"Dann zeig mir doch mal, wo es weh tut!" Das vierjährige Mädchen, das mit seiner Mutter in die Praxis für Ambulante Chirurgie auf den Lengfurter Dillberg gekommen ist, streckt dem Arzt den Daumen der rechten Hand entgegen. "Das kriegen wir schon hin!", beruhigt Dr. Bruno Hock die kleine Patientin. Der Mediziner weiß, wie man auf kindliche Befindlichkeiten mit "kleinen Wehwehchen" reagiert und ihnen die erste Angst nimmt. Schließlich hat er in der eigenen Familie acht Enkelkinder, vier von ihnen besuchen den Lengfurter Kindergarten, in den auch seine junge Patientin geht.
Wenn in den Kitas oder bei den Lengfurter Grundschülern medizinische Hilfe gefragt ist und die Erzieherinnen oder Lehrkräfte einen raschen Besuch beim "Onkel Doktor" für notwendig halten, dann ist die Praxis der Ambulanten Chirurgie oft die erste Anlaufstelle. Immer wieder hört man dann von den kleinen Patienten, dass sie zum "Doktor Bruno" gehen möchten. Das wird nun leider nicht mehr gehen.
Bewährtes Praxisteam macht weiter
Zum Jahresende 2019 hat der gelernte Unfallchirurg Hock das OP-Besteck beiseite gelegt und sich mit Erreichen des 65. Lebensjahres als frisch gebackener Ruheständler aus seiner Praxis verabschiedet. Leichter gefallen ist ihm der Abschied, weil die Patienten weiter in guten Händen weiß. Sein Kollege Dr. Winfried Vaassen, 55-jähriger Unfallchirurg, und die Anästhesie-Fachärztin Dr. Heidi Rupertus-Wehner gehören weiter zum Praxisteam. Vaassen, ein gebürtiger Rheinländer, der mit seiner Familie in Marktheidenfeld sesshaft geworden ist, hatte das Lengfurter Ärzteteam schon bald nach der Praxisgründung verstärkt. Der Arbeitsanfall war für Hock einfach nicht mehr zu bewältigen.
Als direkter Nachfolger von Dr. Bruno Hock ist am 1. Januar dieses Jahres der 41-jährige Chirurg Dr. Simon Endrich, einen guter alter Bekannter, in die "Chirurgie im Grünen" eingetreten. In dem neuen Kollegen sieht Hock "ohne Wenn und Aber einen Mann, der in das ländliche Umfeld passt".

In Bruno Hocks Rückschau auf seine medizinische Tätigkeit in Lengfurt machen sich ein bisschen Stolz und Wehmut gleichzeitig bemerkbar. Nach zwanzig Jahren am Klinikum Aschaffenburg war es von Anfang an sein erklärtes Ziel, in der Region um Marktheidenfeld "an vorderster Front im ländlichen Raum die chirurgische Grundversorgung" nach der Schließung der chirurgischen Ambulanz im Kreiskrankenhaus Marktheidenfeld zu gewährleisten.
Ehemaliges Gebäude der Bundeswehr übernommen
Der in Homburg geborene Arzt hatte auf dem Lengfurter "Bunker", wie die ehemalige Telefonvermittlung der Bundeswehr im Volksmund genannt wird, die Ambulante Unfallchirurgie gegründet. Im gleichen Gebäudekomplex befindet sich eine Praxis für die physiotherapeutische Nachbehandlung. Derzeit gibt es in der Bundesrepublik 3000 Praxen für Durchgangsärzte.
Die Praxisgründung schloss tatsächlich eine Lücke, wie die Akzeptanz bei der Bevölkerung des Altkreises Marktheidenfeld zeigt. Hock spricht von 10 000 Patienten, die er in Lengfurt chirurgisch im Jahr versorgte. Ferner sind laut seiner statistischen Rückschau mehr als 20 000 Schul- und Arbeitsunfälle behandelt und 25 000 Operationen durchgeführt worden. Tag für Tag hatten die beiden Unfallchirurgen 80 bis 150 Patientenkontakte, täglich waren zwischen 30 und 80 Röntgenaufnahmen zu beurteilen.
Zusammen mit einem Team aus Krankenpflegern, Krankenschwestern, Medizinischen Fachangestellten und zwei Auszubildenden sieht Dr. Hock nach dem Praxis-Eintritt von Dr. Simon Endrich auch in den nächsten zwanzig Jahren "eine optimale ambulante Patientenversorgung auf chirurgischem und unfallchirurgischem Gebiet mit ambulanten Operationen" gewährleistet. Ein Dankeschön richtet der Lengfurter Arzt an die rund 300 "zuweisenden Ärzte aus der Region" sowie an viele geduldigen Patienten.
Keine Langeweile als Vereinsvorsitzender und Gemeinderat
Über mangelnde Beschäftigung wird sich der "Jung-Senior" Bruno Hock nicht beklagen müssen. Seine acht Enkel freuen sich darauf, dass der Opa für sie mehr Zeit haben wird. Der Vorsitz der Musikapelle Lengfurt und seine angestrebte Wiederwahl in den Triefensteiner Gemeinderat sind weitere Interessen-Schwerpunkte. Entspannung und Ruhe möchte Hock mehr als bisher durch Wanderungen in den Bergen finden. Wenn er Literatur zur Hand nimmt, dann hat diese meistens einen historischen und psychologischen Inhalt.
Dr. Simon Endrich ist ausgebildeter Unfallchirurg und zertifizierter Fußchirurg, Orthopäde und Sportmediziner. Ferner besitzt er die Zulassung für berufsgenossenschaftliche Heilverfahren. Seit der Arzt vor zwanzig Jahren in der Triefensteiner Ambulanten Chirurgie ein Praktikum absolviert hat, verbindet ihn mit Dr. Bruno Hock eine Freundschaft. Als er von Bruno Hock gefragt wurde, ob er einmal seine Nachfolge antreten wolle, musste er für ein spontanes Ja nicht lange überlegen. Der sympathische Mediziner ist verheiratet und dreifacher Familienvater.
Zuhause ist der im Weiler Zwieselmühle im romantischen Haslochtal. Nach dem Abitur am Balthasar-Neumann-Gymnasium in Marktheidenfeld und seinem Medizin-Studium in Würzburg arbeitete Endrich als Chirurg und Oberarzt an den Kliniken Wertheim, Aschaffenburg und Lohr. Als Hobby nennt er Radfahren. Entspannung findet er seit zwei Jahrzehnten auch bei der Bienenzucht.