Das touristische Saaletal ist vorerst um eine Attraktion ärmer. Familie Reuter schließt ihren Gasthof Sodenberg. Eine Einkehr krönte Ausflüge auf den 506 Meter hohen Hammelburger Hausberg, der viele Gäste auch aus Main-Spessart und darüber hinaus anzieht.
Was nach 22 Jahren für Gäste vor verschlossenen Türen wie ein radikaler Schnitt anmutet, ist für die Familie keiner. „Es war ein Trend“, sagt Wirtin Christa Reuter. Jetzt habe der Familienrat getagt und sich für die Schließung entschieden.
Das Hofgut Sodenberg ist ein Familienbetrieb im besten Sinne. Eingebunden in die Meinungsbildung waren auch die drei Kinder Sabine, Christine und Stefan, die erfolgreich auswärts studieren. Sie waren lange eine Stütze und sind der verbleibenden Schafhaltung weiter verbunden. Hier haben sie viel für das Leben gelernt. Dankbar sind Reuters Verwandten und Bekannten, die im Gasthof halfen. „Wir sind da eigentlich so reingeschlittert“, erzählt Peter Reuter zur Erfolgsgeschichte des Gasthofes. Man habe das fast verfallene Gebäude am Rande des Hofgutes vom Bund zum Hof dazugekauft und dann in einem Jahr renoviert. Es beherbergte bis 1968 schon einmal Gäste, dann lebten Einzelkämpfer die Immobilie herunter.
„Ein Wunder, dass wir es so lange geschafft haben.“
Schäfer Peter Reuter zur Bewirtung des Gasthofes
1988 war Einweihung. Ein Motivator dazu war Mutter Anna Reuter, die für Hochzeiten und Familienfeste in der Gegend kochte und backte. „Ansonsten hatten wir eigentlich gar keine Erfahrung mit der Gastronomie“, erinnern sich die Reuters. Dabei half das Lebensmotto: „Wer nicht viel hat, kann nicht viel verlieren.“ Den Bauhelfern wurde beim Abschlussfest Lammbraten serviert. Der schmeckte allen, und das war dann auch über viele Jahre das Erfolgsrezept. Eigentlich sei das Experiment für einen viel kürzeren Zeitraum ausgelegt gewesen. „Ein Wunder, dass wir es so lange geschafft haben“, blickt Peter Reuter zurück. „Darauf sind wir stolz.“ Doch der Preis dafür war hoch. „Freizeit kennen wir gar nicht“, so Christa Reuter. An den Ruhetagen kümmerte man sich um Dinge rund um die Schafe, die sonst liegenblieben.
Überhaupt verlangt die Schafzucht mit heute 300 Tieren immer mehr ab. Plus Landschaftspflege auf dem Sodenberg. Zudem ist Peter Reuter 2010 zum Vorsitzenden des Landesverbands Bayerischer Schafhalter mit 1600 Mitgliedern gewählt worden. Häufig ist er zu Versammlungen und Vorträgen unterwegs.
Wenn man Abstand brauchte, saß bisweilen das Gasthaus voller Leute. 90 Gäste innen und bei schönem Wetter ein voller Garten. Es gibt auch gute Erinnerungen, an ruhigere Tage. Manche kamen auf einen Kaffee, wenn sie mal mit jemandem reden wollten. Aber: „Die Gäste sind unberechenbarer geworden“, sagt Christa Reuter. Bei trüben Wetter kommt gelegentlich keiner. „Wenn die Sonne scheint, brauchen wir plötzlich sieben bis neun Küchenkräfte und Servicepersonal“.
„Das soll alles spielerisch aussehen“, charakterisiert Peter Reuter die Erwartungen der Ausflügler. Nicht jeder Gast begegne den Herausforderungen einer Schafhaltung gegenüber aufgeschlossen. So sei er schon wegen Sonntagsarbeit beschimpft worden, wenn er den Schafen zu trinken brachte. „Die gleichen Leute wollten dann in der Gaststätte bedient werden“.
Ein Trugschluss sei es, dass die Bewirtung mit Lammfleisch aus eigener Produktion billiger sein müsste. Zum Schlachten habe man bis nach Fulda fahren müssen. Es sei wahnsinnig aufwändig, die Produktionskette vom Stall bis auf den Teller in einer Hand zu halten.
Noch dazu kommt, dass das Interesse an Lamm bei den Einheimischen weniger ausgeprägt sei als bei den Auswärtigen. Lammspezialitäten seien heute eher der hochpreisigen Gastronomie vorbehalten. „Doch das wollen und können wir hier nicht umsetzen“, so Reuter, obwohl es auch in diese Richtung viele Ratschläge gegeben habe.
Zur Weiterführung des Gasthofes wäre jetzt mal ein neues Konzept wünschenswert gewesen. Ohne Nachfolger mache das aber keinen Sinn. Ein paar Jahre bis zu einer Übernahme im Familienkreis hätte man überbrückt. Aber die Schäferei könne man ja wegen der schwierigen Rahmenbedingungen nicht mehr ohne Weiteres empfehlen.
Wenn jemand mit einem guten Konzept komme, sei man einer Verpachtung nicht abgeneigt. „Wir haben aber keinen Druck“, sagt Reuter. Sodenberg-Fans müssen sich vielleicht nicht für immer vom Kaffee zum Ausblick ins Saaletal verabschieden.