Hans-Joachim Höhne kann mit seinem Rollstuhl umgehen. Auf seinem Weg in die Altstadt auf dem Zebrastreifen auf der Mainkaistraße bei der Norma stößt er mit seinem Rollstuhl auf eine Bordsteinkante, die mit cirka vier Zentimetern zu hoch ist, als dass er dort drüber fahren kann – für Rollstuhlfahrer ein Problem. Doch Höhne weiß sich zu helfen.
Er dreht den Rollstuhl und schiebt sich rückwärts zuerst mit den großen Rädern hoch. In dieser Stellung hat er mehr Kraft und der Rollstuhl droht auch nicht umzukippen, da er nicht in Rückenlage geraten kann. „Es geht, aber es muss ja nicht sein“, sagt er, als er die Schwelle überwunden hat. Hilfreich wäre es da, wenn die Bordsteinkante abgeschrägt wäre. Im Grunde genommen eine Kleinigkeit, aber mit dieser wäre ihm schon geholfen.
Begleitet wird Höhne an diesem sonnigen Frühlingstag von Emil Wahler, der der stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirats der Stadt Karlstadt ist. Zusammen mit dem Vorsitzenden Dietholf Schröder hat er eine Bestandsaufnahme in Karlstadt über nicht barrierefreie Gehwege vor allem in der Altstadt und der Siedlung ausgearbeitet. Eine knapp 60-seitige reich bebilderte Dokumentation ist so entstanden, die er bereits Bürgermeister Paul Kruck übergeben hat.
Durchgeschüttelt
Wahler hat einen Rollator mitgebracht, den er an der Seite von Höhne durch die Hauptstraße schiebt. Er selbst ist noch gut zu Fuß und braucht ihn nicht, sondern hat ihn nur zur Demonstration dabei. „Man wird ganz schön durchgeschüttelt“, sagt er, als er den Rollator über das Pflaster führt. Darüber würden sich auch viele aus dem Altenheim beklagen. Wahler wirbt daher für einen sogenannten Rollatorweg, einen etwa einen Meter breiten Streifen mit glatt verlegten Steinen, durch die ganze Hauptstraße. „So wie Lohr einen hat“, meint er.
Ein Rollatorweg in der Altstadt wäre natürlich eine große Investition, wenig würde dagegen die Abflachung mancher Übergänge kosten, die für Rollstuhlfahrer schon ein Hindernis sind. Wo es diese in der Altstadt und Siedlung gibt, hat Wahler in seiner Dokumentation erarbeitet. Sie trägt den Titel „Nicht barrierefreie Gehwege zum Befahren mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen“ und zeigt die Problembereiche auf, gibt aber auch Tipps, wie mit einfachen Mitteln Verbesserungen erfolgen können.
Beispiel die Überquerung der Alten Bahnhofsstraße zum Grünstreifen der Jahnanlage: Dort treffen die Rollstuhlfahrer auf eine Bordsteinhöhe von vier Zentimetern. Diese ist ähnlich wie bei dem Zebrastreifen bei der Norma zu hoch, als dass sie einfach darüber rollen können. „Der Übergang könnte mit einer Abschrägung verbessert werden“, sagt Wahler. Das gleiche Problem findet sich bei der Überquerung der Neuen Bahnhofstraße zum Grünstreifen Schnellertor.
Auch in der Siedlung hat Wahler neuralgische Punkte entdeckt. Beispielsweise die Kreuzung Grobenstraße und Mozartstraße – dort ist die Bordsteinhöhe zwölf Zentimeter und es gibt keinen Auslauf für die Rollstuhlfahrer. Von der Bodelschwinghstraße in den Heideweg müssen sechs Zentimeter überwunden werden. Beim Zebrastreifen beim Kiosk Freier ist das Mittelpodest mit einer Bordsteinhöhe von sechs Zentimetern ein Hindernis. Ähnlich ist es beim Übergang zum Gymnasium und zur Mittelschule.
Wie es richtig gemacht wird, hat Wahler am Tegut-Kreisel und dem Kreisel bei der Bahnüberführung Nord dokumentiert. Dort seien die Personenübergänge optimal und vorbildlich. Auch die Energieversorgung hat mit einer Schräge an ihrem Firmensitz für Abhilfe gesorgt.
Viele Stolperfallen
Untersucht wurde von Wahler auch der Stadtfriedhof. Dieser ist für Rollstuhlfahrer nicht barrierefrei, so sein Urteil. Er kritisiert unebene Gänge mit vielen Stolperfallen. Die Toiletten seien sehr sauber, aber nicht barrierefrei. Wie es besser geht, zeigt Wahler am Beispiel des Friedhofs in Karlburg. Dort gebe es keine Beanstandungen. „Alle Gräber sind nummeriert und in einer Flucht.“