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GÖSSENHEIM: Klöpper-Kinder und Ave-Maria-Sänger

GÖSSENHEIM

Klöpper-Kinder und Ave-Maria-Sänger

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    An Karfreitag der Ersatz für die Glocken: Die Klöpperer machen sich in Gössenheim an der Kirche auf den Weg.
    An Karfreitag der Ersatz für die Glocken: Die Klöpperer machen sich in Gössenheim an der Kirche auf den Weg. Foto: Fotos (2): Ferdinand Heilgenthal

    Was sind heute die Zeichen, die von Ostern künden? – Ostermärkte, Sonderangebote und ab Aschermittwoch lila Schokoladenhasen! Dazu kommen bunte Plastikeier, wie sie im Vorgarten die Sträucher und vielfach die seit einigen Jahren auch in unserer Gegend zu sehenden Osterbrunnen zieren. Früher hingegen war die Zeit vor Ostern nahezu ausschließlich kirchlich geprägt, mit strengen Fastenregeln, Andachten und Messen. Vom letzten Abendmahl am Gründonnerstag bis zur triumphalen Osternachtsmesse, mit der die Gläubigen an ihrem höchsten Feiertag am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond die Auferstehung des Herrn feiern.

    Ein Brauch, der das religiöse Empfinden mit realistischen weltlichen Gefühlen verbindet, war schon immer das „Klöppern“ der Dorfjugend an den Kar-Tagen. Dabei sind die Holzinstrumente, mit denen das Glockengeläut ersetzt wird, von Dorf zu Dorf unterschiedlicher Bauart. Es gibt die Zirren, die wie Rasseln mit einer Hand im Kreis zu drehen sind, oder die kleinen Klappern mit einem Stiel und nur einem Hammer, der mit einer Wippbewegung der Hand auf ein Brettchen schlägt.

    Der Stolz jedes Buben sind die lautstarken, mit vier oder fünf Hammerreihen ausgestatteten Klöpperkästen, mit und ohne Resonanzboden, die mit einem Schulterriemen getragen werden. Allerdings gilt ebenfalls gemäß der Tradition, dass die Bauart der Klöppern im jeweiligen Ort gleich sein soll. Wegen der hohen Fluktuation werden seit geraumer Zeit mehr Ausnahmen bei den Klangkörpern toleriert als früher.

    In der Werngrundgemeinde Gössenheim gab es früher feste Regeln, was das Instrumentarium und die Verse betrifft und auch einiges, was nur genau dort so ablief. Uli Ammersbach, stolzer Besitzer einer einst vom letzten Gössenheimer Wagner Bruno Sulm geschaffenen Zirre, die er in den Kinderjahren erhielt, kennt die Einzelheiten des in Franken weit verbreiteten Brauchs: „Nach der Feier des letzten Abendmahls verstummen die Orgel und die Glocken als Zeichen der Trauer. Den kleinen Kindern sagte man, die Glocken seien nach Rom geflogen.“

    In dieser Zeit ziehen die Schulkinder mit ihren Klöppern durch das Dorf, um die Gläubigen an die Gebets- und Gottesdienstzeiten zu erinnern. In Gössenheim sind die Zirren in Gebrauch, die über Generationen vererbt werden. Als Besonderheit erklangen früher auch in der Kirche, zum Beispiel bei der Eucharistiefeier zur Wandlung, die kleinen Klappern.

    Genau geregelt war auch der Ablauf, für den die siebte Jahrgangsstufe verantwortlich war. Das war früher die Abschlussklasse der Volksschule, weiß Ammersbach noch von seinem Vater: „Die sind damals auch schon einmal auf einen Feldweg zur Köbleinsmühle gelaufen und haben die Formation und den Gesang geübt.“ Aus eigener Erfahrung berichtet er weiter: „Wer beim Treffpunkt an der Kirche fehlte oder nicht spurte, wurde im Büchlein notiert und bekam dann bei der Entlohnung ein Ei Abzug.“ Der Lohn der Klöpperbuben bestand früher ausschließlich aus den an den Kartagen gesammelten Eiern. Dabei gingen die Jugendlichen von Haus zu Haus mit dem Spruch: „Wir haben geklappert am heiligen Grab und bitten um eine milde Gab'“.

    Die Siebtklässer waren in Gössenheim auch der Jahrgang, der im November an der Martini-Kirchweih den „Zachäus“ geschmückt hat. So heißt hier der Kirchweihbaum, der zur Kirb mit „Schnürlich“ (Bändern) geschmückt waagrecht aus dem Kirchturmfenster gehängt wird. Als weitere Amtshandlung oblag es dem auserwählten Jahrgang, das Osterfeuer an der Kirche zu entzünden.

    Eine weitere Besonderheit stellt in Gössenheim nach wie vor das Ave-Maria-Singen dar: Zur Zeit des Morgengebets wird nicht geklöppert, sondern es ziehen hier am Karfreitag und am Karsamstag ab 4.15 Uhr an die 20 Sängerinnen und Sänger durch das Dorf, um den Gruß an die Gottesmutter zu singen: „Ave Maria, gratia plena, dominus tecum, so grüßte der Engel Maria, als sie in ihrem Gebete war.“

    Nach dem letzten Singen am Karsamstag gibt es ein gemeinsames Frühstück für die Sänger, das im Gegensatz zu früher nicht nur aus Eiern besteht. Beim Klöppern können seit einiger Zeit auch Mädchen mitmachen, und es gibt mittlerweile neben den Eiern als Dankeschön auch Süßigkeiten und Geldspenden.

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