(hn/thal/lies) „Wie hoch steigt das Wasser?“ Dies war wohl die am meisten gestellte Frage, mit der sich Roland Manke ab Freitag konfrontiert sah. Am Freitagmorgen ab 9 Uhr hatte der Platzwart des städtischen Campingplatzes „Saaleinsel“ begonnen, die Nutzer von Stellplätzen über die steigenden Fluten zu informieren. Die Entscheidung, ob sie ihre Wohnwagen in Sicherheit bringen, konnte der rührige Platzwart keinem abnehmen.
„Jedes Hochwasser verhält sich anders“, sah sich Roland Manke gegenüber den Campinggästen zu keiner verbindlichen Aussage imstande. Zu Recht, denn gegenüber „normalen“ Hochwassern – zuletzt über Weihnachten – verhalten sich die jüngsten Wassermassen ganz anders. Erreichen die Fluten der Sinn und der Fränkischen Saale meist zu allererst die Dreiflüssestadt und gesellt sich der Main erst sehr viel später hinzu, hatte jetzt die Scheitelwelle der Bundeswasserstraße Vorrang. Erst ab etwa 16 Uhr meldete am Samstag der Pegel in Wolfsmünster die Hochwassermeldestufe eins von vier. In Zahlen bedeutete das einen Wasserstand von 3,30 Metern.
Ruhe herrschte zu diesem Zeitpunkt am Freizeitgelände Roßmühle bei Weickersgrüben. So blieb auch die als Ortsverbindungsstraße zum Campingplatz genutzte Fähre noch in den braunen Fluten der Fränkischen Saale. Allerdings stand die Feuerwehr Weickersgrüben „Gewehr bei Fuß“, bei weiter steigendem Wasserspiegel die Fähre aus der Strömung herauszudrehen und am gegenüberliegenden Ufer zu sichern. Erst 2003 war die Fähre bei dem großen Hochwasser stark beschädigt worden und für sehr viel Geld von der Gemeinde Gräfendorf repariert worden. Doch mehr als die Meldestufe zwei wird bei der Fränkischen Saale am Pegel Wolfsmünster nicht erwartet. Im Bereich des Gemündener Campingplatzes könnte der Wasserstand jedoch noch etwas stärker ansteigen. Dann nämlich, wenn das Mainwasser die Fluten von Fränkischer Saale, Sinn und Mühlgraben zurückdrängt. Aus diesem Grund waren die Verantwortlichen des ESV Gemünden und der Stadt Gemünden frühzeitig aktiv geworden. Am Samstag bauten ESV-Mitglieder die quer zur Fließrichtung angebrachten Zäune des Sportgeländes ab. Auch Mitarbeiter des städtischen Bauhofs und der Stadtverwaltung griffen zum Akkuschrauber und demontierten die gegenüber der Sinnmündung befindlichen Zäune zum Freibad hin. Der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Ernst Michler und die Feuerwehr kontrollierten die Lage auf dem großen Platz, und auch Stadträtin Irmgard Pröschl schaute bei den Campinggästen der Stadt nach dem Rechten. Die Camper konnten ihre Wohnwagen auf dem Großparkplatz der Scherenberghalle in Sicherheit bringen. Am Sonntag waren allerdings nur wenige und bereits geräumte Parzellen überschwemmt. „Etwa ein Drittel unserer Dauercamper habe ich telefonisch nicht erreichen können“, erklärte Platzwart Roland Manke. Die meisten anderen sind auf Nummer Sicher gegangen. Fast pausenlos fuhren sie am Samstagnachmittag auf den Campingplatz. Mit ihren Wohnwagen im Schlepp ging's auf sicheres Terrain.
Ebenfalls am Samstag hatten Bauhofmitarbeiter vorsorglich die Bahnunterführung zur Mainlände verbarrikadiert. Hier sollen die flugs eingebrachten Absperrelemente aus Aluminium verhindern, dass Mainwasser über die Bundesstraße 26 in die tiefer liegende Innenstadt läuft.
Nur die Hoffnung, dass ihre Imbisswagen zwischen Radweg und Mainufer nicht volllaufen, blieb Monika Kraft. Sie konnte die Wagen am Samstag nicht mehr wegfahren, da die einzige für sie passierbare Zufahrt am ehemaligen Hamm-Gelände bereits überschwemmt war.
Ebenfalls nicht mehr alle Boote zu sichern waren im Jachthafen Kleinwernfeld. Die Mitglieder und Bootseigner brachten am Samstag die an den äußeren, fest installierten Landungsstegen liegenden Boote in den Gemündener Schutzhafen. Im ufernahen Bereich, wo sich dem Wasserstand anpassende Pontonstege installiert sind, liegen noch einige Schiffe, darunter eine größere Jacht, deren Besatzung auf Tour vom Hochwasser überrascht wurde. Mehrere Clubmitglieder stiegen mit Wathosen in die braunen Fluten, um die Einrichtungen der Anlage zu sichern. Den Pavillon konnten sie allerdings nicht mehr abbauen, dazu war die Strömung schon zu stark.