Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Gemünden
Icon Pfeil nach unten

Lehm in der Teigmaschine

Gemünden

Lehm in der Teigmaschine

    • |
    • |

    Der Geruch könnte übrigens den historischen Tatsachen entsprechen, denn im Erdgeschoss war möglicherweise einmal ein Stall untergebracht. Ab Mai 2003 soll dort ein Büro- und Schreibwarenladen seine Pforten öffnen. Bianca und Willy Volkert haben bereits einen Pächter gefunden. Wen, das wollen sie noch nicht verraten. Nur so viel: "Wir hatten überhaupt kein Problem, jemanden zu finden", sagt Bianca Volkert.

    Dabei wäre das Projekt, den ehemaligen Thüngenschen Gutshof nach Denkmalschutz-Richtlinien zu sanieren, beinahe gescheitert. Denn zwei Monate nach Sanierungs-Beginn im Februar wurde festgestellt, dass sich in den Balken ein Pilz eingenistet hatte, der so genannte Eichenporling. Durch die Feuchtigkeit konnte sich der Pilz über die ganzen Jahre hinweg, in denen das Gebäude offen stand, optimal ausbreiten.

    Zuerst dachte man, dass es sich bei dem Eindringling um den Hausschwamm handelt. "Wir waren davon überzeugt, dass das ganze Gebäude abgerissen werden muss", erinnert sich Bianca Volkert mit Schrecken. Als sich herausstellte, dass es der harmlosere Eichenporling war, fiel den Volkerts ein Stein vom Herzen. Dennoch: Ein Drittel des Gebälks musste ausgetauscht werden. Natürlich kamen auch hierfür historische Eichenbalken zum Einsatz.

    Das Baumaterial von damals und heute ist sehr unterschiedlich. Ein so genannter Stroh/Lehm-Bewurf füllt die Räume zwischen den Fachwerkbalken. Hierfür werden zuerst senkrechte Stickhölzer angebracht, zwischen die dann gespaltene Weidenhölzer eingeflochten werden. Das ganze sieht aus wie ein Kunstwerk und wird - man muss fast sagen leider - mit dem Stroh/Lehm-Gemisch aufgefüllt. Für das Mischen der Masse sorgt übrigens eine große Teigmaschine, die die Baufirma gleich selbst mitgebracht hat.

    Nicht jeder Handwerker kommt für ein solches Projekt in Frage. Architekt Karl Gruber vom Architekturbüro "gruber + hettiger" hat die Referenzen aller Handwerker geprüft. Also, ob sie Erfahrung mit der Denkmal-Sanierung und der ökologischen Bauweise haben. Für ihn sei das "Gesindehaus" eine besondere Herausforderung. Seine Begründung: "Das Haus war in einem erbärmlichen Zustand."

    Gruber gibt ein Beispiel: Die Geschossdecken mussten um zehn bis 15 Zentimeter gehoben werden. Das Durchhängen der Decken - die so genannte Schusselung - kam dadurch zustande, weil sich die Balken mit den Jahren immer mehr durchgebogen haben. Architekt Gruber: "Wir kämpfen um jeden Zentimeter Raumhöhe." Eine große Aktion sei es auch gewesen, den gesamten Giebel abzubrechen und nach historischen Plänen wieder aufzubauen.

    Dass die Sanierung eine Menge Geld verschlingt, war dem Ehepaar Volkert, das die "Rossmühle" in Weickersgrüben betreibt, von Anfang an klar. Dass es Verzögerungen bei den öffentlichen Fördergeldern gibt, mussten die beiden schmerzhaft erfahren. "Wir sind vielleicht zu schnell", überlegt Bianca Volkert. Bis Rechnungen von einem Amt zum nächsten weiter geleitet würden, dauere es oft zu lange. Deshalb denken die Volkerts über eine Zwischenfinanzierung nach. Auch ein zeitweiliger Baustopp ist im Gespräch.

    Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, ein Termin steht bereits jetzt fest: Am 8. und 9. September ist das Haus im Jahnweg 1 für Besichtigungen geöffnet. Zum Tag des offenen Denkmals gibt es ab 13 Uhr Kaffee und Kuchen sowie die Möglichkeit, etwas über die Geschichte des Hauses zu erfahren. Die Besucher dürfen allerdings kein "gelecktes" Fertighaus erwarten. "Es darf krumm und bucklig bleiben", meint Architekt Karl Gruber. "Man kann auch sagen, schräg und elegant."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden