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RÖTTBACH: Männer gehörten auf die Empore

RÖTTBACH

Männer gehörten auf die Empore

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    Edwin Huth las aus den Aufzeichnungen des Röttbachers Erwin Franz vor.
    Edwin Huth las aus den Aufzeichnungen des Röttbachers Erwin Franz vor. Foto: Foto: Hellmut Winkler

    Locker und amüsant ging es in der Lesung im Röttbacher Pfarrsaal zu – der ersten seit sieben Jahren, zu der die Bücherei-Betreuerinnen Maria Jeßberger und Edita Schrenker eingeladen hatten. Etwa 40 Personen lauschten aufmerksam, als der ehemalige Bürgermeister und Laienschauspieler Edwin Huth aus den Aufzeichnungen des verstorbenen Ortsbürgers Erwin Franz vorlas. Das war ganz unverkrampft und Huth hatte nichts dagegen, wenn zwischendurch Fragen gestellt, Ergänzungen eingeschoben wurden oder sich schon nach einigen Sätzen eine allgemeine Unterhaltung über dass eben Gehörte entwickelte.

    So erfuhren die Zuhörer, dass eine Bürgermeisterwahl früher eine feuchtfröhliche Angelegenheit gewesen sei und es bis 1956 nur ehrenamtliche Bürgermeister gegeben habe. Für sie gab es eine Aufwandsentschädigung und, so ergänzte der ehemalige Gemeinderat Walter Jeßberger, noch Sitzungsgeld. Lange war der Gemeinderat eine Männerdomäne, bis als erste Frau Fürstin Ruth Erika von Löwenstein ins Gremium einzog. Jeßberger berichtete auch, dass der Sessel des Bürgermeisters bei ihm in der Scheune stehe.

    Huth blickte in die Ortsgeschichte zurück. 1945 waren in Röttbach 170 Flüchtlinge untergebracht. Sie wurden von einem Flüchtlingskommissar in beschlagnahmte Wohnungen eingewiesen. Damals sei Hermann Behl Bürgermeister gewesen. Im Jahr 1934 sei das Bullengeld auf zwei Reichsmark erhöht worden, und 1937 wurde angeordnet, dass der Zuchtbulle mit Kraftfutter gefüttert werden müsse. 1860 wurde angeordnet, dass die Wiesen bis zum 8. Oktober gemäht und der Kuhmist auf die Felder aufgebracht sein müsse. Darüber hatten Feldhüter zu wachen.

    Huth zählte alle Bürgermeister namentlich auf bis zum letzten, Engelbert Jeßberger, der von 1972 bis zur Eingemeindung 1978 amtierte. Früher sei sogar die Sitzordnung in der Kirche geregelt gewesen. Die Männer wurden auf die Empore geschickt, und wenn zum Beispiel Besucher aus Wiebelbach kamen, so durften sie die Kirche erst beim Läuten betreten.

    Auch Kurioses wusste Huth zu berichten: So hatte die Gemeinde1954 einen Kühlschrank angeschafft, damit Hausfrauen darin leicht verderbliche Nahrungsmittel aufbewahren konnten. Da gab es große Heiterkeit im Saal, denn man bezweifelte, dass nur ein Kühlschrank ausgereicht habe. 1959 beschloss der Gemeinderat, für die Kirche eine neue Statue des Kirchenpatrons, des heiligen Antonius, anzuschaffen und sie aus der Gemeindekasse zu bezahlen.

    Einen breiten Raum nahm die Auswanderung Röttbacher Bürger nach Australien in den Jahren 1846 bis 1900 ein. Manches Haus und mancher Hof wurden damals verkauft. Es sei sogar vorgekommen, dass Einwohnern mit einem zweifelhaften Lebenswandel die Auswanderung in die USA bezahlt wurde. Noch heute gebe es Kontakte mit Nachkommen der Auswanderer und sogar Besuche gab es – so 2001 aus Australien.

    Auch in die Feuerwehrchronik von 1837 blickte Huth. Da war genau aufgeführt, welche Gerätschaften damals vorhanden waren, unter anderem 20 Wassereimer, eine Feuerleiter und eine Tragspritze.

    Maria Jeßberger kündigte an, weitere Lesungen zu veranstalten, die nächste vielleicht schon im Herbst.

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