Wie der Krieg vor 70 Jahren Wernfeld erreichte, beschreibt der 80-jährige Eugen Feser. Auch den schlimmen Luftangriff am 4. April 1945 erlebte er als Zehnjähriger mit.
Tieffliegerangriffe kannte man bereits seit einigen Monaten: An einem Sonntag im Herbst 1944 wurde die Scheune des Landwirts Gustav Müller von US-Jagdbombern in Brand geschossen, und auch in den Zimmern des Wohnhauses Kilian Bangert waren Einschüsse zu sehen. Gegen 9.30 Uhr hatten diese Tiefflieger einen Zug angegriffen, der gerade in Höhe der Wernfelder Pfarrkirche vorbei dampfte.
Ich kann mich noch erinnern, das Ende 1944 ein deutscher Militärzug auf der Höhe des Dorfes fuhr, als feindliche Flieger den Zug beschossen. Ein Soldat soll das Feuer „erwidert“ haben und ist dabei erschossen worden. Robert Fehn aus Harrbach erzählte mir, dass er von Tieffliegern beschossen wurde, als er im Glauben, es wären deutsche Flugzeuge, ihnen auf der Straße stehend zugewinkt hatte.
An diesem Sonntag, 5. April, gedenkt Wernfeld eines der dunkelsten Tage seiner Geschichte: Beim Bombenangriff am 4. April 1945 kamen 29 Zivilisten und drei Soldaten ums Leben. Barbara Kernwein starb genau an ihrem 50. Geburtstag im Keller des Kaufhauses Kaspar Gerlach. Mit ihr verloren weitere 24 Menschen das Leben, die im Keller Schutz gesucht hatten. Eine Bombe hatte das so stattliche Kaufhaus Gerlach getroffen und total zerstört.
Mein 13-jähriger Bruder Heinrich hatte mit mir ebenfalls in dem Keller Zuflucht suchen wollen. Wir hatten wie andere auch an einem Versorgungsschiff bei Harrbach geplündert und waren auf dem Heimweg. Als Flugzeuglärm zu hören war und mein Bruder in den Gerlach-Keller wollte, sträubte ich mich heftig: Ich wollte heim zu unserer Mutter. Ich setzte mich mit meinem Geschrei schließlich durch und habe dadurch mir und meinem Bruder das Leben gerettet.
Als gegen 14 Uhr Flugzeuge unser Dorf tief überflogen, eilte unsere Mutter mit uns zum Keller von Maria Federlein. Das Haus stand gegenüber der jetzigen Bäckerei Bock. Kurz nach uns kamen auch die Huters und die Vogelsangs, Fine Seelmann mit ihren drei Buben und Hedwig Bald mit ihren Kindern sowie die Familie Obenhin in den Keller gerannt. Auch zwei deutsche Soldaten, die in der Scheune von Hedwig Bald ihr Quartier aufgeschlagen hatten, suchten bei uns Zuflucht. So waren wir rund 20 Personen.
Sonderbarerweise hörte man beim Luftangriff den Bombeneinschlag und danach erst das Motorengeheul der Flugzeuge. Die beiden Soldaten meinten, der Keller sei ihnen zu unsicher. Sie gingen zurück in die Scheune. Kurz darauf ein furchtbarer Schlag: Die Kellertüre flog durch den starken Luftdruck auf und wir konnten sehen, dass die Scheune total dem Erdboden gleichgemacht war. Die beiden getöteten Soldaten fand man einige Tage später.
Theodor Obenhin, damals 58 Jahre alt, bekam schwere Atembeschwerden. Darum sollte ich nach dem Angriff Pfarrer August Alsheimer zum Versehgang holen. Als ich zum Gasthaus Pfister kam und sah, dass das ganze Hinterdorf in Trümmern lag, die Häuser von Matthias Bald, Wilhelm Dotter und Eugen Fehn nur noch teilweise standen, getraute ich mich nicht mehr weiter und rannte schleunigst zurück.