für die Florentini-Schule im Gegensatz zu einer staatlichen aufbringen müssen. Es beträgt durchgängig für alle Jahrgänge 45 Euro im Monat.
Eine Mutter aus dem Raum Lohr besucht am Montag die Einführungsveranstaltung
mit ihren zwei Söhnen; der Jüngere kommt in die Realschule, sein großer Bruder geht in die Lohrer Realschule. Auf die Frage, wie diese Entscheidung zustande kam, sagt die Mutter: „Das Konzept hat uns einfach überzeugt.“ Der (jüngere) Sohn sei wohl erst skeptisch gewesen, den Ausschlag habe dann gegeben, dass noch ein weiterer Junge aus der Nachbarschaft sich für die Florentini-Schule entschieden hat.
Schülerzahl fast verdoppelt
90 Kinder (im Vorjahr 55) im Alter von zehn bis elf Jahren sind für die Realschule (54) und das Gymnasium (36) angemeldet, und 27 von ihnen sind Jungen. Sie haben also keinen Grund, sich als Exoten am „heiligen Berg“ oder im „Nonnenbunker“, wie vielfach gespottet wurde, zu fühlen. Zumindest nicht in den vier Eingangsklassen. In vielen neusprachlichen Klassen staatlicher Gymnasien ist der Anteil der Jungen geringer.
Über die Toiletten-Frage war während der unglücklichen Diskussion einer wie auch immer gearteten Zusammenlegung des MBW mit dem staatlichen Friedrich-List-Gymnasium in Gemünden gewitzelt worden. Auch sie ist gelöst: Es gibt ausreichend Toiletten.
Ohne die Neuerung, Jungen aufzunehmen, wäre die Schließung der Schulen über kurz oder lang unumgänglich geworden. Laut Marco Ruck sind die Geburtenzahlen im Raum Gemünden vom Jahr 2005 auf das Jahr 2006 von 190 auf 165 zurückgegangen.
Vier fünfte Klassen
Unspektakulär verläuft der Einführungsnachmittag im Festsaal des Kreuzklosters. Schulleiter Robert Wolz stellt den mehr oder weniger aufgeregten Neulingen die Lehrer vor, manche freuen sich „ganz besonders auf die Zusammenarbeit mit den Jungs“. Für die Schüler der vier Fünften sind die Stühle klassenweise gestellt; die Eltern sitzen an Tischen und können später Kaffee und Kuchen bekommen, während die Klassleiter den Neuen das Klassenzimmer und das Schulhaus zeigen und Organisatorisches wie den Bedarf an Unterrichtsmitteln erklären. Ein gemeinsamer Gottesdienst wird den Nachmittag beenden.
Namensschider und Süßes
In den Klassenzimmern begrüßen Namensschildchen auf den Tischen die Kinder, und es gibt Tütchen mit Gummibären. Schülerinnen aus höheren Klassen haben sich den Fünftklässlern als Tutorinnen zur Verfügung gestellt. Sie hätten für jeden Monat eine Unternehmung mit ihren Schützlingen in Planung, und „auch die Klasslehrer werden viel mit Euch unternehmen“, verheißt Wolz.
Er versucht, den Kindern die Scheu vor ihrem neuen Lebensabschnitt zu nehmen. Die Hürde zu den weiterführenden Schulen hätten sie doch gepackt: „Ihr habt alle schon gezeigt, dass in Euch viel Power steckt.“ Jeder Klasse gibt er ein Bäumchen mit, das die Schüler über die gesamte Schulzeit hegen sollen.
Florentini-Bus Zwischen Lohr und Gemünden setzt die Theodosius-Florentini-Schule (ehemals Mädchenbildungswerk) einen eigenen Bus für die Realschüler und Gymnasiasten ein: Die Schülerinnen und Schüler steigen um 7.30 Uhr in Lohr am ZOB in den Florentini-Bus der Firma Sommer-Reisen ein und werden direkt zu ihrer Schule in Gemünden gebracht. Das vereinfacht den Schulweg von Lohr, der bisher zum Teil zweimaliges Umsteigen erforderte. Am Nachmittag kann der Florentini-Bus sogar einzelne Heimatorte der Schüler direkt anfahren (nach Absprache mit der Schule), wenn der öffentliche Nahverkehr keine ausreichenden Möglichkeiten zur Heimkehr bietet.