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Karlstadt: Theaterstück "Ich bin kein Nazi, aber…": Aktionswoche gegen Rassismus in den Karlstadter Schulen

Karlstadt

Theaterstück "Ich bin kein Nazi, aber…": Aktionswoche gegen Rassismus in den Karlstadter Schulen

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    Die überzeugend professionellen Schauspieler konfrontierten die Schülerinnen und Schüler mit der Entstehung und Wirkung von Nazi-Parolen.
    Die überzeugend professionellen Schauspieler konfrontierten die Schülerinnen und Schüler mit der Entstehung und Wirkung von Nazi-Parolen. Foto: Günter Roth

    Nein, zimperlich gingen die beiden jungen Schauspieler Jessica Schilling und Ole Bosse vom freien Schauspielensemble "ueTheater" Regensburg nicht mit ihrem Publikum in der Aula des Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasiums um - diesem blieb fast nichts erspart. Nicht nur akustisch und verbal, auch die Auswahl der Vorurteile war wohl allen bekannt - nur nicht in dieser geballten Konzentration.

    Schon der Auftakt war gewissermaßen ein Schock. Den Zuhörern wurde mitgeteilt, dass sich das angekündigte Stück um eine halbe Stunde verzögern würde, weil einer der Akteure bei einem Messerattentat schwer verletzt worden sei und man auf Ersatz warten müsse. Scheinbar spontan traten nun Jessica und Ole in Erscheinung. Die junge Frau vermutete sofort den Angriff eines ausländischen Flüchtlings, weil "die eben nun mal so schnell das Messer in der Hand haben!" Ihr Mitspieler warnte vor Generalverdacht und schnell entstand ein heftiger Disput um die gängigen Ansichten und Widersprüchen, die Reden und Gegenreden schaukelten sich hoch und die beiden Schauspieler "hauten" sich zumindest verbal alle gängigen Vorurteile bezüglich von Menschen aus anderen Kulturen um die Ohren.

    Eine Fülle von Fragen, eine Fülle von Vorwürfen

    Wie hoch ist der Ausländeranteil in Deutschland, wie unterscheidet sich deren Kriminalstatistik, gehört der Islam zu Deutschland? Woher kommen die Flüchtlinge - und inwieweit haben wir diese Situation mit verursacht? Die Fülle von Fragen, von Vorwürfen ("arbeitsscheue Schmarotzer", "dämliche Gutmenschen") deckte wohl alle Facetten dieser Problematik ab - überforderte teilweise aber auch die jungen Zuhörer. Besonders, wenn es um geschichtliche oder politische Zusammenhänge ging. Ein Siebtklässler sagte ziemlich resigniert zu seinem Nachbarn: "Ich habe keine Ahnung, worum es hier geht".

    Tiefgründig dann aber einen Blick in mögliche Ursachen von Fremdenangst. Wenn sich Menschen am sozialen Rand fühlen und Angst vor der Zukunft und der Beliebigkeit haben, wenn sie verzweifelt auf der Suche sind nach Gemeinsamkeit, nach Halt und Struktur und wenn diese Suche auf einen "starken, aber gerechten Anführer" fokussiert wird, ist oft der erste Schritt in diese Richtung getan. Solche Menschen leben oft in einer menschenfeindlichen Angstblase. Auf der anderen Seite wurden Menschen angesprochen, die "mit dem goldenen Löffel im Mund geboren" sind, arrogant von oben herab urteilen und "nichts von dem wissen, was die am anderen Rand der Gesellschaft bewegt".

    Gefahr durch die sogenannten "Sozialen Medien"

    Es wurde im Folgenden deutlich, welcher Floskeln sich Rechtspopulisten oft bedienen, wenn sie ihre antidemokratischen Einstellungen zu verschleiern suchen. "Ich bin kein Nazi, aber…" oder "Das wird man doch noch sagen dürfen…" Deutlich wurde aber auch die Gefahr durch die sogenannten "Sozialen Medien", wenn die ethischen Grundsätze durcheinander geraten und verrohen. Sich jemanden tot zu wünschen und dies öffentlich zu posten oder zu liken, gilt weithin als "Meinungsäußerung", obwohl es eine schwere Straftat ist.

    Was aber bewirkt eine Veranstaltung wie das Spiel der beiden Akteure? Nichts! Solange Aktionen wie "Schule ohne Rassismus" Einzelmaßnahmen und nicht Teil des Zusammenlebens sind. Sie bewirkt auch nichts, wenn Lehrkräfte und Schüler im Anschluss betroffen auseinander gehen und nichts darauf folgt. Jessica und Ole sind sich sicher, dass ihr Stück sorgfältig in der Schule nachbereitet werden muss - in Religion, in Ethik in Geschichte, eigentlich in allen Fächern. Wie schwierig das ist, zeigte sich bei den Versuchen, die Zuhörer zu bewegen, ihre eigene Meinung durch Handzeichen zu zeigen. Wer ist schließlich so mutig, eine abweichende Ansicht öffentlich - womöglich als Minderheit - kundzutun?

    Anregungen haben beiden Schauspieler am Ende durchaus gegeben: Seid vorsichtig beim Konsum von Informationen aus den "Sozialen Medien", informiert euch vielfältig und überprüft, was ist erfahrt. Denkt über eure Streitkultur nach. Zum Schluss dann noch ein Schlüsselsatz: "Wir leben in der längsten Demokratie, die es in Deutschland je gegeben hat. Seid kritisch und macht's euch nicht so einfach!"

    Das "ueTheater"Das freie Schauspielensemble "ueTheater" mit Hauptsitz in Regensburg gibt es seit 2002. Inzwischen ist es aufgeteilt in mehrere Sparten: Mobiles Schultheater (ueMo), Theaterpädagogik (uePä), Theater mit Studierenden (ueNi) sowie Buntes Theater (ueBu).Das Stück entstand auf Anregung des Aktionskreises "Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage" des Gymnasiums Herzogenaurach.Quelle: th

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