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Frivole und sinnliche Texte mit einem Augenzwinkern

Karlstadt

Frivole und sinnliche Texte mit einem Augenzwinkern

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    Erotische Lyrik und Prosa, teils sinnlich und geistreich, teils derb und
direkt, trug Grete Innig im Lesesaal der Kemenate vor.
    Erotische Lyrik und Prosa, teils sinnlich und geistreich, teils derb und direkt, trug Grete Innig im Lesesaal der Kemenate vor. Foto: FOTO G. ROTH

    Rot und erotisch war der Leseabend in der ansonsten so tugendsamen Stadtbücherei ganz gewiss. Eine rote Rose neben einer roten Kerze auf dem mit schwarzem Samt verhüllten Tisch, ein Paar leuchtend rote "High-Heels" daneben, und die Luft im Saal füllte sich langsam mit sinnlichen Odeurs der aufgestellten Duftkerzen. In den Gläsern der rund 40 erwartungsfrohen Besucher stand meist ebenfalls roter fränkischer "Domina".

    Diesem Ambiente entsprechend erschien dann die Protagonistin im langen schwarzen Kleid zum schwarzen Lockenhaar und natürlich einer leuchtend roten Seidenstola. Die roten Stöckelschuhe zog sie dann allerdings an, denn der Steinfußboden war eben doch zu kühl.

    Wie das Auftreten gestaltete sich auch ihr Vortrag. Natürlich, ungekünstelt und dennoch mit der nötigen Portion Verschmitztheit weckte sie mit ihren Texten Bilder und Emotionen, die bei allen Anspielungen oder sogar Eindeutigkeiten nie unter der Gürtellinie lagen. Sogar frivole und anzügliche Texte oder durchaus harte Anzüglichkeiten brachte sie auf eine freche, frische Art, die kaum zu Peinlichkeiten führte, an ihr Publikum. Vielmehr nahm sie solchen Stellen mit fröhlichem Augenzwinkern galant die Spitze. Hervorragend war ihr sprachlicher Vortrag. Innig las nicht nur, sie kommunizierte ständig mit ihrem Publikum, zeigte eine ausgesprochen abwechslungsreiche stimmliche Modulation und verzichtete dabei auf übertriebene Gestik. Lediglich die Zuhörer in den hinteren Reihen hatten gelegentlich Probleme mit der Akustik.

    Zunächst aber begann sie durchaus klassisch-brav mit inniger, sehnsuchtsvoller Liebeslyrik und -prosa voller Stimmung und Witz. Sie ließ Goethes "Fischer" Bekanntschaft machen mit dem "feuchten Weib", und kaum zog sie ihn und sank er hin, durfte Heinrich Heine der Frau als Gottes schönstes Kunstwerk huldigen, dem dieser gerne seine Studien widmete. Von dem französischen Dichter Jean de la Fontaine erzählte sie die freche Geschichte dreier Damen, die damit prahlten, wie man am kunstvollsten seinen Gatten zum Hahnrei machen könne.

    Auch Heinz Kalau aus der ehemaligen DDR widmete sich dem Thema Liebe mit geistreichem Humor. Sein Bild vom Baum, der sich in inniger Gemeinschaft mit dem ihn umrankenden Efeu bis zur Auszehrung verbindet, schloss mit der Warnung an die Männer: "Die Eva könnte ein Efeu sein!" Kurt Tucholsky, Friederike Brun und Annette von Droste-Hülshoff kamen ebenfalls zu Wort.

    Nach der Pause ging es dann aber zur Sache, das Licht verlosch weitgehend und Grete Innig wandte sich den erotischen Märchen zu. Da war der junge König, der sein königliches Zepter erwachen fühlte und in den Armen einer fülligen Beraterin den Umgang mit demselben erlernt. Während hier die Anzüglichkeiten noch weitgehend in zweideutigen Anspielungen versteckt wurden, nahmen die russischen Märchen nach Aleksander Afanasjew wahrlich kein Blatt mehr vor den Mund beziehungsweise vor die entsprechenden Körperteile.

    Zwar zog sich dabei die eine oder andere Stirne einer der meist weiblichen Zuhörer kraus und hie und da zuckte eine Augenbraue, doch auch hier verstand es die Erzählerin mit natürlichem Charme, die zotigsten Stellen zu entschärfen und ins Humorvolle umzuleiten. Zwischen den Texten sang sie zur Gitarre aufmüpfige Lieder von Helen Vita.

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