Fehlende Aufträge beschäftigen einige Unternehmen im Landkreis Main-Spessart schon seit Monaten. Laut Auskunft der Agentur für Arbeit haben im März 21 Betriebe aus Main-Spessart für insgesamt 1342 Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet. Das bedeutet einen leichten Anstieg: im Februar waren nur 1240 Arbeitnehmer aus 18 Betrieben gemeldet.
Im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres ist die Steigerung allerdings erheblich: Damals waren im März nur 186 Beschäftigte aus vier Betrieben, im Februar 173 aus drei Betrieben gemeldet worden.
Doch was sagen diese Zahlen eigentlich aus? Letztlich spiegeln sie wider, welche Erwartungshaltung die Betriebe haben. Sie fahren quasi auf Sicht und nehmen den für sie schlimmsten Fall an. Denn Kurzarbeitergeld vom Arbeitsamt gibt es nur, wenn es auch angemeldet ist. Inwieweit dies dann tatsächlich in Anspruch genommen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. "Da gibt es oft deutliche Diskrepanzen", erläutert Wolfgang Albert, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Würzburg.
Die jüngsten Zahlen liegen aus dem September 2019 vor. Damals hatten acht Betriebe aus Main-Spessart 331 Beschäftigte für Kurzarbeit angemeldet. Tatsächlich haben aber nur 36 Beschäftigte aus fünf Betrieben kurz gearbeitet. Aktuellere Zahlen werden erst wieder Ende März vorliegen, erläutert Albert, da die Firmen drei Monate Zeit haben, ihre Abrechnungen einzureichen.
Und so sieht's aus bei Bosch Rexroth
Für einige der 1450 Beschäftigten im Wombacher Werk (Geschäftsbereich Automation and Electrification Solutions) wurde Ende 2019 betriebliche Kurzarbeit vereinbart. Im Januar und Februar wurden fehlende Aufträge durch "Anpassungen übers Zeitkonto" gepuffert, wie stellvertretender Betriebsrat Mathias Heßler auf Anfrage der Redaktion ausführte. Für den März nun wurde für fünf Fertigungslinien und zwei Abteilungen gesetzliche Kurzarbeit vereinbart – jeweils für Teile der Motorenfertigung, der Logistik und der Elektronikfertigung. Unterm Strich dürfte die Zahl der Betroffenen im niedrigen dreistelligen Bereich sein, schätzt Heßler.
Das spezielle Problem der Elektronikfertigung: "Die Planungsweite ist überschaubar", gehe meist nicht über drei Wochen hinaus, da in diesem Bereich mit vergleichsweise kurzen Lieferzeiten gearbeitet werde.

Kurzarbeit ist auch in Werk 1 und 2 mit insgesamt 3400 Beschäftigten angesagt. "Das geht rauf und runter bei uns", verdeutlichte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Thomas Nischalke auf Anfrage der Redaktion. Die Zahl der Mitarbeiter in Kurzarbeit bewege sich zwischen 400 und 600.
Wie viele Gießereibeschäftigte in Kurzarbeit sind, war nicht in Erfahrung zu bringen: die Unternehmensleitung macht über Kurzarbeiterzahlen grundsätzlich keine Aussagen und der Betriebsrat war mehrfach nicht zu erreichen.
Arbeiten aus dem Bestand
Schwächelt die Konjunktur schon seit einem halben Jahr, so kommt nun auch Corona dazu. "Man merkt's am Auftragseingang", sagt Nischalke. Und man merkt es auch an fehlenden Zulieferteilen. "Wir arbeiten dann halt aus dem Bestand."
Ähnlich äußer sich Heßler fürs Wombacher Werk: Gelegentlich gebe es auch Schwierigkeiten mit Zulieferern, erläutert er. Was den Direktbezug aus China angehe, sei zwar vorgesorgt. Doch hätten jene Lieferanten, die Teile aus China beziehen, bisweilen Lieferprobleme, weil sie eben nicht bedient werden – eine indirekte Folge von Corona.
Betriebsversammlungen abgesagt
Und längst nicht die einzige: Wie die Hydrauliker aus Werk 1 haben auch die Indramatler aus Wombach ihre Betriebsversammlung "vorsorglich abgesagt". Sie war für 24. März im Wombacher Vereinsheim geplant. Möglicherweise, so Heßler, folge man auch dem Vorbild von Werk 1 und informiere die Belegschaft in mehreren kleinen Gruppen.
Natürlich ist auch die Unternehmensleitung aktiv: „Ein Expertenteam verschiedener Disziplinen beobachtet und bewertet die Situation kontinuierlich – auch im Austausch mit externen Stellen", teilt die Pressestelle mit. "Wir haben dabei verschiedene Szenarien im Blick und bereiten uns darauf vor. Wir informieren alle Beschäftigten weltweit laufend über unsere internen Netzwerke, Aushänge an den Standorten sowie eine interne Hotline über vorbeugende Maßnahmen, Verhaltensweisen, Reisehinweise und Empfehlungen der WHO."
Keine größeren Veranstaltungen
Mitarbeiter, die von Reisen aus besonders betroffenen Regionen zurückkehren, müssen – wo möglich und sinnvoll – Home Office nutzen. Zudem verzichte Bosch Rexroth vorerst bis Mitte April auf die Teilnahme an größeren Events sowie das Ausrichten größerer Veranstaltungen mit externen Gästen beziehungsweise internationalen Teilnehmern. "Wo möglich, greifen wir auf virtuelle Methoden zurück oder verschieben Events auf einen späteren Zeitpunkt.“
Auch Messeaktivitäten sind vorerst eingestellt. Die nächste, die noch auf dem Messeplan von Bosch Rexroth steht, wäre die Automatica in München Mitte Juni. Die Hannovermesse ist ohnedies schon auf Mitte Juli verschoben. "Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter und Besucher haben oberste Priorität", so die Pressestelle. "Im Falle von Verschiebungen prüfen wir jeweils im Einzelfall, wie wir damit umgehen."
"Mobiles Arbeiten"
Nicht nur die Auslandreisenden aus Risikogebieten arbeiten zuhause im "Home Office" – ein Begriff, der bei Bosch Rexroth gemieden und "mobiles Arbeiten" genannt wird. Davon wird, so der Eindruck von Nischalke, in zunehmenden Maße Gebrauch gemacht. Seine Einschätzung nach dürften zwei von drei Mitarbeitern im Werk zum Eisengießer mit Laptops ausgestattet sein, was "mobiles Arbeiten" möglich macht.
Bemerkbar macht sich dies auch zwischen den beiden Mainbrücken in Lohr: Die Mainlände ist nicht mehr zugeparkt von Rexröthern und war am Dienstagvormittag zum Beispiel nur zur Hälfte besetzt.