Mit mehreren kräftigen Hammerschlägen schlägt Elina Johannsen eine Holzlatte in den weichen Waldboden. Sie dient der Stabilisierung des Hordengatters, einer Art Holzzaun, den zwei weitere Personen halten. Insgesamt sind es 17 Freiwillige, die im Rahmen des Bergwaldprojekts für eine Woche naturnahen Wald aufforsten und schützen. Die Stimmung ist locker und es herrscht eine familiäre Atmosphäre. Johannsen findet das Projekt "ziemlich cool" und ist schon das zweite Jahr dabei. Simon Zabler, der die Holzlatte nun mit einem Holzdübel an dem Hordengatter befestigt, ist sogar schon das fünfte Mal dabei und hat sich Urlaub für die Projektwoche genommen, um seine Freizeit sinnvoll zu gestalten.

Bergwaldprojekt ist seit Jahren im Gemeindewald willkommen
Betreut wird die Gruppe, die verstreut aus ganz Deutschland stammt, vom Leiter des Forstreviers Marktheidenfeld Matthias Huckle und den zwei Förstern des Bergwaldprojekts Domenik Kopf und Christoph Wehner. Huckle, der selbst schon als Freiwilliger bei einer Aufforstung mit dem Bergwaldprojekt in den Alpen war, freut sich über die fleißigen Helfer und Helferinnen, die mit "viel Liebe und Herzblut" dabei sind, wie er sagt. Auch wenn es organisatorisch ein hoher Aufwand für ihn ist, arbeitet er seit Jahren gerne mit dem Bergwaldprojekt zusammen. Der Verein sei "top organisiert" und es sei "Gold wert", dass die Freiwilligen von ausgebildeten Förster begleitet werden.

Fichten weichen angepassten Baumarten
In Huckles Revier fallen auch die Gemeindewälder von Hafenlohr und Rothenfels, die in dieser Projektwoche mit über 1845 Bäume in naturnahen Wäldern aufgeforstet wurden. Auf den kahlen Flächen standen zuvor Fichten, die der Trockenheit der Jahre 2018/19 zum Opfer fielen. Aus dem toten Fichtenholz wurden die Holzlatten hergestellt, die jetzt auf der Fläche als Zaun dienen. Das tote Fichtenholz bleibt also auf der Fläche und beschützt die jungen Bäume, ein Kreislauf schließt sich. Robuster in trockenem und immer wärmer werdendem Klima sollen Hainbuche, Spitzahorn und Traubeneiche sein, die dieses Mal gepflanzt wurden. Das Hordengatter, das die Freiwilligen errichten, schützt die jungen Bäume vor Wildverbiss.
Nachhaltiges Konzept vom Transport bis zum Holzdübel
Dem Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität will das Bergwaldprojekt nicht nur mit Baumpflanzungen begegnen, sondern auch eine "Vision schaffen und eine gesellschaftliche Transformation anstoßen", wie Domenik Kopf erklärt. Die Prinzipien der Natur sollen auf die Gesellschaft zu übertragen werden. Aus diesem Grund wurde das Pilotprojekt "Suffizienzwoche" ins Leben gerufen, die hier zum ersten Mal durchgeführt wurde. Suffizienz ist ein wenig bekannter Teil von Nachhaltigkeitsstrategien und steht für Reduktion und einen Wandel des Konsums.

Umgesetzt auf die Projektwoche heißt das, dass sämtliche Werkzeuge und Lebensmittel mit fünf Lastenrädern und vier Fahrradanhängern von Würzburg nach Erlach den Main entlang transportiert wurden. Der Rest der Gruppe reiste mit privaten Fahrrädern an, denn auch die tägliche Strecke von der Unterkunft in den Wald wurde mit dem Fahrrad zurückgelegt, "um aus eingefahrenen Mustern auszubrechen", wie Kopf ausführt. Aus diesem Grund blieb auch die Motorsäge daheim und auch auf Schrauben wurde gänzlich verzichtet. Damit die Hordengatter vollständig vor Ort verrotten können, werden stattdessen Holzdübel verwendet. "Den Zaun auf diese Art zu bauen, dauert mindestens doppelt so lange", sagt Christoph Wehner. Auf lange Sicht mache sich der Aufwand nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch bezahlt. Denn den Abbau spare man sich.

Das Konzept kommt bei den Freiwilligen gut an: "Das rundet das ganze Projekt nochmal richtig ab und man macht sich mehr Gedanken", so Bernd Hinrichs, der extra aus Mainz angereist ist. Simon Zabler ergänzt, während er die letzten Werkzeuge zusammensucht, dass der Suffizienz-Gedanke seiner Meinung nach sogar einen Mehrwert darstellt und keinesfalls ein Verzicht sei. Dann werden die Lastenräder beladen und gemeinsam geht es zurück nach Erlach. "Jetzt noch duschen, essen, vielleicht noch ein Bier, dann aber geht es auch schon ins Bett", sagt Elina Johannsen und fährt los. Die Tage im Wald sind anstrengend, aber erfüllend.
Infobox: 1987 wurde das Bergwaldprojekt in der Schweiz gegründet, den ersten Arbeitseinsatz in Deutschland gab es 1991. Sitz des Vereins ist Würzburg. Nach Angaben des Vereins finden dieses Jahr 161 Projektwochen an 81 Standorten deutschlandweit statt. Ziel dabei ist es, Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen und ein Bewusstsein zu schaffen für einen naturverträglichen Umgang mit natürlichen Ressourcen.Quelle: Bergwaldprojekt