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Urspringen: Jüdisches Leben in Urspringen

Urspringen

Jüdisches Leben in Urspringen

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    Das Ensemble Canzonetta Daletta umrahmte die Lesung musikalisch.
    Das Ensemble Canzonetta Daletta umrahmte die Lesung musikalisch. Foto: Gerhard Schmitt

    Anlässlich des diesjährigen Jubiläums "1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland" hatte der Förderkreis Synagoge Urspringen e.V. zu einer "Begegnung in Wort und Klang" in die Synagoge nach Urspringen eingeladen. Christine Kasamas, Vorsitzende des Fördervereins, konnte unter den rund 50 Gästen auch Bürgermeister Volker Hemrich und Pfarrer Stefan Redelberger begrüßen.

    Das Ensemble Canzonetta Daletta mit Monika Tschuschke (Sopran), Annette Wehnert (Barockgeige), Maria S. Becker (Blockflöte), Heike ter Stal (Chitarrone) und Julian J. Becker (Barockharfe) bot in festlichem Rahmen geistliche und weltliche Musik des jüdischen Mantuaner Hofmusikers und Hofkomponisten Salomone Rossi (circa 1570 bis circa 1628). Die Musikerinnen und Musiker trugen außergewöhnliche Psalmenvertonungen und Madrigale (Singgedichte) vor.

    Erste Zeugnisse jüdischen Lebens in Urspringen schon im 16. Jahrhundert

    Die Mitglieder des Beirats Martin Harth und Dr. Leonhard Scherg stellten in ihren ausgewählten Textbeiträgen die Zeit und die Lebensumstände der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Urspringen eindrucksvoll vor.

    Martin Harth ging auf die Geschichte jüdischen Lebens in Urspringen ein, die bereits im 16. Jahrhundert nachweisbar ist. Als Zentrum entstand neben dem früheren Lehrerhaus in der Judengasse die 1803 erbaute Synagoge. Der Anteil der jüdischen Bevölkerung betrug in Urspringen um 1830 etwa 20 Prozent.

    Juden erlebten wechselvolle Zeiten und so gab es im Krisenjahr 1866 beispielsweise auch in Urspringen schwere Ausschreitungen gegen jüdische Familien und Anwesen. Die jüdische Gemeinde in Urspringen schrumpfte durch Wegzüge und Auswanderung, vor allem in die USA, beträchtlich.

    So ist unter anderem belegt, dass 1878 der nicht einmal zwanzigjährige Simon Kissinger, verwandt mit dem späteren US-Außenminister Henry Kissinger, seine Stelle als Lehrer an der jüdischen Schule in Urspringen antrat. Er heiratete 1884 Babette Fränkel aus Urspringen. Das Ehepaar hatte sieben Kinder. Vermutlich noch vor dem Novemberpogrom 1938 zog der seit 1919 verwitwete Simon Kissinger zu seinen beiden später im Holocaust ermordeten Söhnen Julius und Ferdinand.

    Er starb mit fast 80 Jahren am 15. Februar 1939 in München. Schon 1923 kritisierte Simon Kissinger in der Zeitung "Der Israelit" den Verlust jüdischer und religiöser Tradition und empfahl eine Rückbesinnung zur Bekämpfung eines wachsenden Antisemitismus.

    Gedenkstätte und Museum pflegen Erinnerung an jüdisches Leben

    Erinnert wurde von Martin Harth und Dr. Leonhard Scherg auch an Ludwig Freimark, der 1901 in Marktheidenfeld geboren und 1985 in New York gestorben ist. Sein autobiografischer Bericht "Auf der Straße der Erinnerung", der nach Abschriften von Tonbändern entstand, wurde dem Förderkreis von seinem Neffen Steven Freimark aus New York zur Verfügung gestellt.

    Ludwig Freimark erinnert darin an seine Mutter Hermine, die 1876 mit dem Mädchennamen Adler in Urspringen geboren wurde. Sie emigrierte in die Niederlande und wurde von dort am 11. Mai 1943 über das Sammellager Westerbork deportiert und zwei Tage später in Sobibor ermordet.

    Auch wenn es heute keine jüdischen Familien mehr in Urspringen gibt, so ist es den Mitgliedern des Förderkreises Synagoge Urspringen eindrucksvoll gelungen, die Gedenkstätte und das Museum zu pflegen und die Erinnerung wach zu halten.

    Am Ende der eindrucksvollen Lesung stand eine Auswahl von fünf Gedichten des in Würzburg geborenen Schriftstellers Jehuda Amichai, der zur poetischen Stimme Israels wurde.

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