Mittwochabend, Pressekonferenz im Pfarrhaus Michelrieth. Draußen verteilen UL-Anhänger Flugblätter mit Anwürfen gegen den ehemaligen Pfarrer von Michelrieth, Michael Fragner, der heute in Reichenberg (Lkr. Würzburg) Dienst tut. Er steht für die Inhalte von michelrieth.de. Drinnen erläutern der jetzige Pfarrer des Marktheidenfelder Stadtteils, Reinhold Völler, Anwalt Ulrich Heidenreich (Würzburg) und Thomas Müller, Vorsitzender des Vereins "Bürger beobachten Sekten" (Michelrieth), zusammen mit Fragner, warum die Internetadresse (Domain) für die UL-Kritiker unverzichtbar ist.
Anlass dafür ist ein Schreiben von Bürgermeister Dr. Leonhard Scherg, später durch einen Stadtratsbeschluss bekräftigt, wonach die Stadt alle Domains zurückfordert, die ausschließlich Stadtteilnamen führen. Fragner zeigt Unverständnis: "Die Stadt hat kein Recht, die Internetadresse zu beanspruchen." Sowohl die Kommune als auch die Kirchengemeinde Michelrieth seien Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit in Bezug auf die Domain michelrieth.de gleichberechtigt. Nur hat die Kirche sie zuerst in Beschlag genommen.
"Nach fünf Jahren unwidersprochener Nutzung durch die Kirchengemeinde hat die Stadt ihr Recht an der Domain verwirkt", ist auch Anwalt Heidenreich sicher. Und daher sieht Fragner keinen Grund, den deutschlandweit bekannten Zugang zu UL-kritischen Inhalten aufzugeben. Bis eine neue Internetadresse ähnliche Bekanntheit erlangt habe, könnten Monate oder Jahre vergehen.
Kollektives Unverständnis äußern die vier, was das Verhalten der Stadt angeht. Das UL sei wohl auf die Stadt zugegangen und habe verlangt, die offiziell klingende Domain, die UL-Kritik verbreitet, einzuziehen. "Dieser Anspruch des UL ist nicht berechtigt; für die Stadt besteht keine Gefahr", wundert sich Fragner über die Bereitschaft des Bürgermeisters, dem Ansinnen des UL zu entsprechen.
Dr. Leonhard Scherg wiederum hat "nicht das geringste Verständnis" für die Beharrlichkeit der Kirchengemeinde. Er sieht sich mit dem Stadtrat einig, dass die Stadt zu "weltanschaulicher Neutralität" verpflichtet sei. Der offiziell klingende Name michelrieth.de könne den Anschein erwecken, es handele sich um Inhalte der Stadt. Demgegenüber verlangt Scherg: "Das verlangt die Ehrlichkeit, dass ich sage, wer ich bin." Die Einforderung aller Stadtteil-Domains richte sich auch nicht gegen irgendjemanden, sondern diene allein dem Schutz der offiziellen Internetadresse.
Obwohl ein Kompromiss nicht in Sicht ist, will sich Scherg nicht darauf festlegen lassen, die Domain vor Gericht zu erstreiten. "Wir gehen einen Schritt nach dem anderen."