Sie werden „Desechables“ – „Wegwerfkinder“, genannt. Etwa 4000 von ihnen leben allein in der bolivianischen Metropole La Paz in Häusernischen, auf Friedhöfen oder unter Brücken. Rund 30 000 Kinder und Jugendliche leben insgesamt in dem Land auf und von der Straße. Für sie alle hat Pfarrer Josef M. Neuenhofer vor 15 Jahren sein Sozialwerk „Arco Iris“ gegründet. Jetzt will er „seinen“ Heim- und Straßenkindern zu Weihnachten 1300 Paar Lederschuhe schenken.
„Wir bekommen einen besonders günstigen Preis von 20 Dollar ab Fabrik. Die Schuhe sind aus Leder und von guter Qualität“, teilte der 71-jährige Priester Josef M. Neuenhofer in einem Brief an Pfarrer Hubert Wehner, den Hausgeistlichen des Gemündener Kreuzklosters mit. Die beiden sind seit vielen Jahren befreundet. Vor einiger Zeit konnte sich Hubert Wehner in La Paz persönlich von der Arbeit seines Freundes überzeugen, der hohes Ansehen genießt und als der „bedeutendste Sozialpionier Boliviens“ gilt.
„Wer solche Kinder hautnah erlebt und ihnen in die Augen geschaut hat, kann nicht mehr untätig bleiben“, betont Pfarrer Wehner. Aus diesem Grund will er die Weihnachtsaktion von Pfarrer Neuenhofer unterstützen und Geld dafür sammeln. „Das sind umgerechnet etwa 14 Euro pro Paar“. Nicht viel für westeuropäische Verhältnisse, in Bolivien aber fast ein Vermögen.
„In Bolivien finden wir die krassesten Armutsverhältnisse“, berichtet Pfarrer Wehner von der Reise. „Es gibt keine Mittelschicht, es gibt nur die Reichen, die ihren Besitz mit Waffen verteidigen und die Armen, die täglich ums Überleben kämpfen.“
„Als Priester lebe ich an der Seite und als Helfer dieser Kinder. Ich sage ihnen oft – und möchte das durch das Geschenk der Schuhe zum Weihnachtsfest auch zeigen – dass sie Wunsch- und Lieblingskinder Gottes sind“, schreibt Neuenhofer in dem Brief an Hubert Wehner.
Leicht fällt es diesen Kindern wahrscheinlich nicht, zu glauben, dass sie Lieblingskinder Gottes sind: Wenn sie täglich auf den Straßen als Schuhputzer oder auf dem Markt als Lastenträger schwer arbeiten müssen. Sich als Busschaffner oder Bonbonverkäufer Geld verdienen müssen. Oder viele, oft noch sehr junge Mädchen, sich als Prostituierte betätigen müssen. Für sie alle ist Pfarrer Josef M. Neuenhofer mit dem Sozialwerk „Arco Iris“ (Regenbogen) ein Hoffnungsträger.
Pfarrer Wehner ist von der Arbeit seines Freundes tief beeindruckt. Er hat die Kinder und ihr Lebensumfeld in einer Reihe von Bildern festgehalten. Wie sie arbeiten müssen und auch wie sie die Nächte auf Friedhöfen in den Grabkammern verbringen. Gerne zeigt er Interessierten die beeindruckenden Fotos vom Leben der „Desechables“.
Vor 15 Jahren hat Josef M. Neuenhofer sein Sozialwerk „Arco Iris“ (Regenbogen) gegründet, um den Straßenkindern in La Paz zu helfen. Am 3. Mai 2004 beging er das zehnjährige Bestehen seiner Einrichtung. Den Festgottesdienst zelebrierte der Nuntius von Bolivien. Die Predigt hielt der Erzbischof von La Paz, assistiert vom Militärbischof für Bolivien, dem Weihbischof von La Paz sowie 15 weiteren Priestern.
Beim anschließenden Festakt sprachen der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, die Nichte des Staatspräsidenten in Vertretung des Staatsoberhauptes, die Postministerin mit der Übergabe einer Sonderbriefmarke sowie eine Vertreterin der UNESCO.
Den größten Eindruck hinterließ jedoch der Beitrag eines 16-jährigen Jungen, der mit bewegenden Worten über sein eigenes Leben berichtete: „Ich kenne meine Eltern nicht. Ich habe früher gestohlen. Ich habe Drogen genommen. Ich war im Gefängnis und dachte oft, in welchem Gefängnis wirst Du später einmal Dein Leben verbringen? Doch Du, Padre Jose, hast mir Hoffnung gegeben. Ich habe einen Beruf gelernt. Mein Leben hat Zukunft!“
Für Spenden hat der Gemündener Geistliche ein Konto 140 125 0626 bei der Hypo-Vereinsbank Gemünden, 790 200 76, Stichwort „Schuhe für Straßenkinder“ eingerichtet.