Die 16-jährige Annika Hugo hat niederländische Vorfahren, ist in Südafrika geboren und lebt mit ihrer Familie in Hobart, der Hauptstadt von Tasmanien, einer Insel vor der Südküste des fünften Kontinents. Sie ist für zehn Wochen Gastschülerin im Gymnasium des Mädchenbildungswerks (MBW) der Kreuzschwestern und wohnt in dieser Zeit bei ihrer Gastfamilie Hafenrichter in Retzbach. Deren Tochter Andrea war im vergangenen Winter in Australien bei Familie Hugo zu Gast. Dort hat sie ihre Englischkenntnisse verbessert, sodass sie jetzt ihre Freundin bei der Suche nach den treffenden deutschen Worten unterstützen kann.
Auf den ersten Blick lassen die Erzählungen über die Vorweihnachtszeit keinen großen Unterschied zum mittlerweile internationalen Weihnachtsrummel erkennen. Da ist von „Santa Claus“ die Rede, vom üppigen Spielzeugangebot in den Supermärkten und von den Wünschen, wie sie alle Kinder und Jugendlichen zum Christfest haben. Allerdings ist es in Australien im Dezember sommerlich heiß, wobei es in Tasmanien mit einem eigenen, vom Ozean geprägten Klima etwas kühler ist.
Schnee auf den Bergen
Auf den bis zu 1600 Meter hohen Bergen ist im Gegensatz zum kontinentalen Wetter Australiens gelegentlich auch Schnee zu sehen. Für Skilifte und Wintersport reicht das natürlich nicht, bedauert Annika, die sich an ein Erlebnis ihrer Kindheit erinnert, als der Schulbus einmal nicht fahren konnte. Da hatte sich über Nacht eine mehrere Zentimeter starke Schneedecke über das Land gelegt, worauf niemand eingestellt war. Schließlich gibt es in Tasmanien keine Räumfahrzeuge.
Die Familien feiern je nach der Religion ihrer Vorfahren – meistens protestantische Freikirche – Weihnachten. Viele Zuwanderer stammen allerdings aus Asien und sind nichtchristlichen Glaubens. In ihrer Region stellen sie den weitaus größten Teil der Bevölkerung.
Annika und ihre Familie gehen am 25. Dezember in die Kirche und feiern anschließend mit einem guten Essen und süßen Leckereien wie dem „Christmas Cake“ den Festtag. Der Weihnachtsbaum ist bunt geschmückt wie in Europa, der einzige Unterschied sind die kleinen Kängurus und Koala-Bären, die an den Zweigen hängen.
Vorfreude auf Schnee
Auf die Frage nach ihrem Weihnachtsgeschenk antwortet Annika spontan in ganz gutem Deutsch: „Das ist mein Deutschlandaufenthalt“. Es gefalle ihr sehr gut hier und sie freue sich schon auf das Weihnachtsfest in Deutschland mit ihrer Gastfamilie und auf Schlitten- und Skifahren, was sie bisher noch nie erlebt hat.
Eine zweite Gastschülerin, die derzeit das MBW-Gymnasium besucht, ist die Italienerin Silvia Avella. Sie ist zu Hause in Bozen, der Hauptstadt Südtirols. Dort sind die Adventsbräuche ähnlich wie in Deutschland. Adventskranz, Zimtsterne, Plätzchen, Nüsse, Lebkuchen und auch Bratäpfel gehören dazu, sagt die 17-jährige Schülerin. Das gebe es in Italien allerdings nur in Südtirol, und sie fügt lächelnd in ihrem beinahe perfekten Deutsch hinzu: „Darum beneiden uns die anderen.“
Schade sei, dass in den staatlichen Schulen ihrer Heimat keine Advents- oder Weihnachtslieder gesungen werden, aber es sei schon ein gutes Zeichen, dass man mittlerweile daran denke die italienischen und die deutschen Schulen zusammenzulegen. An Heiligabend besucht die Familie die Christmette und anschließend kommen Bekannte und Verwandte zu einem großen Essen mit Kaninchenbraten zusammen.
Bis die Geschenke unter dem Christbaum nach Mitternacht ausgepackt werden dürfen, vertreiben sich die Familie und die Gäste die Zeit mit Unterhaltung und Musik. Auf die Frage, ob sie auch gerne Ski läuft, antwortet sie mit einem deutlichen „Ja, klar!“. Ihre Weihnachtswünsche sind: „Gute Noten und weiter eine gute Zeit hier in Deutschland!“