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GEMÜNDEN: Kaufhaus löst soziale Probleme

GEMÜNDEN

Kaufhaus löst soziale Probleme

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    „Mit Herzblut dabei“: Projektleiter Michael Porzelt, Fahrer Holger Buhleier, Kaufhaus- und stellvertretender Projektleiter Hansgeorg Preidt, Fahrer Karlheinz Eckl und stellvertretender Kaufhausleiter Siegfried Becker (von links).
    „Mit Herzblut dabei“: Projektleiter Michael Porzelt, Fahrer Holger Buhleier, Kaufhaus- und stellvertretender Projektleiter Hansgeorg Preidt, Fahrer Karlheinz Eckl und stellvertretender Kaufhausleiter Siegfried Becker (von links).

    Gäbe es das „Intakt“ nicht, müsste man es erfinden. Seit bald fünf Jahren besteht das Sozialkaufhaus in Gemünden und hat mittlerweile Ableger in Marktheidenfeld (seit Oktober 2008), Lohr (Juni 2009) und aktuell Bad Orb gebildet. Leiter der Einrichtungen, die unter dem Namen Gebrauchtwarenzentrum firmieren, ist nach wie vor der Gründer Michael Porzelt vom Soziotherapieverbund Spessart (Deutscher Orden).

    Die Aufgaben des „Intakt“ sind vielfältig und ergänzen sich optimal. Die Grundidee geht davon aus, dass die Menschen bei Wohnungsauflösungen oder Neuanschaffungen die bisher genutzten, noch gut erhaltenen Sachen nicht auf den Müll werfen müssen, sondern dem Kaufhaus überlassen können. Dort besteht die Möglichkeit, sich mit diesen Sachen für wenig Geld zu kleiden oder einzurichten – eine wichtige Hilfe für finanziell schlecht gestellte Leute.

    Der Betrieb des Kaufhauses wiederum bietet Langzeitarbeitslosen und ehemaligen Suchtkranken verschiedene Qualifizierungs- und Arbeitsmöglichkeiten, um somit ihre Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt zu verbessern. Und bei alldem müssen Michael Porzelt und sein Team „eine schwarze Null“ erreichen.

    Das Konzept geht auf, berichtet 47-Jährige, der im Therapieverbund auch Heimleiter des „Hauses Burgsinn“ ist. Der Langenprozeltener startete im Dezember 2007 das Experiment in dem mit eigenen Kräften aus den soziotherapeutischen Einrichtungen (vor allem Burgsinn und Partenstein) sanierten städtischen Gebäude Bahnhofstraße 8 (ehemals Jugendherberge/Aussiedlerwohnheim). Vorangegangen war eine einjährige Vorbereitungsphase, in der unter anderem eine Anschubfinanzierung von 10 000 Euro in den ersten Jahren durch den Landkreis Main-Spessart erzielt wurde. Landrat Thomas Schiebel hat 2008 die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen.

    Bereits 2007 schuf das „Intakt“ in Verbindung mit der Arge (Jobcenter) Main-Spessart und dem Soziotherapieverbund über 60 Arbeitsgelegenheiten. Seit zwei Jahren kürzt die Bundesregierung aber die Arbeitsförderungsmaßnahmen, klagt Porzelt. Der Deutsche Orden kann die Ausfälle nur bedingt durch sein Programm therapeutischer Maßnahmen kompensieren. Die veränderte politische Lage führte beispielsweise dazu, dass das auf Wunsch des Jobcenters gegründete „Outdoor Service Team“ (Pflege von Grünanlagen) trotz der Investitionen und Personaleinstellungen nach nur sechs Monaten wieder gestrichen wurde. Das „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ im vergangenen Jahr kostete weitere 30 Plätze an Arbeitsgelegenheiten. Dieses Jahr entfielen unter anderem bislang vom Jobcenter geförderte Qualifizierungsmaßnahmen wie das Bewerbungstraining. Im kommenden Jahr stehen weitere Kürzungen in dem Bereich an.

    Aktuell besteht die Führung der vier Kaufhäuser aus 19 Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit. „Das Team kann man echt über den grünen Klee loben!“, freut sich Porzelt. Dazu kommen 40 Arbeitsgelegenheiten, die derzeit zu drei Vierteln besetzt sind. Aus den soziotherapeutischen Einrichtungen sind 13 Leute im Rahmen von Arbeitstherapie und Tagesstrukturierung beschäftigt. Darüber hinaus unterstützen zehn ehenamtliche Helfer die Sozialkaufhäuser.

    Über ein Intranetsystem sind die Kaufhäuser miteinander vernetzt, sodass zum einen der Warenbestand über die Gemündener Zentrale dokumentiert ist und zum anderen das Angebot der jeweiligen Nachfrage angepasst werden kann. Wie in einem richtigen Kaufhaus ist ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut. Kleinreparaturen an den gespendeten Waren führen die Mitarbeiter selbst aus.

    Fünf Kleinlastwagen sind unterwegs, und alle „Intakt“-Häuser verfügen über ein Bistro als Kontaktstelle. Den Kuchen für diese Cafés backen Mitarbeiter zentral in Gemünden. Gern und passenderweise würde das „Intakt“-Team auch einen Entrümpelungsservice anbieten, was aber als Konkurrenz zum regulären Arbeitsmarkt nicht erlaubt ist.

    Das abgewohnte alte vierstöckige Gebäude in Gemünden hat „Intakt“ mittlerweile der Stadt abgekauft und die Heizanlage erneuert, was die Stadt nicht hatte leisten können. In Marktheidenfeld hat der Kreis die ehemaligen Berufsschulwerkräume zur Verfügung gestellt, in Lohr ist „Intakt“ Mieter im ehemaligen Norma-Laden, und Bad Orb hat dem Projekt ein kommunales Gebäude überlassen. Ein weiteres Wachstum sei derzeit wegen der gekürzten staatlichen Arbeitsförderungsmaßnahmen nicht möglich, erklärt Porzelt.

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