In den nächsten drei Wochen können unter dem Titel „Alte Bände in neuem Gewand“ in der Schalterhalle der Karlstadter Sparkasse am Marktplatz ganz außergewöhnliche Schätze aus der Stadtgeschichte besichtigt werden. Der Stadtarchivar Manfred Schneider zeigt dort acht einstmals schwer beschädigte Bücher, die nach aufwändiger Restauration wieder zu Schmuckstücken wurden.
Das absolute Prunkstück ist das Ratsprotokollbuch von 1634 bis 1644, das eindrucksvoll berichtet, wie die Karlstadter während des 30-jährigen Krieges lebten, was sie dachten und worüber ihre Ratsherren damals entscheiden mussten. Ein Aprilscherz der Main-Post hatte im vergangenen Jahr das mehr als 370 Jahre alte Protokollbuch in den Fokus gerückt, berichtete Schneider bei der Vernissage.
Angeblich hatte der Stadtarchivar in der Innenseite des Einbandes eine Urkunde gefunden, wonach die Gründung des Stadtteils Mühlbach auf den fränkischen Hausmeier Karl Martell (gestorben 741) zurückzuführen sei. Damit wäre das Dorf älter als Karlburg.
Die Erneuerung des Ratsprotokollbuchs und der anderen Bücher wurde von der Diplomrestauratorin Henriette Reißmüller durchgeführt. Nach den über dreieinhalb Jahrhunderten wies das Objekt starke Wasser- und Schimmelschäden auf, das Pergament war geschrumpft und die Deckel waren nur noch teilweise vorhanden, das untere Drittel durch den Schimmel vollständig zerstört.
Das gesamte Buch wurde trocken gereinigt, die Spiegel abgelöst und der Einband im Goretex-Sandwich-Verfahren gefeuchtet. Anschließend wurde er unter mäßigem Druck vier Wochen getrocknet. Die Fehlstellen unterlegte die Restauratorin mit eingefärbten Ziegenpergament. Die Deckel konnten nicht wieder verwendet werden. Stattdessen wurden drei Lagen Archivkarton verklebt und passgenau zugeschnitten. 79 Blätter wurden mit Zellulosefasern angefasert, mit Methylcellulose nachgeleimt und übervliest.
Besonders aufschlussreich war die Sanierung des Einbandes. Jeder Deckel bestand aus sieben bedruckten Blättern, gedruckten Seiten einer lateinischen Bibel und Teilen eines gedruckten liturgischen Buches. Im Einband eines Salbuches (Grundbuch) wurden auch bedruckte Blätter mit hebräischen Schriftzeichen gefunden. Archivar Schneider wusste auch den Grund dafür: Weil Papier und Pergament damals kostbar war, wurde nichts weggeworfen. So verwendete man einfach alte Seiten zur Verstärkung neuer Buchdeckel. Noch nicht fertig ist das Salbuch der Stadt Karlstadt von 1593. Anhand dieses Buchs zeigte Henriette Reißmüller Gefahren bei der fehlerhaften Sanierung auf. Es wurde zum Beispiel mit einem falschen Leim geklebt, der langfristig die Seiten auflösen würde.
Neben dem prächtig wiederhergestellten Protokollbuch sind bis zum Ende der Osterferien auch das Fährbuch aus Laudenbach, ein Zinsbuch und das Buch der Feldgeschworenen zu sehen. In den Vitrinen und an den Schauwänden zeigt Schneider minutiös den ursprünglichen schadhaften Zustand der Bücher und den Fortschritt der Restaurierung auf.
Bei der Vernissage dankten der Sparkassen-Gebietsdirektor Peter Schmitt und Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck nicht nur den bei der Restauration Beteiligten, sondern auch den Sponsoren, die mitgeholfen hätten, dass diese Bücher der Nachwelt erhalten blieben. Die musikalische Umrahmung der Veranstaltung lag bei der Gruppe „Saxofun“ unter der Leitung von Günther Sollner.
Die Ausstellung ist bis zum 13. April in der Sparkasse Mainfranken, Marktplatz 2, in Karlstadt zu sehen. Öffnungszeiten sind: Montag bis Freitag von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr, Donnerstag bis 17.30 Uhr.