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ALTFELD / ERLENBACH: Frei wie ein Vogel

ALTFELD / ERLENBACH

Frei wie ein Vogel

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    Dem Himmel entgegen: An der „Nabelschnur“ der Schleppmaschine geht es im Segelflugzeug in luftige Höhen.
    Dem Himmel entgegen: An der „Nabelschnur“ der Schleppmaschine geht es im Segelflugzeug in luftige Höhen. Foto: Foto: Günter Reinwarth

    Nur fliegen ist schöner, sagen viele Piloten über ihr „luftiges Steckenpferd“. Stimmt das? Robert Geyer (15) und sein gleichaltriger Freund Lorenz Reichert müssen nicht lange überlegen, um diese Frage mit einem Ja zu beantworten. Die beiden Erlenbacher Schüler schweben derzeit zwar nicht im siebten Himmel, sondern – zumindest noch in den nächsten Monaten – nur ein paar hundert Meter über dem Altfelder Segelfluggelände mit dem Naturpark Spessart unter den Schwingen. Vor ihnen liegt ein „Leben auf Flügeln“.

    Die beiden Jugendlichen sind quasi „Abc-Schützen der Aeronautik“ und haben den ersehnten ersten Alleinflug und damit die erste Hürde ihrer Segelflugausbildung hinter sich – ohne „beschützende Hand“ ihres Altfelder Fluglehrers Horst Ostrowski. So etwas wie Aufregung habe er nicht verspürt, erinnert sich Robert Geyer an seinen ersten „Luftsprung“. Dass er mutterseelenallein im Cockpit des doppelsitzigen Kunststoffseglers vom Typ ASK 21 saß, sei ihm erst so richtig bewusst geworden, als er die „Nabelschnur“ – das Seil der Schleppmaschine – gelöst hatte und sich frei wie ein Vogel fühlen durfte. Viel Zeit zum Genießen und Nachdenken blieb ihm allerdings nicht, weil ihm die letzten Anweisungen des Fluglehrers durch den Kopf gingen. Nur nichts falsch machen, den Landeanflug richtig einteilen, die Geschwindigkeit halten und Ruhe am Steuerknüppel bewahren. Robert Geyer machte alles richtig, butterweich setzte er den Segler auf die Altfelder Asphaltpiste.

    Bis er die Anschnallgurte gelöst hatte und die Blumen-Glückwünsche von Fluglehrer Ostrowski, Schlepppilot Thomas Fertig, dem Vorsitzenden Jürgen Denk und weiteren Fliegerkameraden entgegennahm, war erst mal Durchatmen angesagt. Dass ihm die Fliegerkameraden nach altem Luftfahrerbrauch seinen ersten Alleinflug mit einem kräftigen Klaps auf den Allerwertesten quittieren würden, wusste der junge Erlenbacher und ließ „die kleine Haue“ über sich ergehen. Aber dass er spontan von seinen künftigen Fliegerkameraden mit Glückwünschen („Hals und Beinbruch“), Blumen und anderen Naturgewächsen für die rundum „saubere Landung“ überhäuft wurde, löste bei ihm doch eine freudige Überraschung aus.

    Die Frage des Reporters, wie er denn seinen ersten Solo-Flug erlebt habe, wusste Robert Geyer spontan zu beantworten: „Das Fliegen macht einfach Freude, und davon nicht zu wenig!“ Nach seinem Alleinflug absolvierte Geyer zwei weitere „Platzrunden“, die ebenfalls ohne Probleme abgewickelt wurden und die Voraussetzung für die so genannte A-Prüfung waren. Man hätte sich fast denken können, was der junge Erlenbacher auf die Frage nach seinem Berufswunsch antwortete: „Pilot“!

    Bis er allerdings den Sidestick eines Airbus bedienen darf, ist es ein weiter Weg. Einen Vorgeschmack erhielt er schon mal während eines Rückfluges von einem Mallorca-Urlaub, als er dem Flugkapitän bis zur Landung über die Schulter schauen durfte. Geyer, der von der Realschule Marktheidenfeld in die Berufsfachschule Wertheim überwechseln wird, sitzt gerne am PC und frönt hier mit größter Leidenschaft dem „Computer-Fliegen“.

    Geyers gleichaltriger Freund Lorenz Reichert besucht das Balthasar-Neumann-Gymnasium, spielt Basketball beim TV Marktheidenfeld und sitzt in seiner Freizeit am Schlagzeug der Erlenbacher Musikanten. Der Kumpel war zwar schon in der Grundschule vom „Flieger-Bazillus“ infiziert worden, letztlich spielten aber väterliche Gene die Hauptrolle, dass er zunächst Segelfliegen lernen möchte und sich später ebenfalls bei der Lufthansa bewerben will.

    Vater Gerhard frönt dem Gleitschirmfliegen und gehörte zu dem Personenkreis, der sich vor Jahren in einem intensiven Kontakt mit der Regierung von Unterfranken um einen Startplatz am Homburger Kallmuth bemühte. Das Resultat: An dem Terrassen-Weinberg dürfen sich keine Gleitschirme um nutzbaren Aufwind bemühen, weil der dortige „Luftraum“ einem geschützten Vogel namens Zippammer vorbehalten ist.

    Auch Lorenz Reicherts erster Alleinflug verlief sehr zur Freude seines Fluglehrers ohne besondere Vorkommnisse. Obwohl er vorrangig das kleine ABC der Aerodynamik im Auge behalten musste, riskierte er beim Anflug auf die Altfelder Piste schon mal einen Blick nach draußen auf die „kleine Spielzeugwelt“. Sein Cockpit-Erlebnis glich ein wenig den Empfindungen, wie sie Reinhard Mey in dem bekannten Song „Über den Wolken“ beschreibt. Endgültig grünes Licht dafür, dass die beiden Flugschüler „solo“ den Steuerknüppel bedienen durften, hatten sie von dem Gruppenfluglehrer des Luftsportverbandes, Günter Goller (Kitzingen), erhalten.

    Als nächstes Ziel haben die beiden Fliegerfreunde das Flugfunkzeugnis in deutscher Sprache vor Augen. Ansonsten fühlen sich die angehenden Jungpiloten in der Altfelder Fliegergemeinschaft richtig wohl. Wenn Udo Roth, einer der dienstältesten Altfelder „Luftkutscher“, anmerkt, dass man die beiden „gut gebrauchen“ könne, dann will er damit sagen, dass Robert und Lorenz bei vielen Arbeiten, die nun mal auf einem Segelfluggelände anfallen, von sich aus zupacken und selbst sehen, wann man eine Schaufel in die Hand nehmen muss. Die beiden Erlenbacher Kumpels dürfen sich auch hinter das Steuer des alten Deutz-Bulldogs setzen und ein Segelflugzeug zum Startpunkt schleppen.

    Altfelds neuer Vorsitzender Jürgen Denk, ein alter Hase im Cockpit, hat die beiden Flugschüler ebenso gerne unter seine Fittiche genommen wie Fluglehrer Horst Ostrowski und Fliegerstübchen-Chef Edgar Roos. Die Vereinsführung bemüht sich geradezu väterlich um Robert und Lorenz.

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